Dritter Zahrgang.
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Vaduz, Freitag Nr. 10. den s. März 1875.
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Vaterländisches.
(IN) Bilder aus der vaterländischen Geschichte.
44. Die Freiherren v. Brandis.
(Fortsetzung.)
Der Schwabenkrieg.
Ludwig von Brandis blieb während der Schlacht auf sei-
ner Bmg zu Vaduz. Wohl sah er den entscheidenden Kampf
und das Unglück der Seinigen, aber er entschloß sich nicht für
sich, sein Land jund seine Leute in den Schlachtreihen mit«
kämpfend sich zu wehren. Doch trotzdem entging er dem
Schicksale der Uebrigen nicht. Nachdem die Eidgenossen daS
Dorf Triefen in Brand gesteckt hatten, rückten sie gegen Va-
duz, besetzten daS Dorf und sandten sogleich Mannschaft ge-
gen die Burg. Diese war mit Büchsen und Kriegsbedarf
wohl versehen und gemäß ihrer festen Lage und starken Mau-
ern hätte sie dem Feinde lange Stand halten können, hatten ja
die Eidgenossen das ^weniger befestigte Gutenberg nicht anzu-
greifen gewagt. An eine längere Belagerung wäre nicht zu
denken gewesen. Ludwig von Brandis, dessen kriegerisches
Mutb hier in wenig günstigem Lichte erscheint, zog eS jedoch
vor Unterhandlungen anzuknüpfen. Zu diesem Zwecke erbat
er die eidgenössischen Hauptleute zu sich inS Schloß und bot
ihnen 2000 ff (nicht 10,000 fl wie Kaiser meint), wenn er
und seine Leute vor der Plünderung verschont bleiben. Wäh-
rend die Unterhandlungen mit den Hauptleuten im .Schlosse
geführt wurden, drang ein Haufe gemeiner Soldaten in das-
selbe, erbrach Kammer und Kisten und raubte waS an Geld,
Kleinodien und Kleidern gefunden wurde. Die Stimme der Haupt-
leute wurde nicht mehr beachtet. Da, wie wir bereits erzählten,
auch die. Leute der Landschaft ihre Kostbarkeiten in'S Schloß
geflüchtet hatten, so fiel die Beute ziemlich reichlich auS. Da-
mit war daS rohe Kriegsvolk noch nicht zufrieden, muthwilli-
gerweife legte eine frevelhafte Hand Feuer an, so daß ein
großer Theil der Burg, sammt unglaublichen Vorräthen an
Wein und Lebensmitteln zu Grunde ging. Die Schlemmer
und Plünderer erhielten übrigens eine Lehre, die sie nicht so
leicht wieder vergaßen. Dreizehn Eidgenossen waren in den
Keller gedrungen, erstachen den alten Kellermeister, legten sich
an die Fässer und tranken so lange, bis plötzlich das Gewölbe
in Folge des Brandes ob ihnen zusammenstürzte und sie bei
ihrem Weine erschlagen wurden oder erstickten. Ludwig von
Brandis nnd sein Bruder Wolfgang wurden gefangen genom-
men. Ersteren führte man zuerst nach Werdenberg, dann nach
Luzern, Letztern nach RapperSwyl. Ueberall wurde nun ge-
plündert, zu BalzerS', Triefen, Vaduz und Schaan. — Bei
Bendern standen, wie früher erzählt, ebenfalls schwäbische
Bundeötruppen. Sie wagten sogar einen kleinen Ausfall ge-
gen GamS und bewirkten dadurch, daß im Appenzell und Tog
genburg der Landsturm aufgerufen wurde. Als sie nun sahen«
wie daS Treffen dei Triefen verloren und Vaduz verbrannt
war, wichen sie nach Feldkirch zurück. Die Bündner zogen
nach Maienfeld!, um dieses-ZStädtchen zu nehmen und den
Rücken zu sichern. Äls die Bürger und die Besatzung in der
Stadt und im Schlafe sahen, daß sie keine Hoffnung auf
Entsatz haben, noch auf die Länge Stand halten könnten, er-
gaben sie fich. Sigmund v. Brandis und fein Bruder sahen
vom Thurme der Burg mit Thlänen und lauten Klagen dem
Einzüge des Feindes zu. Beide wurden nach Chur zu ihrem
Bruder, dem Dompropst Johann, abgeführt DaS Schloß
wurde auf barbarische Weise geplündert und verwüstet. So
kam daS ganze Land der Freiherren v. Brandis von Maien-
feld bis an die Jll in die Gewalt der Eidgenossen und die
Lejite in demselben mußten zu ihnen und zu den zwei Bün
de^ zum grauen und GotteShauSbund> schwören..
Politische Rundschau.
Deutschland. Wir haben in unserem Blatte schon einige
Male über die „Kaiserglocke" berichtet. Wie bekannt hieß eS
letztes Jahr eine Zeit lang fast allgemein: der „Guß ist ge-
lungen". DaSComite des Kölnischen DombauvereinS mußte
sich jedoch gegen die Annahme deS Werkes erklären, weil der
obere Theil der Älocke nachgegossen worden und man an der
vollen Verschmelzung deS früher eingelaufenen mit dem nach-
geflossenen Metalle zweifeln dürfte.
Die Arbeit des Formens und deS ModellirenS begann von
neuem. Meister Hamm, der trotz aller langjährigen Erfah-
rung im Glockenguß für die Riesenglocke keinen Maßstab ge-
habt, begann rüstig von neuem sein Werk, und nun fand er
denn endlich den wohlverdienten Lohn. DaS Gutachten deS
ComiteS lautete entschieden günstig. ES war dem Gießer ge-
rade so ergangen wie den meisten seiner Vorgänger. Auch
die bekannten großen Glocken zu Erfurt und Moskau find erst
im zweiten oder dritten Guß gelungen.
Die Inschrift, die nach altem Herkommen fast ganz in
lateinischer Sprache abgefaßt wurde lautet zu deutsch:
„Wilhelm der allerdurchlauchtigfte Deutsche Kaiser und
König von Preußen; in frommer Erinnerung an die himm-
tische Hülfe die ihm bei der so glücklichen Beendigung deS
jüngsten französischen Krieges zutheil wurdet hat nach Wieder-
aufrichtung des Deutschen Kaiserthum auS eroberten Geschüj-
zen im Gewicht von 50,000 Pfund eine Glocke zu gießen
befohlen, die auf diesem herrlichen, seinem Ausbau endlich na-
hegerückten GotteShauS aufgehängt werden solle. Solchem
frommen Willen des fieggekrönten Fürsten entsprechend, hat
der zur Bollendung dieses Doms gegründete Verein dieselbe
herstellen lassen unter dem römischen Papste PiuS IX. und dem