Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

gegenüber boten nun die Arbeiter durch ihre Vertreter eine 
Herabsetzung der Löhne um 12% Prozent an, die für die 
nächsten sechs Monate in Gültigkeit bleiben sollte Schließlich 
ließen sich die Besitzer auf die i2% Prozent ein, die Dauer 
dieseö Lohnsatzes wurde jedoch auf drei Monate beschränkt. 
Unter diesen Bedingungen kam die Vereinbarung zu Stande 
und am 31. Mai wird die Arbeit allenthalben beginnen. Mit 
Eröffnung der Kohlengruben werden auch die zur Unthätig- 
Fett verurtheilten Eisenwerke wieder m Thätigkeit treten. Die 
neuen Lohnsätze werden auch für diejenigen der Arbeiter gel- 
ten welche seit Aufhebung der Sperre der Herabsetzung um 
15 Prozent sich fügten, meist Leute der Bezirke DowlaiS und 
Eyfarthfa. Die Beendigung dieses langwierigen StrikeS, des 
größten Kampfes zwischen Arbeit und Capital, in unseren Ta- 
gen, an dem mehr als hunderttausend Arbeiter freiwillig oder 
gezwungen theilnahmen und dabei, nach mäßigen Berechnun- 
gen, mehr als 3,000,000 Pf. St an Löhnen einbüßten, 
wird überall freudig begrüßt; die größte Freude herrscht selbst- 
verständlich in den betroffenen Bezirken, wo Tausende von 
Familien, nach langem Elend und Entbehrungen aller Art, 
wieder frei aufathmen und einer Wiederkehr deS alten Wohl- 
standeS entgegensehen. Der Sinke hat nun vier Monate 
gedauert. 
Schweiz. Die Abstimmungsresultate vom 23. Mai ver- 
theilen sich auf die einzelnen Kantone, wie folgt: 
Gesetz über Civilstand Gesetz über polit. 
und Ehe. Stimmberechtigung 

Ja. 
Nein. 
Ja 
Nein. 
Zürich 
41846 
13163 
40281 
14026 
Bern 
33905 
21796 
29815 
24317 
Luzern 
8731 
16540 
8535 
16304 
Uri 
243 
3659 
283 
3606 
Schwyz 
1614 
6922 
1506 
6621 
Unterwalden ob 




dem Wald 
244 
2113 
256 
2084 
Unterwalden' nid 




dem Wald 
236 
1784 
220 
1725 
GlaruS 
4033 
2058 
3192 
2807 
Zug 
1341 
2485 
1199 
2411 
Freiburg 
3914 
18934 
3927 
18594 
Solothurn 
5946 
6286 
5156 
7026 
Baselstadt 
4523 
1210 
3687 
1665 
Baselland 
4626 
2778 
4446 
2916 
Schaffhausen 
4583 
1239 
4404 
1367 
Appenzell A.-Rh. 
8368 
3211 
7952 
2945 
Appenzell J.-Rh. 
350 
2368 
385 
2268 
St. Gallen 
20231 
20922 
19370 
21034 
Graubünden 
6810 
9352 
7467 
8471 
Aargau 
19027 
18098 
18093 
18897 
Thurgau 
11986 
4918 
12061 
4686 
Tessin 
4871 
9223 
4787 
9022 
Waadt 
7952 
14624 
8709 
13018 
Wallis 
1920 
14359 
2120 
14155 
Neuen bürg 
9417 
3765 
8394 
3669 
Genf 
6157 
2305 
5914 
2542 
Zusammen 212874 
204112 
202159 
206176 
Verschiedenes. 
* Ein Schauerdrama auf dem Atlantischen Ocean. Eine 
entsetzliche Begebenheit hat sich^an Bord des Schooners „Jef- 
ferson-Borden," der am 5. März von New-OrleanS nach Lon- 
don segelte, zugetragen. Dem „Journal du Havre" wird dar- 
über auS London berichtet: Das genannte Fahrzeug stand unter 
dem Befehl deS CapitänS Patterson, dessen Frau sich gleichfalls 
auf dem Schiffe befand; der erste Offizier, C. Patterson, war 
ein Bruder deS CapitänS; ein Vetter desselben, A. Patterson, 
versah die Stelle deS zweiten Offiziers. Außer den Genannten 
befanden jfich noch zwei Unteroffiziere, ein Schiffsjunge auS 
Frankreich und drei Matrosen an Bord, ein Russe NamenS 
Miller, ein Amerikaner Smith und ein Engländer John Clew. 
Das Schiff begann seine Fahrt bei günstigem Wind, und an 
Bord war alles in bester Ordnung bis zum 13. März, wo der 
Matrose Miller wegen grober Insubordination auf 48 Stun 
den in Eisen gelegt werden mußte. Einige Tage später klopfte 
jemand an die Thür der Cajüte des CapitänS. AlS der Capi- 
tän die Thür öffnete, erblickte er den Matrosen Miller, der mit 
der Hand eineS seiner Beine stützte und laute SchmerzenSrufe 
von sich gab. Er behauptete, daß fein Kamerad Clew ihm bei 
einer dienstlichen Verrichtung den Fuß gebrochen habe und bat 
um einen Ersatzmann für seinen Posten, den er zu versehen 
nicht mehr im Stande sei. Der Capitän rief mittelst eineS 
Sprachrohrs den zweiten Offizier; doch erschien dieser selbst 
nach mehrmaligem Rufen nicht. AlS auch der erste Offizier auf 
daS gegebene Zeichen nicht erschien, erhielt der Steuermann den 
Befehl, die Vermißten aufzusuchen. Die angestellten Nachfor 
schungen erwiesen sich als vergeblich. Während der Capitän in 
begreifliche Erregung gerieth über daS unerklärliche Verschwin 
den seiner Offiziere, die ihm außerdem noch so nahe verwandt 
waren, hatten die drei Matrosen an einem der Masten Stel- 
lung genommen und beobachteten mit großer Aufmerksamkeit 
jede Bewegung des CapitänS. Dieser zog einen Revolver, rich- 
tete denselben auf einen der Unteroffiziere, einen Schweden, u. 
forderte ihn auf über den Verbleib der beiden vermißten Offi- 
ziere zu berichten. Der Unteroffizier betheuerte: er wisse über 
daS Verschwinden, der Offiziere nichts, ,'wohl aber habe er vor 
einer^ halben Stunde einen lauten Schrei gehört. Das ganze 
Schiff wurde nochmals auf das genaueste untersucht, jedoch 
ohne Erfolg. Der Capitän bemerkte, daß der Matrose Miller 
sich seines angeblich gebrochenen FußeS plötzlich sehr gut be- 
diente, und schöpfte in Folge dessen den Verdacht, daß Miller, 
wahrscheinlich im Verein mit Smith und Clew, die beiden Of- 
fiziere über Bord geworfen habe. Selbstverständlich beobachtete 
er die 'Verdächtigen auf das genaueste. 
Beim Anbruch deS nächsten TageS hörte der Kapitän ein 
heftiges Schreien, das auS dem untern Schiffsraum kack. Der 
Steuermann und der schwedische Unteroffizier begaben sich dort- 
hin und fanden daselbst den Schiffsjungen, der mit Seilen ge- 
bunden war und jedenfalls umgekommen wäre, hätte er nicht 
Gelegenheit gefunden ein Tuch, das man ihm in den Mund ge- 
stopft hatte, glücklich aus demselben zu entfernen. Nachdem 
der Schiffsjunge ausgesagt hatte, daß die Matrosen Miller, 
Clew und Smith ihn ohne Grund gebunden und in den un- 
tern Schiffsraum geworfen hätten, zog der Kapitän zwei Re- 
volver hervor und forderte die Matrosen auf zu erklären wo 
die beiden Offiziere seien. Als die Matrosen auf die wie- 
derholte Aufforderung des Kapitäns nicht antworteten, gab 
dieser Feuer, ohne jedoch einen der Matrosen zu treffen, die 
sich nun am Vordertheil deS Schiffes mit Zuhülfenahme von 
Brettern, Koffern, Tonnen und anderen Gegenstanden förm- 
lich verschanzten. Die Frau deS Kapitäns, die durch die 
Schüsse erschreckt auS der Cajüte geeilt war, wurde von ihrem 
Gemahl in dieselbe zurück geschickt; dann begannen der Kapi- 
tan und der Steuermann ein lebhaftes Feuer gegen die Rebel- 
len, die von ihrer Verschanzung aus mit einem Hagel im- 
provisirter Geschosse, Holzstücke, Eisenstangen u. s w., ant- 
werteten, so daß der Kapitän zwei Kopfwunden, der Steuer- 
mann zahlreiche Kontusionen davon trug. Bei Sonnenunter- 
gang wurde die Sache noch bedenklicher, indem sich ein hefti 
ger Wind erhob, der die Segel zerriß und das Schiff, das 
jetzt so gut wie ohne Bemannung war, in eine verzweifelte 
Lage brachte, um so mehr als zudem Ungemach des Sturmes 
ein Leck kam, das auS Mangel an Arbeitern durch die Schiffs- 
jungen nicht gehoben werden konnte. Am nächsten Morgen 
begab stch der Kapitän in Begleitung des Steuermannes in
	        

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