Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

Münzreform gestimmt haben, ersuchen, auch einmal öffentlich 
ihre Beweggründe zu entwickeln, indem eine sachliche Verglei- 
chung von Meinung und Gegenmeinung in derartig wichtigen 
Fragen nur nützen kann. 
(Fortsetzung folgt.) 
iiü: 
Vaterländisches. 
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte. 
59. Die Grafen von HohenemS—Vaduz 
(Fortsetzung.) 
Graf Franz Wilhelm, welcher von 1646 bis 1662 re» 
gierte, machte allzu großen Aufwand, warb Soldaten für den 
König von Spanien und unternahm viele Bauten. Darum 
war er bei seinen beschränkten Einkünften genöthigt, dem Lande 
außerordentliche Lasten aufzuladen und die Abgaben mit Strenge 
einzutreiben. Darüber beklagten flch die Unterthanen 1662 in 
einer eigenen Befchw-rdeschrift. Im gleichen Jahi-e jedoch 
starb der Graf Seine fünf Kinder waren alle noch unmün- 
dig und eS wurde daher eine vormundschaftliche Regierung 
eingesetzt, welche die Wittwe deS Verstorbenen und dessen Oheim 
übernahmen. Zum Unterhalt der Herrschaft bewilligten die 
Landschaften zweimal außerordentliche Beisteuern, jedoch mit 
der ausdrücklichen Erklärung, daß dies für die Zukunft keine 
Ansprüche begründen dürfe. 1675 übernahm der älteste Sohn 
de< verstorbenen Grafen, Ferdinand Karl, die Regierung selbst. 
Zur Verschwendung, Willkür und Gewaltthatigkeit geneigt, kam 
er bald mit seinen Unterthanen in Streit. Er verlangte, dem 
Vertrage von 1614 zuwider, nebst dem jährlichen Schnitz von 
1276 fi. noch die Leistung der Kriegssteuern und Reichöanla« 
aen. Auchdie GMwister deS Grafen wurden an ihrer ge. 
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sich daher an den Kaiser Leopold l. Dieser bestellte den Fürst» 
abt Ruprecht von Kempten zu feinem Kommissär und unter- 
sagte dem Grafen bis zum Entscheide der Streitfrage weitere 
Exekutionen. Da sich aber dieser an den kaiserlichen Befehl 
nicht kehrte und daS Urtheil des HofgerichteS allzulange auf 
sich warten ließ, so beauftragte die Versammlung der Land- 
schaften die beiden Landammcumer und die Gerichte die Sache 
Weiter zu verfolgen. ES begaben sich daher Christoph Anger 
auS der Herrsch. Vaduz und Adam Müßner auS der Herrsch. 
Schellenberg nach Wien zu Kaiser Leopold bei dem sie den 
10. Jan. 1684 Zutritt erhielten. Sie überreichten ihm eine 
ausführliche Denkschrift, welche außer den früher vorgebrach- 
ten Beschwerden noch folgende Klagen enthielt: 
1.Er habe ohne kaiserl. Patent junge Leute durch Gewalt 
und Schmach zum Kriegsdienste gezwungen. 
2. Da< Schloß in V«duz lasse er wüst und öde liegen, 
während er neue Gebäude aufführe und die Leute zu Fron 
diensten für dieselben zwinge. Der Graf logire sich mit seinen 
Jägern und Hunden und vielem Gesinde in die Häuser der 
Landleute ein, zumal in der Fastnacht, bei Hochzeiten u. Kirch- 
weihen, und wenn die Vorräthe aufgezehrt feien oder eS ihm 
nicht gefalle, begebe er sich in das WirthShauS und zehre dort 
auf der Landleute Rechnung. 
3. Dränge sich der Graf ohne Recht und Gericht in das 
Eigenthumsrecht der Alpen und Wälder der Gemeinden ein. 
4. Lasse sich derselbe Willkürlichkeiten zu Schulden kommen 
in Bezug auf die Ernennung der Landammänner und der Ge- 
richte, bei der Taxirung deS WeineS ic. 
5. Die herrschaftlichen Lehen entziehe er den Besitzern ohne 
rechtlichen Grund, um den Ehrschatz auf's Neue einziehen zu 
können. 
6. In Bezug auf die Strafen' verfahre er nach Willkür 
und beeinfluß? die geistlichen und weltlichen Gerichte, deren 
Ansehen dadurch sehr abgenommen habe. 
Diese Vorstellungen machten auf den Kaiser einen solchen 
Eindruck, daß er, nach dem Wunsche der Abgesandten, den 
rstabt von Kempten zum kaiserlichen Administrator der bei- 
den Landschaften ernannte und den Grafen damit in seiner 
Regierung suspendirte 
Im Juli 1684 erschienen Kommissäre deS FürstabteS, um 
im Namen deS Kaisers, die Klagen der Landschaften zu untere 
suchen und einen endgültigen Entscheid zu fällen. Nach Anhö- 
rung beider Theile entschieden sie in allen Punkten zu Gunsten 
der Landschaften. Ihr Urtheil erhielt den 11. Febr. 1686 die 
kaiserliche Bestätigung Sieben Tage darauf den 18 Februar 
starb Ferdinand Karl, ohne LeibeSerben zu hinterlassen Sein 
Bruder Jakob Hansibal erbte daher die Herrschaften. 
Baduz, den 8 Nov. (Die süddeutschen Münzen), näm- 
lich v.e Zweiguldenstücke, Einguldenstücke und Einhalb.Gulden- 
stücke süddeutscher Währung, welche im deutschen Reiche mit 
31. Dezember 1875 außer KurS gesetzt werden, werden auch 
von den österreichischen Zollämtern bei Zollzablungen vom 31. 
Oktober 1875 nicht mehr angenommen. Indem wir dieS un- 
fern Lesern zur Kenntniß bringen, möchten wir dringend vor 
der Annahme süddeutscher Sechser und Groschen warnen, 
da dieselben ebenfalls mit 1. Jänner 1876 schon ungültig 
werden. 
Baduz. den 9. Nov. (Marktbericht) Wie der letzte, so 
ist auch der heutige Vichmsrkt von Seite der Käufer und Ver- 
käufer schwach besucht worden, der Verkauf war dem- 
nach unbedeutend und zu nieder« Preisen. Da im Verlaufe 
der nächsten Woche (Mittwoch in Sevelen und DonnerStag in 
SarganS) Viehmärkte abgehalten werden, so hofft man hier, 
daß auf den nächsten DienStag - Markt die Käufer sich zahl- 
reicher einstellen werden. 
Politische Rundschau. 
Deutschland. Die Bischöfe und Erzbischöfe von Baiern 
Haben an ihren König eine Vorstellung gerichtet, welche die 
Bitte um staatliche Ausscheidung der Altkatholiken auS der 
Kirche, sowie den ^acholischen Charakter der Volksschulen und 
höhern Bildunganstalten und den bedrohten Bestand der Orden 
und Kongregationen zum Gegenstand hat. 
Oesterreich. Ueber den Sturz deS EuenbahnkönigS 
StrouSberg, welcher dieser Tage in Rußland verhaftet worden 
ist, theilt die „Feld?. Ztg " Folgendes mit: StrouSberg hatte 
in der letzten Zeit in Oesterreich, nämlich in Böhmen, wo er 
die Herrschaft Zbirow angekauft hatte, sein Glück versucht, 
nachdem er in Preußen, nach vielen großartigen, aber, wie 
sich herausgestellt, schwindelhaften Unternehmungen schon seit Jahr 
und Tag abgewirthschastet, und dort bereits zu den Todten ge- 
legt war. Das Landesgericht in Prag hat den Konkurs über 
daS in Oesterreich gelegene Vermögen des einst allmächtigen 
Gründers eröffnet. Man schätzt die Gesammt - Passiven auf 
17 Millionen Gulden. Der KonkurS-Verwalter fand in den 
StrouSberg'schen Kassen kein Baargeld vor, dafür aber in den 
Büchern eine ungeheure Verwirrung. Für die Arbeiter wird 
die Regierung wahrscheinlich vorschußweise einige hunderttausend 
Gulden bewilligen, um die Fortführung der Fabriken zu er- 
möglichen und Entlassungen nur successtve vornehmen zu müssen. 
Die Kommerz-Leihbank in Moskau hat an StrouSberg 6 
Millionen Rubel zu fordern, wofür er ihr werthlose Papiere 
als Deckung gab. Die Bank ist nun ebenfalls im Konkurs. 
Ueber die Art und den Umfang der Geschäfte StrouS- 
bergS kann man sich einen Begriff machen, wenn man erfährt, 
an welchen Unternehmungen derselbe betheiliget ist. ES sind 
dies: 1) Der Bau der Fortsetzungsstrecken der Wagthalbahn, 
gemeinsam mit einer Bankengruppe, welche die auszugebenden 
und ausgegebenen Partial-Obligationen lombardirt hat; 2) der 
Bau einer Eisenbahnstrecke in Frankreich, gemeinsam mit den 
belgischen Konzessionären: 3) die Bauvollendung der Mehl- 
theuer-Weidaer Eisenbahn; 4) die Bubnaer Waggonfabrik bei
	        

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