Liechtensteinische
Dritter Jahrgang
Vaduz, Freitag
Nr. S2.
den 24. Dezember 1S75.
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Vaduz, den 2 0. Dezember 1 875.
Die Rebaktion
- Vaterländisches.
BatMZ, 21. Dezember. Der osterreich. Finanzminister hat
dem Abgeordnetenhause in Wien in der Sitzung vom 14. d.
M. den öfterreich -liechtenstein. Zollvertrag vorgelegt.
Vorläufig wird eS sich nur um die Verlängerung deS Ver-
trageS auf ein.Jahr handeln, da eine d»finitive Abschließung
vor Lösung der österr.-ungar. Zollfraqe nicht durchführbar sein
dürfte. So hat Venn auch das österr. Abgeordnetenhaus der
Regierungsvorlage, worin die einstweilige Fortdauer deS bis
herigen ZollbundeS mit Liechtenstein für die Dauer eines Iah-
res vom Finanzminister vorgeschlagen wird, die Genehmigung
ertheilt.
— Herr LandeSverweser von Haufen ist am 18. d. MtS.
von Wien wieder hier eingetroffen.
Politische Rundschau.
Deutschland. Die parlamentarische Soiröe beim Fürsten
Reichskanzler im Verlaufe der letzten Woche war sehr zahlreich
besucht; Kü.st Bismarck zeigte sich gesprächiger als sonst. Mit
großer Offenheit ließ er sich über die Eisenbahnfrage, und
zwar zu verschiedenen Abgeordneten auS, so daß man daraus
schloß dieselbe werde demnächst in den Vordergrund politischer
Diskussionen treten, Hürst Bismarck bedauerte die geringen
Erfolge der ReichSeisenbahn-Politit. Da daß Eisenbahnwesen
verfassungsmäßig zur Kompetenz deS Reiches gehöre, sei eine
Centralisation deS'elben nothwenvig, wie sie früher bei der
Post und dem Telegrafenwesen stattgefunden habe. AuS dem
Gespräche deS Reichskanzlers ging hervor, daß er sich mit der
AnkaufStrage der Eisenbahnen seitens deS Reiches lebhaft be-
schäfiige und für dieselbe größeres Interesse hege alS man
wohl angenommen hat. Der Reichskanzler wies auch darauf
hin, daß an allerhöchster Stelle der Gedanke eines Uebergan-
geS der Eisenbahnen an daS Reich beifällig aufgenommen
worden sei. Die Schwierigkeiten, welche sich der Ausführung
dieses Planes entgegenstellen, werden allerdings für erheblich,
ber doch nicht für unüberwindlich gehalten, f namentlich da
auch das finanziell keineswegs günstigZgestellte Italien so.eben
den Ankauf der lombardischen Bahnen angebahnt habe
Dr. Fischhoff in Wien macht seit einiger Zeit sowohl in
der Messe als auch in den Vereinen Propaganda für eine
allgemeine europäische Abrüstung und plädirt ferner aufS ei
frigste dafür, daß die europäischen Parlamente sich bei allen
auftauchenden Streitigkeiten quasi als internationales Schiedß-
qericht etabliren In diesem Sinne hat Herr Dr. Fifchhoff an
die europäischen Parlamente ein Memoire ergehen lassen. Buch
der deutsche Reichstag hat eine derartige Aufforderung erhalten.
Der nationaMberale Abgeordnete für Schaumburq.Lippe. Berg-
ratb a. D Frhr. v. Dücker, der sich in HirthS Parlaments-
Almanach selber als Humanist bezeichnet, hat im Reichstag
die Sache in die Hand genommen und einen Aufruf zur Be-
theiligung an den Bestrebungen FischhoffS erlassen. Der An-
trag hat bisher ungefähr 40 Unterschriften auS allen Frakti-
onen, mit Ausnahme der Konservativen.
Oesterreich. Wie die amtliche „London Gazette" mit-
theilt, hat der Staatssekretär deS Aeußern, Graf v. Derby,
eme Note deS österreichischen Botschafters, Grafen v Beust,
vom tt. d. M. erhalten, in welcher die Aufkündigung deS
zwischen Oesterreich und England bestehenden HandelSvertra-
geS und der dazugehörigen Supplementar'Convention ange-
zeigt wird. Dieselben laufen am t. Zanuar 1877 ab.
Die „Panonia" berichtet ein sehr bezeichnendes Beispiel
für den im Südosten der österreichischen Monarchie bestehen-
den Nationalhaß ES heißt in dem genannten Blatt: Gegen
den Lugoser Bischof Gabriel Mihalyi, der seiner Ungarnfreund-
lichkeit wegen bei den Serben n«cht wenig verhaßt ist, ist ein
Attentat verübt worden. Ein förmliches Komplott wurde ge-
gen sein Leben geschmiedet. Einer der Verschwornen, ein Serbe,
schlich sich in der Nacht in das bischöfliche Palais, ein blank-
geschliffenes Messer in der Hand, das er in die Brust deS
tövtlich gehaßten ManneS versenken wollte. Ein Zufall ver-
hinderte die Ausführung der schrecklichen That. Ein Diener
deS Bischofs trat dem fanatischen Serben im entscheidenden
Moment entgegen und entwand ihm den Dolch den ihm der
unselige Raeenhaß in die Hand gedrückt. Auf den Hilfe-
ruf deS Dieners eilte der Bischof herbet und half selbst den
Altentäter knebeln, welcher der Behörde übergeben wurde.
England Lord Derby hat letzter Tage den Ehrenbür-
gerbrtef oer Stadt Edinburg empfangen und dabei in einer
längeren Rede bezüglich der orientalischen Angelegenheiten ge-
äußert: die vier großen Continentalstaaten gebieten über 7
Millionen Soldaten; ungeachtet ihrer Vorbereitungen, richtiger
gesagt Vorsichtsmaßregeln, für den Kriegsfall sind aber alle
Regierungen Europa's in dem Wunsche für die Erhaltung