* Eine mystisizirte Douane. Ein englischer Lord
begab sich, um seine zerrüttete Gesundheit ^wieder herzustellen,
nach Boulogne Da er hier aber von Tag zu Tag kränker
wurde, ließ er einen berühmten Arzt von London kommen. Al-
lein alle Kunst u. Sorgfalt, die dieser Heilkünstler anwendete,
waren fruchtlos, der Kranke starb. Die Verwandten deS Ver-
storbenen wünschten, daß sein Leichnam nach England überführt
werde und schrieben deßhalb an Doktor H . er möge alle
hiezu erforderlichen Vorkehrungen treffen. Dieser ließ nun den
Körper deS Verstorbenen in einen Sarg von Blei legen, wel-
cher mit Weingeist angefüllt warv; hierauf schiffte sich der Arzt
mit demselben ein. — Angekommen bei der englischen Mauth-
behörde, machte der Doktor die betreffende Deklaration, übergab
den Sarg und versprach, am andern Morgen wieder zu kom-
men. Während die Mauthdiener den Sarg in ein anderes Lo
kal schafften, vernahmen sie in demselben ein sonderbares Ge-
rausch, ähnlich dem Schwanken einer Flüssigkeit in einem Fasse
Einer derselben, ein alter FuchS, vermeinte hierin etwaö ver-
dächtiges zu finden, er drehte den Sarg hin und her, roch
mehrmals an demselben und rief dann: „DaS ist Franzbrannt
wein!" Dieses Wort brachte einen magischen Effekt hervor.
Ein Mauthbeamter eilt herbei, ergreift feine Sonde und
bohrt sie in die Bahre; er fängt mit einem großen Glase
die Flüssigkeit auf, trinkt sie aus und spricht: „Welch herrli-
cheS Getränk!" Er füllt das GlaS mehrmals und läßt eS
zirkuliren. Die Mauthner fanden den Gedanken ganz origi-
nell, einen Leichnam statt Branntwein zu deklartren und be
eilten sich, einen Verbalprozeß einzuleiten.
Andern Morgens kommt der Doktor, um sein Depositum
zu rcklamiren. Man erklärte ihm, daß dasselbe mit Beschlag
belegt sei, weil man von dem Inhalte desselben Kenntniß ge-
nommen habe, den man von vorzüglicher Qualität gefunden
habe. Dem Arzte standen vor Entsetzen die Haare zu Berg.
„Sie haben davon gekostet?" fragte er. — „Freilich", ant
wortete man ihm von allen Seiten, „und er ist noch von sehr
respektablem Alter; Sie aber werden diese Kontrebande theuer
zu bezahlen haben." Bei diesen letzten Worten befürchtete
der Arzt, man möchte vermuthm, er habe den Kadaver in
Frankreich für sein anatomisches Kabinet gekaust, und daß
dieß wahrscheinlich ein verbotener Artikel sei. „Ich versichere
Sie", ergriff nun der Doktor das Wort, „daß dieser Sarg
nichts enthält, als die irdischen Ueberreste eineS englischen
Kavaliers, der in Boulogne unlängst gestorben ist." Man
lachte ihm in'S Gesicht; der Arzt aber ließ nun den Sarg
öffnen. Beim Anblicke der im Weingeist schwimmenden Leiche
prallten die Douaniers voll Furcht unv Entsetzen zurück und
schwuren, freilich ein wenig zu spät, auf ähnliche Weise sich
nicht mehr mystifiziren zu lassen.
* Salomonisches Urtheil. Vor einem Friedens-
richter in Paris erschien ein Ehepaar, um nach zehnjähriger
Ehe sich scheiden zu lassen. „Habel? Sie Kinder?" fragte der
Richter. — „O ja, mein Herr!" — „Wie viel?" — „Drei,
2 Zungen und ein Mädchen, und daS ist der Grund weßhalb
wir zu ihnen kommen. Madame will zwei Kinder behalten,
ich aber auch!" — „Wollen Sie," fragte der Richter, „sich
beide mit deiner Entscheidung zufrieden geben?" — „Om,
Monsieur!" riefen Beide. — „Wohlan; Sie warten Beide,
bis noch ein viertes Kind da fein wird; dann hat Jedes von
Ihnen zwei, und ich werde bestimmen, wie die Kinder dann
zu vertheilen sind." — Das Ehepaar fügte sich, und der
Richter hörte nichts wieder von ihnen. Endlich, nach mehr
als zwei Jahren, begegnete er dem Gatten. ,.Eh bien, Mon
sieur, wie steht'S?" — „Ach, Herr Richter, von der Tren-
nung kann jetzt noch nicht die Rede sein. — „Noch nicht?"
„Nein; nun haben wir wieder fünf Kinder!" — „Also war
ten Sie noch!" meinte der Richter.
* Gespräch aus der Gegenwart. Frau: Jetzt loS
Ma, so wottiS nümme ha. Du bist nie daheime, all Obed e
Verein, nie z'rächter Zit hei; jede Sunntig en andere USflug
und albedS ohne Frau und Chind. Jetzt fohst mer emol ä
regelmäßig^ Lebe-na.
Mann: Lueg Frau, du bist im Unrecht; regelmäßiger als
r cha Niemer lebe. Vormittag gohn-i regelmäßig zum Adsynth,
Nomittag regelmäßig zum Kaffe, am Mändig und Dunstig
gohn-i regelmäßig in Johrgängerverein, dort redemer regelmä-
ßig vo Politik und trinke regelmäßig 6 Schoppe Bier bis am
Zwölf!; am Zistig, Fritig und Samstig gohn-i regelmäßig zum
Pandur in d'Halle, panvure bis am Zwei, chume regelmäßig
am halbidrü am Morge hei, am Mittwoche gohn-i regelmäßig
i Chegelklubb und verspiel regelmäßig 6 Fläfche, am Sunntig
mach-i regelmäßig en Usflug mit mine Fründe; e regelmäßi-
gere Ma chast du gar niene finde.
Volkswirthschastliches. -
Die Futternoth.
(Nach einer Abhandlung von Fr. Römer.)
(Fortsetzung.)
C. Für.sorge für daS nächste Jahr.
Die Übeln Folgen des Futtermangels machen sich nicht bloS
im Jahr des Mangels geltend, sondern erstrecken sich auch auf
daS nächstfolgende, ja mehrere nachfolgende Jahre.
In dieser «Richtung möchte Nachstehendes vorzukehren sein:
1. Den zum Umbruch im Herbst bestimmt gewe-
senen Klee, sofern sein Stand schön ist, lasse man noch auf
das nächste Jahr stehen, wo er jedenfalls noch einen guten
Schnitt liefert. Der zweite Schnitt wird gewöhnlich gering/
und man thut daher wohl, den Klee, sofern man auf Futter-
gewinnung ein Hauptgewicht legen muß, nach dem 1. Schnitt
ganz umzubrechen und mit Runkeln, Wickfutter, Welschkorn,
Zuckermoorhirse zu bepsttUizen. Will man nach dem t. Schnitt
kein weiteres Futtergewächs auf demselben Acker erzielen, so
folgen gut: RepS, Tabak ic Dreifelderwirtschaft mit dem
damit gewöhnlich verbundenen Flurzwang hindert an diesem
Verfahren nur dann, wenn daS betreffende Feldstück keine Zu-
fahrt hat.
2. Ansaat von Jncarnatklee ohne Ueberfrucht wird
gleich nach der Erndte des GetreivefeldeS vollzogen, dem man
nur eine Pflugfurche dazu gibt. Dieser Klee liefert sehr früh
im nächsten Jahr einen Schnitt, der aber nicht, zu alt werden
darf, weil ihn dann daS Vieh in grünem Zustande nicht gerne
annimmt. Jndeß ist dieser Klee gegen rauhe Winter empfind-
lich. Nach dem Abmähen können auf dem Acker recht gut fol-
gen: Kartoffeln, Runkeln, Wickfutter, Mais, Tabak, RepS,
Hanf, Kraut (KappiS).
3. Futtergemenge von Wicken, Erbsen, Hafer, Acker-
bohnen (z. B. 2 Sester Wicken, 1 Sester Erbsen, 2 Sester
Hafer, i Sester Ackerbohnen per Juchart) ist eine sehr empfeh-
lenSwertHe FrühjahrSsaat, nach deren Aberntung das Feld noch
zu Weißrüben, verpflanzten Runkeln, RepS :e. sehr tauglich
ist, wenn eS nicht sofort zur Aufnahme von Wintergetreide
hergerichtet werden will.
4. Futterroggen, besonders in Mischungen mit Win-
tererbsen (grauen, französischen Erbsen), ist ein sehr frühes
Futter, daS namhaften Ertrag gibt, wenn die Erbsen nicht er-
frieren, waS in rauhern Lagen oft der Fall ist. Säet man
bloS Roggen, fo wird die Einsaat um l / 4 stärker gegeben als
zum Reifwerden. Nach dem Futterroggen lassen sich noch Wik-
kengemenge, Runkeln, RepS, Weißrüben, Tabak, Buchweizen
bauen.
5. Spergel hat den Vorzug schneller Mähbarkeit, liefert
aber wenig, obwohl vortreffliches Futter und verdient nur auf
sandigem, kraftlosem Boden empfohlen zu werden, wo andere
Futtergewächse keinen entsprechenden Ertrag geben. Doch kann