nommen. Ohne unS in eine Kritik deS StrafurtheilS in ma»
terieller u. formeller Beziehung einzulassen, bemerken wir nur,
daß nach § 212 deS deutschen Strafgesetzbuches zum Thatbe-
stand deS Verbrechens des TodtfchlagS der Vorsatz der Tödtung
.gehört, während daS österreichische hier geltende Strafgesetz v.
I. 1852 nur feindselige Absicht auf Seite deS ThäterS erfor
dert Räch deutschem Strafgesetz hätte der Angeklagte nur we-
gen fahrläßiger Tödtung verurtheilt werden können.
In Frankreich nahmen die Verhandlungen der Ratio-
Ml.versMmlung über die Verfassungsgesetze einen für die
konservative Republik unerwartet günstigen Verlauf. Die
neue Verfassung, wie sie aus der zweiten Berathung Her-
vorgegangen und welche nun die fünfzehnte feit 1789 ist,
lautet vollständig also: „Art. 1. Die gesetzgebende Gewalt
wird von 2 Kammern geübt: der Deputirtenkammer und
dem Senat. Die Deputirtenkammer wird von dem all-
gemeinen Stimmrecht nach Maßgabe der in dem Wahl
gesetz . enthaltenen Bestimmungen gewählt. Die Zusam
mensetzung, der ErnennungSmoduS und die Befugnisse des
Senats werden dett Gegenstand eines besonderen Gesetzes bil-
den. Art. 2. Der Präsident wird mit absoluter Stimmen-
Mehrheit von dem Senat und der Abgeordnetenkammer gewählt.
Er wird auf sieben Jahre ernannt. Er ist wieder wählbar.
Art. 3. Der Präsident der Republik kann in Übereinstimmung
mit dem Senat das Abgeordnetenhaus vor dem gesetzlichen
Ablauf seines Mandats auflösen. In diesem Fall werden die
Wahlkollegien binnen 3 Monaten für neue Wahlen einberu
fen. Art. 4. Die Minister find vor den Kammern solidarisch
für die allgemeine Politik der Regierung und individuell für
ihre persönlichen Akte verantwortlich. Der Präsident der Re
publik ist nur im Falle von Hochverrath verantwortlich. Art.
5. Im Fall der Vakanz (der Gewalten des Präsidenten)
gen HlntrittS oder aus irgend welchen Ursachen schreiten die
beiden Kammern unverzüglich zur Ernennung eineS Präsiden
ten der Republik. In der Zwischenzeit ist der Mmisterrath mit
der vollziehenden Gewalt betraut. Art. 6. Die Kammern
haben daS Recht in getrennter, mit absoluter Stimmenmehrheit
entweder von sich aus oder auf Verlangen des Präsidenten der
Republik gefaßten, Beschlüssen zu erklären, daß es geboten ist,
die Verfassungsgesetze zu revidiren. Nachdem jede der beiden
Kammern diese Beschlüsse gefaßt hat, werden sie als Ratio-
nalverfammlung zur Revision zusammentreten. Die Entschließ
ßungen, welche die Revision der Verfassungsgesetze im ganzen
oder theilweise betreffen, sind mit absoluter Mehrheit der die
Rationalversammlung bildenden Mitglieder zu fassen. Jedoch
kann während der Dauer der dem Marschall Mac Mahon
durch daS Gesetz vom 20. Nov. 1873 übertragenen Vollmach
ten diese Revision nur auf den Vorschlag deS Präsidenten der
Republik stattfinden. Art. 7. Der Sitz der vollziehenden Ge
walt und der beiden Kammern ist in Versailles. Art. 3. Das
gegenwärtige Gesetz wird erst ^ann verkündigt werden, wenn
daS SenatSgesey endgültig angenommen sein wird!"
Unter denjenigen Männern, welche seit dem Sturze Thiers
einen hervorragenden Einfluß auf die Geschicke Frankreichs
ausgeübt haben ist der Herzog Broglie derjenige, welcher durch
Hie neuesten zu Gunsten der konservativen Republik vor sich
gegangenen Wandlungen in der französischen Rationalversamm
lung am meisten Einbuße erleiden muß Die „Opinion na-
tional" widmet daher diesem vom politischen Schauplatze ver»
drängten Staatsmanns folgende schmeichelhaften AbschieSworte:
WaS Herrn de Broglie betrifft, so ist seine politische Rolle zu
Ende; wenn die Republik eine Mehrheit von einer Stimme
fand, so hat er 522 von 651 Stimmen gegen sich gehabt. Aber
er mag sich beruhigen; er wird nicht so bald vergessen sein.
Sein Platz bleibt ihm an der Schandsäule der Geschichte ge-
sichert. Frankreich wird sich erinnern, daß nach dem furcht-
barsten Mißgeschick sich ein Mann gefunden hat, der ohne
Zwech ohne Politik, ohne einen bekennenSwerthen Ehrgeiz,
auS allen Kräften Während zweier tödtlichen Jahre die Einsetzung
einer regelmäßigen und wiedergutmachenden Regierung hintan-
hielt, der die Ueberlieferungen seiner Familie und seiner eigenen
Vergangenheit verläugnete, der, ein Enkel der Frau v. Staöl,
der Beschützer und der Schützling deS Kaiserreichs geworden
ist. Er wird als die schädlichste Verkörperung der kleinlichen
und engherzigen Zntrigue fortleben.
In Italien bildet gegenwärtig die Anwesenheit Garibaldis
in Rom das Tagesgespräch. Der starre Republikaner, den
schon der Name eines Königs in Wuth brachte, der noch vor
wenigen Wochen den Ehrensold, den ihm die italienische Kam-
mer anbot, abschlug, weil er sich nicht zum Mitschuldigen an
der Mißregierung in Italien machen wollte, hat sich mit König
Viktor Emanuel in sehr demonstrativer Weise ausgesöhnt. DaS
Gebiet der Politik scheint er sich selber ganz untersagt zu ha-
den, er läßt sich mit Niemanden darauf ein und beschränkt
sich auf seine beiden Steckenpferde, die Ableitung der Tiber
und die Bebauung der römischen Campagna. Er ist bemüht,
der Regierung auch nicht die geringste Schwierigkeit zu berei-
ten; jedenfalls das monarchische Prineip eher zu befestigen alS
zu erschüttern.
Schweiz. Der BundeSrath hat den 25sten Monatsbericht
an die am Gottharvbabn-Unternehmen betheiligten Staaten
über dessen Fortschritt bis Ende Dezember 1874 genehmigt.
Laut ihm war der große Richtstollen am großen St Gotthard-
Tunnel an diesem Tag auf 2980,7 Meter vorgerückt, von de-
nen 1637,3 auf die Nordseite bei Göschenen und 1343,4 auf
die Südseite von Airolo kamen, was für erstere im Dezember
einen Fortschritt von 86,5 und für letztere einen solchen von
86,4 Metern ausmacht. Die Ausmauerung deS GewölbeS
betrug Ende Dezember auf der Nordseite noch immer 88,0
Meter wie Ende November, und auf der Südseite 329,8 ge-
gen 292,1 Meter Ende November. Was den vollständigen
Ausbruch des Tunnels betrifft, ist auch im Monat Dezember
noch nichts geschehen, d. h. eS ist überhaupt noch nichts in
dieser Richtung gethan. Auf der Südseite wurden durchschnitt-
lich täglich 978 Arbeiter beschäftigt, Maximum 1138; auf der
Nordseite durchschnittlich 984, Maximum 1107. An der Voll-
endung der Tessiner Thalbahn arbeiteten im Dezember durch-
schnittlich täglich 2952 und auf der ganzen Gotthardbahn
4914 gegen 9785 Arbeiter Ende November.
England. DaS englische Parlament ist am 5. Februar
eröffnet worden. Die Thronrede betont die befriedigenden
Beziehungen zum Auslände. Die Erhaltung und Befestigung
deS Friedens sei daS Ziel aller Bemühungen der Königin.
Zur Fortsetzung der Brüsseler Konferenzen über daS Kriegs-
Völkerrecht glaubte die Regierung ihren Beitritt wegen Unver-
einbarkeit der bei den Brüsseler Konferenzen zu Tage getrete-
nen auseinandergehenden Ansichten versagen zu müssen. Die
Frage bezüglich der Anerkennung deS Königs Alsonfo werde
erwogen, und baldigst entschieden werden. Die Finanzlage
Englands sei sehr befriedigend; der ^Wohlstand deS Volkes
nehme andauernd zu. Die Regierung werde die Opportun!-
tät der Aufhebung der AuSnahmSgesetze in Irland in Er-
wägung ziehen. Bon Gesetzvorlagen wird ein Entwurf be-
treffend die Einführung deS Instituts der Staatsanwaltschaft
erwähnt, damit die Bestrafung der Verbrecher sichergestellt
werde.
China. Ueber die Trauerzeremonien in China um den
Tod deS Kaisers schreibt „Weekly DiSpatch" wie folgt: Da
der Kaiser von China todt ist, werden alle seine Unterthanen
je nach ihrem dfcnge seinen Tod zu betrauern au oldrrt
werden. Sobald die Proklamation des Gouverneurs der Pro-