Dritter JaHrgang.
Vaduz, Freitag
Ikr. ÄS.
den 27. August 1875.
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Die HerrmannSfeier am 16. Aug. 1895.
An diesem Tage, d. i. am Jahrestage der blutigen Schlacht
von Maro la Tour feierte das deutsche Volk ein Nationalseft
von denkwürdigster Bedeutung: die Enthüllung deS Herr-
mann Denkmals auf der Grotenburg im Teutoburger Walde.
Werfen wir einen Blick zurück in die glorreiche Vergangenheit
der deutschen Nation, so steht an der Pforte der deutschen
Heldengeschichte der CheruSkersürst Herrmann, der Befreier
deutscher Lande vom drohenden Joche römischer Weltherrschaft
WaS Hermann damals gesäet, ist durch die deutschen Befrei
ungskriege im Beginne dieses Jahrhunderts zur Blüthe ge
diehen und durch die beispiellosen Erfolge deutscher Waffen im letz-
ten Kriege zur reifen Frucht gezeitigt. Das wieder erstandene
deutsche Reich feierte daher am Standbilde HerrmannS nicht
nur die ruhmreiche Schwerter Hebung gegen wülsche Macht und
Tücke, sondern auch die zur That gewordene Einheit deS
deutschen Volkes und seiner Fürsten.
Den Verlauf deS Festes schildert man als überaus groß-
artig und enthusiastisch. Außer dem Kaiser, dem Kronprinzen
und vielen deutschen Fürsten waren gegen 40.000 Fefttheil-
t nehmer zugegen. Die vom Geh. Zustizrath Otto Preuß ge-
haltene Festrede begann wie folgt:
„Deutsche Brüder! Schon über ein Menschenalter ist dahin
geschwunden seit dem Tage wo die ersten Steine zu dem Denk«
mal stch fügten, dessen Vollendung wir heute festlich begehen.
Diese Statte hatte der Bildhauer Ernst v. Bändel sich auSer-
sehen, um der Erinnerung an den ruhmvollen Beginn unserer
deutschen Geschichte eine künstlerische Weihe zu geben. Auf
dieser Höhe deS Teutoburger Wäldes, die weil hinauSblickt in
die Lande zwischen Rhein und Weser, sollte das Standbild deS
EheruSkerfürsten Herrmann ßch erheben, ht'pr, wo wir dtz Wal-
statt überschauen aus der durch ihn vor nun bald neunzehn-
hundert Jahren die Legionen unserer römischen Unterdrücker
ihren Untergang sanoen Diese Stätte als der Schauplatz
des ersten Erwachens des deutschen VolksbewußtseinS sollte ge-
weiht sein sür alle Zeit. Und die Zd^e, welche den Künstler
in seiner Jugend begeistert, sie hat er, ein Beispiel echt deut-
scher Treue und deutscher Beharrlichkeit, opferfreudig festge
halten sein Leben hindurch — und ein gnädiges Geschick hat
ihm vergönnt daS Werk das er in seiner Zugendkraft begon-
nen, nach rastlosem Schaffen jetzt an der Schwelle des Grei-
senalterS angelangt, herrlich vollendet vor stch zu sehen. Mit
frohbewegtem Gefühle will er dem deutschen Volke daS durch
Tausende aus allen seinen Landen hier vertreten ist, daS vater-
ländische Denkmal, daS Werk feines Lebens, heut überweisen.
Dort aus der Kuppel jeneS mächtigen Unterbaues, getragen
von Pfeilern, deren mächtige Quadern den Stürmen vieler
Jahrhunderte zu trotzen scheinen, ruhet das eherne Standbild
daS die hehre Gestalt HerrmannS uns zeigt wie des Meisters
geistiges Auge fit empfangen. Zu Füßen die Trophäen deS
Kampfes, den römischen Adler und daS Ruthenbündej, die
Linke gestützt auf den breiten Schild hebt der jugendliche Held
stegesbewußt und siegeSfröh das freie Schwert empor in der
Rechtttt, hingewandt nach Westen, zum Rhein, drohend daß
von dorther kein Römer ungestraft stch wieder nahen solle
diesen Bergen, in denen er nicht vergebens sein Volk aufge-
rufen chatte zum Kampfe gegen die bis ins Herz der deutschen
Marken eingedrungenen Zwingherrn An der vereinten Kraft
der Cherusker und ihrer Äruderstämme hatte der Uebermuth
der Römer stch gebrochen. Hier zum erstenmal erlagen drei
der fampfgeübten und sieggewohnten Legionen, mit denen das
stolze Rom fast den Erdkreis unterjocht hatte, hier erlagen Je
dem todeSmuthigen Anstürmen der um Herrmann geschaarten
Germanen. Mit selbstgewähltem Tod auf dem Schlachtfelde
büßte der römische Feldherr daS frevelhafte Beginnen einem
freien Volke statt der eigenen, von den Vätern ererbten Sitte
aufzudrängen fremdes Recht und fremden Brauch. Rur schwa-
che Schaaren des QmnttliuS VaruS konnten aus den Schluch-
ten dieses Waldgebirges sich retten in ihr festes Aliso, um
dort den ihrigen die Kunde zu bringen, daß kein Widerstand
sei gegen die urwüchsige Kraft der zum erstenmal im Kampfe
für ihre Freiheit vereinten Stämme der Deutschen. Die drei
blutigen Schlachttage im Teutoburger Walde setzten den Ge-
lüften der Römer sür immer ein Ziel. Der Rhein und die
Donau blieben fortan die Grenze, die sie dauernd nicht wieder
zu überschreiten wagten. Keim fremder Eroberer hat seitdem
jemals dlese Berge wieder betreten, seit 8 Jahrhunderten beherrscht
dasselbe alte Fürftengeschlecht, daS jetzt auch diesem Denkmale
seit seinem Beginn schützend und fördernd zur Seite gestanden,
die schönen Wälder und Fluren, die hier ausgebreitet vor uns
liegen. Wo also hätten wir besser als hier die Stätte wäh-
len können, um durch ein finnbildliches Werk es zu dezeu-
gen, daß wir auch noch in den fernen Geschlechtern dankbar
eingedenk sind deS Helden, an den der Eintritt deS deutschen
Volkes in die Geschichte stch anknüpft? Aber nicht bloS ein
Denkmal deutscher Dankbarkeit soll dieses Werk sein, sondern
zugleich auch ein Wahrzeichen deutschen BruderstnneS und^
-deutscher Eintracht."
Den Schluß der Rede bildeten folgende Worte:
„So möge denn jetzt daS Banner, daS die Farben unserS
neuen deutschen Reiches trägt, stch entfalten dort am Denkmale
j«lS ein Zeichen, daß der Künstler in dieser Stunde eö feierlich
Mergeben hat dem gesammten deutschen Vaterlande, mit dessen
Hilfe er eS gebaut hat, dessen Ruhm und Größe eS verkünden
soll, so Gott will bis auf die spätesten Enkei^eschlechter. Wen*
anders aber darf nun der Zubelruf gelten, den wir aus dank-