Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1875)

„Kluge Vorficht erfindungsreicher Wirthe, du beschämst Renz, 
Carre und PolkSki SalamoniSki." 
Die Heufchreckemioth im Westen 
Miffouri'S (Nordamerika). 
Der Nothstand in den von Heuschrecken heimgesuchten 
CountieS im Westen von Missouri ist in den bisherigen Be- 
richten nicht nur nicht übertrieben worden, sondern nach der 
Versicherung einiger Herren von St. Louis, die eine Reise durch 
jene Gegend nicht gescheut haben, kann man stch überhaupt 
erst durch den Augenschein eine Idee von der wirklichen AuS- 
dehnung der Verwüstungen bilden. 
Die Reisenden verließen in Pleasant Hill die Eisenbahn 
und fuhren dann mit einem Wägelchen auf eine Strecke von 
fünfundzwanzig Meilen durch Caß County, wobei sie den Weg 
über Harrisonville, den Countysitz, einschlugen. Dies ist eine 
der furchtbarsten Gegenden Missouri'S, sanft wellenförmige 
Prairie mit fruchtbarstem Boden, längs der Bäche von boch- 
stämmigen Waldungen durchzogen. DaS Land ist Dicht be- 
siedelt, Farm reiht sich an Farm; aber auf der ganzen Strecke 
sahen die Reisenden nicht ein einziges grünes Feld. Vielleicht 
dte Hälfte der Aecker war mit Korn bepflanzt, aber nicht ein 
Kornstengel war zu sehen. Die Obstbäume haben nicht ein 
grüneS Blatt mehr und von vielen haben die hungrigen Thiere 
sogar große Flecken der Rinde abgefressen, so daß sie vermuth- 
lich eingehen werden. In den Wäldern ist das ganze Unter- 
holz kahl unv in wenigen Tagen werden auch die größeren 
Forstbäume ihres BlätterschmuckeS entkleidet sein. Die Osage- 
Orange-Hecken, welche in einem großen Theile deS westlichen 
Missouri an die Stelle der sonst üblichen Zäune treten, und 
eine Zierde der Landschaft waren, sind nicht nur ihres saft- 
grünen Laubes, sondern auch der Rinde beraubt und werden 
nie wieder ausschlagen. Dieses Frühjahr sind in Caß County 
über 9000 Acker Landes mit Flachs bestellt worden; nicht 
ein Stengel ist auf allen diesen Feldern zu sehen. Weit und 
breit sieht der Boden aus, wie ein Feld, das im Herbst ge- 
pflügt war, nach heftigen Regengüssen und Frost aussehen 
würde. Vergebens sucht däS Äuge nach etwas Grünem, eS 
sei denn hier und da eine Wolfsmilchstaude, das einzige Kraut, 
welches daS gefräßige Insekt verschmäht. 
Manche Einwohner haben AlleS stehen und liegen gelassen 
und sind mit ihrem Vieh und der Habe, die sie auspacken 
konnten, nach anderen Gegenden fortgezogen, um abzuwarten, 
biS stch daS Ungeziefer verliert. Andere sind geblieben unv 
hoffen auf daS versprochene Fortziehen der ausgewachsenen 
Insekten, welches nach den meisten Berichten jetzt stattfindet. 
Die Reisenden redeten einen Bauern an, der gegen einen Zaun 
gelehnt, trüben Blickes auf sein kahles Feld hinausschaute: 
„Guter Freund, was wollen Sie mit diesem Stück Land an- 
fangen?,, — „Nun ich habe schon dreimal gepflanzt unv will 
eS morgens nochmals versuchen." — „Verlieren Sie nicht den 
Muth dabei?" — „Es ist wohl hart; aber ich will mit dem 
Pflanzen fortfahren, bis ich eine Ernte bekomme. Ich brauche 
sie nothwendig. Mit dem Speck ist'S bald alle." Nicht alle 
Farmer zeigen so viel Muth und Ausdauer, wie dieser, viele 
verzweifeln ganz und gar. Ein Theil des spat gepflanzten 
KornS ist noch nicht tovt, sondern noch am Treiben, aber so- 
bald stch ein grünes Blättchen über dem Boden erhebt, wirb 
eS abgefressen. 
Sogar das Wasser wird von den Hesuchrecken verdorben. 
Die meisten Brunnen der Gegend sind offen und daher sind 
sie mit ertrunkenen und verwesenden Heuschrecken angefüllt; 
und wird ein bedeckter Brunnen auch nur kurze Zeit offen ge- 
lassen, so genügt das, um daS Wasser mit Heuschrecken zu 
füllen, denn diese Thiere bedecken den Boden in zahllosen 
Schaaren. 
In Harrisonville stand in einem großen Garten ein Herr 
licher Kletterrosen^Busch und ein Erbsenbeet, die wie durch 
Zufall der allgemeinen Verwüstung entgangen zu sein scheinen, 
aber die Thiere hatten sie schon entdeckt und eS war voraus 
zusehen daß sie am andern Morgen so kahl sein würden wie 
der Rest. An dem Busch blühte die einzige Rose und diese 
hat einer der Reisenden als Andenken mitgebracht. Es war 
die einzige Blume, die er auf einer Tour von 25 Meilen durch 
den Garten Missouri'S gesehen hat! 
Trotz alledem herrscht noch keine eigentliche Hungersnoth, 
denn wer etwaS besitzt, theilt mit seinem Nachbar. Nur ist zu 
befürchten, daß bei Mangel aller. Pflanzenkost der Skorbut sich 
einstellen wird. Was jedoch dringend noch thut, ist Saamen solcher 
Fruchtarten, die noch eine Ernte bringen können, als Korn, 
Erbsen, Bohnen u. s. f., und bierin sollte sobald wie möglich 
Hilfe geschafft werden. 
Als einen seltsamen Umstand erwähnen die Reisenden, daß 
die Eier der Hühner (welche letzteren sich, beiläufig gesagt, bei 
der Heuschrecken-Diät, auf die sie jetzt ausschließlich angewiesen - 
sind, vortrefflich stehen und fett werden), in der Heuschrecken- 
Gegend statt eines gelben, einen bluthrothen Dotter haben, 
während die Schaale eine tiefbraune Färbung angenommen 
hat. Ihrem Wohlgeschmack hat dies jedoch nicht nur keinen 
Eintrag gethan, sondern diese Eier sollen sogar sehr nahrhaft 
unv der Gesundheit sehr zuträglich sein. 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vi-. Rudolf Schädler. 
Für Bauschreiner und Glaser. 
Binzenz Schädler, Architekt in Winterthur, wünscht 
die Erstellung von Thüren und Fenstern ,sür seine Bauten an 
hierländige Arbeiter entweder partienweise oder inSgesammt im 
Accordwege zu vergeben. Den darauf Reflektirenden werden 
Detailangaben der zu erstellenden Arbeiten eingehändigt werden. 
Die 
LaM 
(circa 5000' über dem Meere; von Vaduz in 3 
Stunden bequem erreichbar) 
ist durch ihre geschützte, nach Süden gerichtete Lage sehr geeig- 
net zu Alpenkuren jeder Art. Durch Umbau der bisherigen 
Alphütte in eine größere Anzahl von Zimmern ist für die 
Bequemlichkeit der Kurgäste hinreichend gesorgt. Frische Kuh- 
milch und Ziegenmolken können zu jeder Tageszeit verabreicht 
Wörden. Wein (1874er Vaduzer) wird stets vorräthig gehalten. 
Bestellungen zur Aufnahme von Kuranten nehmen entgegen 
die Eigentümer 
Anton Amann, 
Johann Laternfer, 
Anton Ospelt, 
Alois Rheinberger 
in Vaduz 
Kornpreise vom Fruchtmarkt m Bregenz vom 6. August. 
! Der halbe Metzen 
«-——— ... 
beste 
mittlere 
geringe 
fl 
kr. 
1 fl 
fr. 
fl- 
kr. 

3 
40 
3 
15 
3 
05 
Roggen .... 
2 
80 
2 
60 
2 
50 
Gerste 
2 
70 
2 
50 
2 
30 
Türken .... 
2 
80 
2 
50 
2 
20 
f Hafer ..... 
1 
70 
1 
60 
1 
50 
Tetegrafischer Kursbericht von Wien. 
11. August Silber 101.10 
20-Frankenstücke . 8 92 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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