Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

Trauring identificirt werden. Capitän Wencke, der die Aufsicht 
über die Stauung der Dampfer füdrt, wird bis jetzt noch 
vermißt. Eine Frau wurde quer über den Dampfer „Sim- 
fon" gegen die mittschiffs befindliche Treppe und dann weiter 
in den gegenüberliegenden Radkasten geschleudert, wo noch 
Nachmittags Stücke von der Lunge und den Eingeweide» zu 
sehen waren. Eine andere Frau soll, ein kleines £md auf 
dem Arme tragend, mit Verlust beider Beine auf das E-S des 
Vorhafens geworfen worden fein, wo sie aufrecht auf den 
Beinstümpfen stehen geblieben sein soll. Nachmittags waren 
stmmtliche bis dahin aufgefundene Leichen nach den Baracken 
geschafft, und gieng mau nun daran die Gliedmaßen in Körbe 
zu packen und ebenfalls dorthin zu bringen. Die Leichen sind 
in den Barsen behu/S Jhentificirung qHHelxgt, viele sind 
jedoch dermaßen verstümmelt daß dieselbe kaum möglich sein 
wird. Um eine Idee von der fürchterlichen Gewalt der Ex 
plosion und deS Luftdrucks zu geden, fei hier noch erwähnt, 
daß nicht nur in der benachbarten Lloy Halle keine Fenster- 
scheide, kein GlaS heil geblieben ist, sondern daß auch in vie»- 
len Häusern am alten Hafen und in der Bürgermeister Smidt- 
Straße alle Spiegelscheiben zertrümmert stnd Selbst in Gee 
stemünde stnd Fensterscheiben eingedrückt, und ebenso ist auch 
daS Glaswerk der Leuchtthurmkuppel theilweise zerstört. 
* Pgris, 9 De, "(Verunglückte Ballonfahrt) 
Gestern stieg der Ballon „UniverS", mit welchem Godard 
bereits sechs Fabrten bestanden hat, in der Villette wieder 
auf; er trug die Herren Godard, dann vom GemecorpS den 
Oberst Laussedat, den Major Mangin, zwei Capitäne und 
einen Cürassierlieutenant, außerdem Hrn. A. Tissandier und 
einen Gehülfen. Die Fahrt war zu einer Inspektion und zu 
besonderen Studien, wie eS scheint militärischer Natur, bestimmt, 
und sollte sich in geringer Entfernung von der Erde halten. 
Als der Ballon in einer Höhe von 250 Meter schwebte, 
platzte er an seinem oberen Theile, wahrscheinlich weil gewisse 
Stellen vorher gefroren waren; eS folgte ein Sturz mit sol 
cher Macht, daß daS Schiffte» etwa 10 Centimeter in den 
Böden einschlug. Laussedat und Mangin trugen einen Bein» 
bruch, Capitän Renard eine Fuß- und Godard eine Knie- 
Luxation davon; auch sein Gehülfe wurde schwer verletzt. 
Der Zustand der Verletzten läßt jedoch nichts für ihr Leben 
besorgen. Die Osstciere hatten bei der ganzen Sache grsße 
Kaltblütigkeit bewahrt. »Die Verwundeten denken, sagt die 
„Rep srane," nur an thre unterbrochenen Experimente, welche 
bereits so kostbare Ergebnisse lieferten und welche sie bald 
Wieder aufnehmen zu können hoffen; der Nutzen ein militäri 
sches LustschtffereorpS zu orgamsiren steht außer Frage." 
* Ein tausendjähriges Schiff. Dieser Tage wurde 
in Hamble River, in der englischen Grafschaft Hampshire, in 
einem Torfboden ein Schiff gefunden, daS noch aus der Zeit, 
als die Dänen England in Besitz nahmen, zu stammen scheml 
und also ein Alter von volley tausend Jahren erreicht haben 
dürfte. Dasselbe war mit einer 8 —10 Fuß hohen Torfschichte 
bedeckt und dessen Kiel hat eine Länge von 130 Fuß. Dem 
Anscheine nach ist eS aus Eichenholz verfertigt worden, was 
aber heute nicht mehr so genau zu erkennen ist, da daS Holz 
fchon ein koblenartigeS Aussehen hat. 
* Fleischbrühe Monate hindurch frisch zu erhalten. Man 
füllt die Brühe in eine durchaus saubere GlaSflasche, ungefähr 
bis an den HalS der Flasche. Zn letzteren steckt man nun ei- 
nen Stöpsel auS Baumwolle (Watte), welche nicht geleimt 
fein darf; hierdurch wird eine Filtration der Luft bewirkt, an 
der Gährung und andere Vorgänge keine Stütze finden, ^ wo 
durch eS daher möglich ist, auf diese Weise feste und flüssige 
Rahrungsmittel, besonders Fleischbrühe Monate lang aufzube- 
wahren, ohne daß ihr Geschmack beeinträchtigt wird. 
Cine Polizei - und Landesorduung 
des Fürstenthums Liechtenstein v»m Jahre 1732. 
(Fortsetzung.) 
WaS hingegen die Jnnländische recht wissentlich Arme Be- 
dürfftige Leuth, die sich Alters- Kranckbeit- oder anderer Ge 
brechlichkeit halber ohne deS BettlenS nicht zu erhalten vermö- 
gen, belanget, denen soll zwar daS Bettlen erlaubt seyn, doch 
daß solche jede Commun, und Gemeynve, worinnen sie ange 
sessen, erzogen, unv gebohren, allein erhalte. eS wäre dann 
Vach, daß e< so vtl waren, daß sothane Gemeiynde nicht er- 
halten könte, selbe gegen Aufweisung eines glaubwürdigen At 
testat auch in andern Gemeynden UnserS LandS zu Bettlen 
dte Erlaubnuß haben sollen; Unv weilen biSHero sich erzeiget, 
daß sehr vile von Jnnländischen so wohl Weib, als MannS- 
Persohnen Jung, und Alt.sich auf daS Bettlen gelegt, welche 
doch solches nicht beoürfftig, auch sich gar wohl mit der Hand* 
Albelth ervalten tönten, besonders an Sonn- und Feyer-Tägen 
dardurch vilmahlen den GOtteS-Dienst, Predig, u. Kinder-Lehr 
verablaumet, emfolgiichen Die Kinser wider ihr eigen Seelen- 
Heyl zu solchem Bettlen, und sthr strafflichen Mißiggang an- 
. gewohnet haben; AlS wollen Wür daß »ergleichen Faullentzera 
nicht nur auch vaß Allmosen bey obiger Straff versaget, son 
dern auf andere Weis sich mit Hand-Arbeith zu erhalten mit 
Nachtruck angehalten werden sollen, alfo zwar, daß ln so ferne 
solche Elteren, oder Hauß-Arme die sich nicht anders als mit 
Bettlen zu erhalten wissen, ihre Kinder, die Alters- oder Ge 
sundheit halber ihr Stückten Bro^t anverstwo mit ihrer Hand- 
Aibrlth zugewinnen, im Stand wären, bey sich behalten, und 
auf den Bette! ziehen wollen, denen soll S keines WegS ge- 
stattet, und auf befundenen Ungehorsamb, daß sie eS nicht zur 
Hand Arbeith erzogen, beydeS Junges, und AlteS des Lande« 
verwisen werden : Doch wolle» Wür letztlichen diseS noch ge- 
statten, daß in so ferne ein Presthaffter Bettler, oder Bettlerin 
zu- oder gegen NachtS in Unser Gedteth kommete, oter geführt 
würde, so von diser Verordnung NtchtS wufte, der, oder die- 
selbe solle zwar eingelassen, aber nicht läyger dann ein Nacht 
beherberget werden, u. bip bey Vermeidung empfindlicher Straff. 
Zum El fften, Dieweilen auch daS Spivlen in Unserem 
Land dergestalten im Schwung gehet, daß nicht nur in denen 
öffentlichen Wurths- sondern auch in andern Häuseren, und 
Wncklen vilmahlen bis in die halbe, ^ja offtmadlen die gantze 
Nacht, besonders WinterS-Zeit gespihlet wird, woraus nichts 
anders als Haß, u. Neyd, Zanck, Hader, Schlägerey, GOttS- 
Lästerung, u andere Ungemach entstehen; Demnach gebiethen 
Wür daß sich fürohin von Unseren Unterthanen Ledig, und 
Verkeyrathe, und also ein jeder deS fchwähren SpihlenS so 
wohl mit Karten, als Würfflen gäntzlichen enthalte, es wäre 
dann Sach, vaß solches etwann Kurtzweil halber, oder umb 
ein Glaß Wein geschehen wolle, darbey aber keinem über 15. 
Kreutzer zu perspihlen, auch läqgerS Nscht dann SommerS-biS 
9.. und Winterö-Zeit bis 8 Uhr gestattet sein, und so sich 
dessen einer weltherS unterfangen, oder hierzu Unterschleiff ge- 
ben wurde, j->veSmahlen umd zwey Pfund Mnm'ng abgesttafft, 
unv da einer auf Borg waS verspihlet, keine Bezahlung ae- 
stattet werden solle. 
Zum Zwölfften, Ist zwar in der Alten Polieey die 
gantz Löbliche Verordnung geschehen, daß die ledige Vursch, 
Jung und Alt, sich bey gefänglicher Straff zu Nachts auf der 
Gassen des sogenanten HofierenS, hin- und her LauffenS un- 
vernünffngen Schreyen, Pteren, Iauxen, und Singen, allerley 
Rauppen-Possen zuverüben verbotten gewesen, welches Verbott 
aber von vilen Jähren hero nicht mehr geachtet, sondern all 
obig angezogenes vilmahlen die gantze Nacht hindurch von der 
gleichen Gassen-Rauppen zu nicht geringer Aergernuß, u. Be- 
schwerde deren, so sich in der Ruhe befinden, gwibf« wird, 
wora-uS nichts anders, als allerhand Leichtfertigkeit mit Ab- 
reissung deS ObS, und Trauben, Einreissung der Zain, und
	        

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