zerstreuten Anhängern und Emissären unterhalten. Die Re-
gierung würde ohne Zweifel sehnlichst wünschen den Genera-
len die mit so lautem Geschrei geforderten Verstärkungen an
Mannschaft und Kriegsmaterial zu schicken, aber die Leere der
Staatskassen macht es ihr unmöglich hinreichende Streitkräfte
auf die Füße zu stellen, und so zu organisiren daß sie im
Stande wären die earlistische Armee von der französischen
Gränze, ihrer Operationsbasis, abzuschließen. Man begreift
leicht daß diese Sachlage der spanischen Regierung große Ver-
legenheiten bereitet, und wie sehr die Staatsmänner dieses
Landes eine noch wirksamere Betätigung zur Unterstützung
in dem Kampfe den sie zu bestehen haben, von Seiten der
französischen Regierung zn erlangen wünschten. Aber dem
französischen Cabinet wäre eS trotz des guten Willens, von
dem eS gegen Spanien beseelt, nicht leicht möglich mehr zu
thun als bisher ohne die Schranken seiner Verbindlichkeiten
und Pflichten zu überschreiten. Unsere Gränze wird einer
unausgesetzten Bewachung unterzogen, die alle Schliche derer
die sie umgehen wollen zu Schanden macht; alle Nachrichten
welche die spanische Regierung interefsiren, werden ihr mitge-
theilt sobald sie zur Kenntniß der französischen Behörde ge-
langen; wenn man aber weiter gienge, könnten daraus Ver-
Wicklungen entstehen die vor allem sorgfältig zu vermeiden
Pflicht der französischen Regierung ist. Wir dürfen bedau»
ern und bedauern ganz ernstlich, daß njcht alle Hoffnungen
in Erfüllung gegangen sind zu welchen die Thronbesteigung
deS jungen Königs Don Alfonfo berechtigte: aber niemals
werden wir der französischen Regierung rathen sich irgendwie
in die Angelegenheiten der Halbinsel zu mischen.
Verschiedenes.
England. Einen Selbstmord eigenthümlicher Art verübte
dieser Tage ein ausgedienter Soldat in Warrington. Unter
dem Vorwande sich zu wärmen, erhielt er Zulaß in ein Back-
hauS, und während der Abwesenheit deS Bäckers legte er sich,
nachdem er Rock und Weste abgelegt, in einen großen Trog,
in welchem ein flüssiger Teig angerichtet war. Er versank in
demselben und erstickte. Nach langem Suchen wurde er als
Leiche aus dein Teig hervorgezogen.
* Zürich Die Gemeindeversammlung WädenSweil nahm
den Antrag deS GemeinderatheS auf Genehmigung deS mit der
Nordostbahn geschlossenen Vertrages betreffend Übernahme deS
Baues u. Betriebes der Eisenbahn WädenSweil-Einsiedeln durch
diese Gesellschaft mit 344 gegen 26a Stimmen an.
— Für die größern Bauten in u. um Zürich herum wer-
den in neuerer Zeit französische Sandsteine auS der Gegend
von Lyon verwendet, die gesägt und zugerüstet von Arbeitern
aus Süvfrankreich verbaut werden. Die Zürcher Architekten
sagen, daß sie dabei ihre Rechnung besser finden.
* Thurgau Vorletzten Mittwoch gegen halb 2 Ubr
Nachmittags wurden die Einwohner ArbonS durch ein sonder--
hareS Glockengeläute von ihrem alten Kirchthurm in Aufregung
versetzt. Man eilte sogleich in den Thurm, um nach der Ur-
fache dieses unzeitigen LäutenS zu sehen. Ein Insasse des dor
tigen Waisenhauses, NamenS I. Metzger, hing am Glocken--
seile; er wollte nicht mehr länger WaisenhäuSler bleiben und
suchte seinem Leben ein Ende zu machen Er wurde noch le-
bend vom Strange abgelöst und in sein .bisheriges Domizil
zurückgeführt. Des andern TageS sprang Metzger, der sich'S
nun einmal in den Kopf gesetzt hatte, seinem Leben ein Ende
zu machen, aus dem Fenster deS Hauses auf die Straße. In
Folge des Sturzes starb er kurze Zeit darauf.
* Postwefen. Schon längere Zeit handelte eS sich um
Einführung einer wichtigen neuen Einrichtung im Postrpesen,
welche vom schweizerischen Poftdepartement berathen worden
ist und den Zweck hat, die Postverwaltung alö Vermittlerin
für den Einzug von Forderungen jeder Art den Gläubigern
zur Verfügung zu stellen. Es sind dieS die EinzugSman-
date, die mit t. April definitiv in Kraft treten sollen. Der
BundeSrath hat am 27. März das Reglement darüber festge
stellt. Nach demselben steht eS jedem Gläubiger frei , eine
beliebige.Forderung, sowohl in der Schweiz, als in Deutsch-
land, durch die Post einziehen zu lassen. DaS Maximum tu
neS Einzugsmandates ist für die Schweiz aus 500 Fr und
im Berkehr mit Deutschland auf 150 Mark oder 87'/ 2 fl.
festgesetzt. Enveloppen und Formulare sind bei den Postver*
waltungen zu beziehen DaS Mandat wird an die Poststelle
deS Wohnortes des Schuldners adresstrt, das von der Post
einkassirte Geld wird dem Mandanten mittelst gewöhnlichen
PostmandateS zugesandt. Für den Fall, daß etwa die Ein-
zahlung durch den Schuldner nicht erhältlich wäre, kann der
Mandant weitere Verfügungen auf die Rückseite deS Formu-
larS notiren, wie Zurücksendung des Mandates, oder Zustellung
an eine dritte Person zum richterlichen Einzug deS Betrages,
zum Protest u. s. w., dem Mandat können die Belege für
die Forderungen^ Rechnungen. Wechsel u. f. w. beigelegt wer
den Der Mandant kann auch bestimmen, ob daS Mandat
einmal oder zweimal müsse vorgewiesen werden. Ist darüber
gar nichts bemerkt, so wird die Post daS Mandat nach der
zweiten vergeblichen Vorweisung dem Mandanten zurücksenden.
* Eine moderne Dichterin zeichnet die herrschende Gewinn-
sucht unserer Zeit mit folgendem Verse:
Wenn Adam und Eva noch weilten
Auf Erden und wären sich hold —
Den Apfel, in den sie sich Heilten,
Nähm Adam nur, wenn er von Gold.
Der Spieler.
AuS den Erinnerungen eines ArzteS.
Mitgetheilt von Roderich Benedix.
Im Jahre 18.. war ich in dem Badeorte ***. AuS
allen Ländern Europa's befanden sich Badegäste da und in
buntem Gewimmel trieben sich Engländer u Franzofen, Russen
u. Belgier, Deutsche u. Holländer durch einander. DaS Leben
in einem Badeorte macht einen eigenthümlichen Eindruck. In
andern Srävten steht man fortwährend den Verkehr deS TageS,
daS Geräusch deS thätigen Lebens. Die Menschen, welche über
die Straße gehen', haben meistens Geschäfte, 'jeder geht rasch
am Andern vorbei, nur mit seinen Gedanken beschäftigt, man
beachtet sich gegenseitig nicht, man eilt mit flüchtigem Gruße
an Bekannten vorüber. Wie anders in Badeorten! Hier denkt
niemand an Erwerb, an Arbeit, an Geschäft; die Sorgen deS
TageS sind den Badegästen fremd. Wenige sind so krank, daß
sie ihr Leiden zur Schau tragen, die meisten sind bei wirklichen
oder eingebildeten Uebeln doch so frisch auf den Beinen, daß
sie Gesunden sehr ähnlich sehen, viele besuchen auch den Bade-
ort nur zum Vergnügen. In einer dieser Art zusammengesetz-
ten Gesellschaft scheint denn auch daS Vergnügen der Haupt
zweck zu sein, um den sich alles Thun und Treiben dreht —
ein Badeort hat auch an den Wochentagen das Aussehen, wel-
ches andere Städte etwa Sonntags haben, wo die Geschäfte
ruhen; man könnte sagen: . in einem Bade ist eS alle Tage
Sonntag.
Für den ruhigen Beobachter bietet daher ein Badeort im
Anfang viel Anregendes. DaS bunte Gewimmel von Menschen
aller Nationen ergötzt und fesselt den Blick. Doch nur im An-
fange. Wo nur daS Vergnügen herrscht, entsteht zuletzt eine
ungemeine Eintönigkeit. Mit Recht sagt der große Dichter:
„Alles in der Welt laßt sich ertragen,
Nur nicht eine Reihe von schönen Tagen."
Immer Vergnügen und nur Vergnügen ermüdet auf die Länge
V