Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

Silbermünzen längst erfolgt und eS liegt außer unserem 
Vermögen denselben wieder ihren ehemaligen Vollwerth zu 
verschaffen 
Die Entwerthung dieser Münzen, welche von den Grenz- 
ftaaten, mit welchen wir im Verkehre stehen 10 % unter ihrem 
Nominalwerthe taxirt sind, war eine allmälig herbeigeführte 
und seit dem Jahre 1873 andauernde. Also schon längst und 
zwar mit dem Verschwinden der Thaler waren die in unserem 
Lande kuriirenden öster. Münzen nicht mehr vollwerthig. CS 
gehören daher auch die an diesen Münzen im Laufe zweier 
Jahre verloren gegangenen 10 % der Vergangenheit an und 
wurden im Verkehre nach und nach erlitten. Die gegenwär 
tigen Besitzer öster. Silberguloen verlieren daher nicht mehr, 
wenn sie dieselben zu Fr. 2, 25 berechnen unv ausgeben, 
weil ja der Gulden, den sie jetzt in öfter. Münze einneh- 
men — mit den Franken und Mark verglichen — auch bloß 
mehr 90 kr. Werth hat. Wohl aber müßten gegenwartig die 
inländischen Kapitalien, Fonde und Forderungen ältere» Da- 
tumS 10 % verlieren, wenn sie in öster. Münzen zurück be- 
zahlt würden, oder umgekehrt, es würden dabei die betreffenden 
Schuldner gewinnen. 
(Fortsetzung folgt.) 
Vaterländisches. 
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte. 
57. Die Grafen von HohenemS—Vaduz. 
Die Hexenprozesse. 
(Fortsetzung.) 
Das Gericht zu Vaduz verfuhr anfänglich mit Vorsicht. 
So z. B. verlangte eS von RechtSgelebrten über folgende 
Punkte ein Gutachten: Ob man aus 3 oder 4 Denunziationen 
hin in Sachen der Hexerei eine Person, gleichviel ob sie guten 
oder bösen Leumunds sei, gefänglich einziehen und zur Tortur 
bringen dürfe? Od die Angaben von zur Folter gebrachten 
Personen, wenn sie mit allen Umständen geschehen und andere 
der gleichen Schuld bezichtigen, rechtlichen Bestand haben und 
dem Richter Macht geben, gegen solche Personen ebenfalls 
peinlich einzuschreiten? Beide Fragen wurden verneint und 
eine Zeit handelte das Gericht nach dieser Entscheidung. AlS 
aber die Anklagen sich mehrten und das Volk drohte den Hul- 
digungSeid zurückzunehmen, wenn das Hexenwesen nicht auSge- 
rottet würde, nahm das Gericht eine strengere und unmensch 
liche Praxis an. Die öffentliche Meinung hatte sich so ver« 
irrt, daß daS Volk überall Hexen und Hexenwerk sah. 
Von den damaligen Hexenprozessen in Vaduz nur ein Paar 
Beispiele. Am 26 Januar 1684 wurde ein Mann ab dem 
Triesnerberg, darauf am 12. und l3 März zwei Weibsperso 
nen, weil sie stark im Rufe der Hexerei w«ren, gefänglich 
eingebracht, außerdem noch mehrere Individuen, die theilS schon 
vier Jahre in Untersuchung waren, theilS zum ersten Mal in 
diesen Sachen vor Gericht erschienen. Allein weder durch güt- 
ltche Ermahnungen noch Bedrohung mit Strafen noch durch 
Anwendung der Folter und geistlichen Mittel konnten sie zu 
einem Geständnisse gebracht werden, sie behaupteten vielmehr 
bei allen Qualen ihre Unschuld, so daß das Gericht in große 
Verlegenheit kam. Dasselbe überschickte die Akten einem Rechts- 
gelehrten und verlangte ein Gutachten. Dieser setzte weitläufig 
auseinander, daß das Gericht befugt gewesen sei die drei Per- 
Personen „peinlich zu befragen. Weil aber kein Geständniß 
erfolgt, die Angeschuldigten der Hexerei strotz starker Anzeichen 
nicht überwiesen seien, so seien sie in Freiheit zu setzen, jedoch 
unter der Bedingung, daß sie das Land nicht verl«ssen, auf 
jede Aufforderung sich vor Gericht stellen und daß der Mann 
Thomas die Kosten deS Prozesses für seinen Antheil trage. 
Wahrscheinlich entschied dann daS Gericht nach diesem Rechts- 
gutachten. 
Im Jahr 1643 bekannte das Weib Grete von Triefen: 
„Vor etwa zehn Jahren sei der böse Geist, so sich „Jroß" 
genannt und schwarz gekleidet gewesen, mit einem Federbusch 
auf dem Hute zu ihr inS Haus gekommen. Da habe er ihr 
Silbergeld gegeben, was hernach nur Feuerspäne und Kuder 
gewesen und dann begehrt: sie solle sich Gottes und deö himm 
lischen Heeres verläugnen, was sie gethan. Später sei der 
böse Geist wiederum zu ihr gekommen und habe sie zu einem 
Tanz auf einem Kreuzweg abgeholt. Dabei fei sie gar sröh- 
lich gewesen und habe mehrere bekannte Weiber angetroffen. 
Vor drei Jahren sei sie auf ihrem Kalb auf daS Balznerried 
geritten, wo ihre Gespielen versammelt gewesen, da hätten sie 
getanzt bei einer Geigen. Vor vier Jahren seien sie und ihre 
Gespielinen auf dem Guggenboden beim Mondschein zusammen 
gekommen und hätten Tanz und Kurzweil getrieben. Im sel- 
ben Jahre hätten sie auch hinter dem Gulmen und auf dem 
Hahnenspiel nächtliche Zusammenkünfte gehabt; d* hätten sie 
Schnee und Ungewitter dermaßen zugerichtet, »aß die Leute von 
der Alp hätten fahren müsse». Vor zwei Jahren sei sie auf 
einem Bock, der ihr eigen gewesen, zu den Linden aus dem 
. Platz in Vaduz germen, wo sie und ihre Gespielen eine nächt- 
ltche Mahlzeit gehalten und getrunken, den Wein hätten sie 
aus des LandschreiderS Keller geholt. Vorigen Sommer habe 
sie im Bovel zu Triefen einen grausamen Wind gemacht, der 
Bäume und Reben zerrissen, auch sonst an Gebäuden und An« 
derm Schaden gethan. Am Triesnerberg habe sie auS einem 
Hafen, den ihr der böse Geist zugestellt, einen Reifen ge- 
macht, dadurch die Winde ganz verderbt wurden, "k. 
Em fast gleichlautendes Geständniß legte das Weib Anna 
ab dem Triesnerberg ab. Es wurden nämlich an alle An- 
geklagten die gleichen , Fragstücke" gerichtet Kaiser theilt die- 
selben mit. Wir glauben die Leser mit dem nicht gerade schö- 
nen Wortlaute delselben verschonen zu müssen. 
(Fortsetzung folgt.) 
Politische Rundschau. 
Deutschland. Im Vordergrunde deS politischen TageS- 
gesprächeS steht die Reise deS deutschen Kaisers nach Mailand 
und die dort stattfindende Begegnung mit dem König von Jta- 
lien. Ueber den am 13 Oktbr. erfolgten Einzug deS Kaisers 
meldet ein Mailänder Telegramm vom 18 Okt.: 
Der Kaiser ist heute Nachmittags programmgemäß hier ein- 
getroffen und am Bahnhof von dem König, den Prinzen, Mi- 
nistern, dem Präsekten, dem Syndikus und den Spitzen der 
Civil- und. Militärbehörden empfangen worden. Die Monar 
chen begrüßten sich sehr herzlich unter den enthusiastischen Zu- 
rufen der zahlreichen Bevölkerung Artilleriesalven erdröhnten. 
Die Musik der aufgestellten Ehrenwache spielte die preußische 
Volkshymne. Der Kaiser bestieg mit dem König den Hofwa- 
gen und fuhr durch die mit italienischen und deutschen Fahnen 
reich geschmückte Stadt nach dem Schlosse. Dem Wagen deS 
Kaisers folgten die Wagen der Prinzen mit dem Grafen Moltke, 
General Cialdini und Hrn. v. Bülow und zahlreiche Privat- 
wagen. Alle Straßen, durch welche der Kaiserzug kam, waren 
auf einer Seite von Militär, auf der anderen Seite von der 
Volksmenge besetzt. Ueberall waren Tribünen errichtet und die 
Häuser mit Teppichen geschmückt. Die ganze Stadt ist in freu- 
digster Erregung. Nach der Ankunft im Schloß um 5% Uhr 
fand der Empfang der Minister, der Hofchargen, der Präsi- 
denken des Senats und der Abgeordnetenkammer, und hierauf 
das Familiendiner statt. Vor dem Schlosse brachte die dicht 
gedrängte Volksmenge unaufhörliche Ovationen dar. 3)er Kai 
ser und der König erschienen wiederholt auf dem Balcon und 
wurden mit enthusiastischen Zurufen begrüßt. Abends findet 
die Beleuchtung deS DomeS statt. DaS Wetter ist trübe, 
aber warm. 
In Baiern hat daS bisherige Ministerium in Folge der
	        

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