Liechtensteinische
Dritter Jahrgang«
Vaduz, Freitag
Ufr. 36.
dm 3. September 1873.
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Vaterländisches.
Vaduz, den 3t. Aug. Die Berichte, welche auS ver-
fchiedenen Ländern über die 1875er Ernte einlaufen, gestalten
sich im Allgemeinen nicht fo günstig, wie die letztjährigen. Herr
I. A Ba,ral, eine zuverlässige Autorität in landwirthschaft!i<
chen Dingen bezeichnet die Weizenernte Frankreichs in 13 X)e«.
partementS als gut, in 26 als ziemlich gut, in 15 als leidlich,
in 24 als mittelmäßig und in 8 als schlecht; während voriges
Jahr die Ernte in 45 Departements sehr gut, in 36 gut, in
4 ziemlich gut u. nur in 1 mittelmäßig ausfiel. Die diesjährige
Roggenernte soll dagegen weit ausgiebiger sein alS die vor-
jahrige. Gerste und Mais bleiben dem letztjährigen Ertrage
gleich, während die Haferernte sich viel reichlicher gestaltete.
Ueber die Getreideernten der übrigen Länder enthält die Schrift
des Herrn Barral folgende Angaben: „In England etwas unter
dem DurchfchnittSertrage, in Deutschland gut, in der Schweiz
mittelmäßig, in Oesterreich gut, in Ungarn mittelgut, in der
Türkei gut, in den Donaufürstenthümern ziemlich gut, in
Rußland sehr mittelmäßig, in Italien leidlich, in Spanien
mittelmäßig, in den Vereinigten Staaten etwas unter dem
DurchfchnittSertrage. In Folge der schlechten Qualität der
Ernte in den meisten Ländern, die Getreide auszuführen pflegen,
werden sich die Preise auf einer beträchtlichen Höhe erhalten,
und eS läßt sich schon jetzt voraussehen, daß die Kutse näch-
sten Winter auf den Ineisten Märkten die letztjährigen merklich
überflügeln werden, ohne daß jedoch TheuerungSpreise zu be-
fürchten wären."
Ueber den Stand der Weinberge liegen zur Zeit aus allen
deutschen Weinlandern die günstigsten Berichte vor. Freilich,
wo die schweren Gewitter ihre verheerende Gewalt entluden,
ist manches in den Weingarten verloren gegangen — jedoch ist
im Verhältniß zu der Gesammtproduktion dieser Verlust kein
bedeutender. Die feuchtwarme Witterung deS Juli hatte eine
ungewöhnlich üppige Vegetation hervorgezaubert; fast allenthalben
ist der Wein stock in feiner Entwicklung der sonstiger Jabre
verauSgeeilt, im Rheingau sogar um wenigstens drei Wochen.
In tiefer gelegenen Stellen, sowie in rauhem Boden hätte
übrigens noch länger anhaltender Regen doch Schaden gebracht.
wird aus Würzburg gemeldet, daß dort an manchen
Stöcken in Folge allzugroßer Nässe die Blätter gelb geworden.
Genützt dagegen hat die Feuchtigkeit in trefflicher Weise in den
Berglagen, besonders im Schiefer- und Lettenboden.
Die Quantität wird überall groß. Betrachtet man zu-
nächst die Massenproduktionsgebiete, welche für den täglichen
Weinbedarf von Bedeutung sind und in denen das „große
Geschäft" gemacht wird, fo wird von dort vor allem eine
enorme Menge von Trauben gemeldet, zugleich auch die seitherige
schöne Entwicklung. In diesen Wein-„ Masse" Ländern: Rhein-
Hessen, bayrische Pfalz, Moselland, Elsaß, Baden und Wür-
temderg — kommt eS zunächst auf eine gute Mittelqualität
an und diese kann bereits als gesichert angenommen werden.
So wird auS Gau-AlgeSheim gemeldet, daß dort bereits am
8. August „Neue," d. h. 1875er Wein oder vielmehr in
Gährung übergegangener Most getrunken wurde! In Baden
und Würtemberg hatte man schon vor 14 Tagen reife Trau
ben von guter Qualität in Menge. Auch auS der Haardt wird
von einem seltenen Segen berichtet, ebenso von der Nahe, Saar,
Ahr und Mosel. AuS Maß schreibt man, daß in einzelnen
Lagen die Weinstöcke so voll hängen, daß sie unterstützt wer-
den müssen, um nicht zusammenzubrechen unter ihrer Last.
Auch vom Main lauten die Nachrichten günstig. Der-jüngste
Marktbericht deS „KlubS der Landwirthe zu Frankfurt" meldet:
„Der Wein hat doppelten Ertrag in Quantität, die Qualität
ist jetzt schon alS „gut" gesichert und hängt eS nur noch
von der Herbstwitterung ab, ob sie ausgezeichnet wird." Für
die Qualität entscheidend ist der Rheingau, die Hochschule der
deutschen Weinkultur. Hier werden bekanntlich auf ca. 2000
Hektaren WeinarealS die feinsten Gewächse der Welt gezüch-
tet. BiS jetzt find auch hier die Aussichten so günstig, wie sie
eS seit 1811 nicht mehr waren. AlleS hängt schwer beladen.
In den Rauenthaler, RüdeSheimer, Johannisberg«:, Steinber-
ger feinen Lagen gibtS schon zahlreiche reife Trauben. Hält
die heiße Temperatur an, so wird sie etwaS Vorzügliches kochen.
Freilich um jene hochfeinen AuSnahmequalitäten, jene köstlich
süßen „Ausbruch"weine zu erzeugen, dazu bedarf eS noch bis
in den Oktober hinein großer Wärme, denn das Material der-
selben bilden bekanntlich die edelfaulen Traubenbeeren, also
RieSling-Rosinen. Indessen bis jetzt steht im Rheingau auch
dießbezüglich die Aussicht noch gut.
DaS Resultat dieser Rundschau wäre also: bis jetzt darf
man überall mit gerechtfertigtem Vertrauen ein gutes Jahr
erwarten. So eine vollgesegnete Crescenz ist auch daS beste
und Radikalmittel gegen alle Weintünsteleien und Pantschereien,
wirksamer und rascher durchgreifend als alle Gesetze und alle Ber-
eine, deren wohlthätige Wirksamkeit wir damit keineswegs
wollen unterschätzt haben; aber wahr bleibt's doch: guter, billi
ger Naturwein verdrängt am sichersten und schnellsten alles ge
pfuschte Zeug vom Markte.
Vaduz, den 1. Sept. In Buchs wurde letzten Donners-
tag ein zirka I Vz Jahre altes Kind, einem Fridolin Hilty an
der Bahnhofstraße gehörend, von einem Steinfuhrwerk derart
überfahren, daß es alsbald fein junges Leben aushauchte.
Ernste Mahnung an die Eltern, Kindern, hauptsächlich an
frequenten Straßen, die vollste Aufmerksamkeit zu schenken.
Baduz, den 1. Sept. Wie man aus Ragaz erfährt, er-
eignete fich dort letzten Sonntag ein bedauernSwerther Un-