Verschiedenes.
* AuS Baden. Ein merkwürdiger > leider auch sehr
trauriger Vorgang, durch den Blitz herbeigeführt, hat sich zu
LauSheim bei Bonndorf zugetragen. Mitten in einer Thal-
schlucht unter freiem Himmel fuhr ein Blitzstrahl unter vier
hintereinander gehende, vom Felde heimkehrende Frauen. Alle
vier wurden besinnungslos zu Boden geschleudert. Zwei kamen
bald wieder zu sich, von den andern beiden lag die eine
mit blutenden Lippen verletzt und betäubt am Boden, die vierte
aber, deren Mutter gleichfalls bei dem Unfälle war und sich
wieder erholt hatte, lag entseelt auf der Erde. Ihr um den
Kopf gebundenes Taschentuch, sowie die Kleider waren in lau-
ter kleine Fetzen zerrissen, die Schuhe vom Körper getrennt
und wie mit -scharfen Messern abgeschnitten und dennoch weder
an den Füßen noch sonst irgendwo eine Verletzung zu ent-
decken. Die Verunglückte war verheiratet und hinterläßt einen
Gatten und sechs minderjährige Kinder.
* Zur Sprachreinigung. Das Beispiel des preußischen
General-Postmeisters, die deutsche Sprache von allem fremden
Ballast zu säubern, trägt bereits seine erfreulichen Früchte. So
sagt man jetzt z B. statt „Geben Sie mir eine Prise auS
ihrer Schnupftabaksdose" — Geben Sie mir eine Zweifinger-
fpitznahme aus ihrer GesichtsvorsprungsreizkrautsstaubSschachtel!
* Landwirthschaftliches, Ueber das Gewicht von neuem
Heu ist schon oft gestritten worden. Der Eine behauptet, eS
werde durch die Gährung schwerer als bei der Einfuhr, der
Andere das Gegentheil. Ein Zofinger und ein Sissacher haben
letzter Tage in Liestal, als gerade ein Wagen eingeheimSt
wurde, darüber eine Wttte von 100 Fr. eingegangen und
zwar wettete der Zofinger, der Wagen sei am folgenden Mor-
gen schwerer als am vorhergehenden Tage. Am Morgen wog
derselbe auf der öffentlichen Waage 3530 Pfund, am nächsten
Tage 3515 Pfund, hat also an Gewicht 15 Pfund verloren.
Durch mehrere Urkundspersonen ist erwiesen, daß der Wagen
nach der ersten Wägung nicht berührt wurde, bis zur zweiten.
Der Sissacher hat also die 100 Fr. gewonnen und das Ex>
periment dürfte als Beweis gelten, daß die Gährung im Heu
nicht, wie Viele meinen, „Wasser ziehe". Wer am meisten
Erlös ziehen will, fährt künftig ab der Wiese auf die Heu-
waage. ~ ^
* Galgenhumor eines Verurtheilten. Delinquent (von der
Familie Abschied nehmend): „Wir sehen uns wieder, denn
morgen kommt Ihr doch ein bischen hinaus zu meiner Hm-
richtung!"
Zum Pater, der ihn zum Tode vorbereitet: „SparenS
Ihre Worte, morgen sprech Ich ihren Herrn selbst!"
Zum Scharfrichter, welcher ihn bei abscheulichem Wetter
auf den Richtplatz begleitet:
„Pfui Teufel, was ist das für ein Spitzbubenwetter!"
Scharfrichter: »Für Sie geht's immer noch, denn Sie
machen den Weg nur einmal!"
(Beim Besteigen des wackeligen SchaffotS) „DeS Ding
wackelt aber auf eine lebensgefährliche Art!"
(Indem der Delinquent im Begriff ist den Kopf auf den
Block zu legen)
Scharfrichter: „Entschuldigen S' holt, wenn es ein Bisserl
weh thut, — es ist bei mir die erste Hinrichtung!" —
Delinquent: „Bei mir aa!"
(In dem Augenblick als der Scharfrichter zum tödtlichen
Streiche ausholt trifft die Begnadigung ein)
Delinquent: „ES wor ober auch die höchste Zeit!"
* Sonderbare Schilderaufschriften. Ein Pariser Blatt
verzeichnet folgende Schilderaufschristen, die eS in der Seine
stadt entdeckt hat: In der Rue de SevreS: „Zur Jungfrau,
Entbindungsanstalt". Nicht weit davon befindet sich der Tafel
zufolge eine „EntbmdungSanstalt für Damen". Auf dem
Boulevard de l'Hopital lehrt ein Schild, daß in dem Laden,
über dem es hängt, „französische, ausländische und andere
Weine" zu haben seien Die Besitzer eines Geschäftes in der
Rue Montmatre endlich kündigen sich als „Herr und Frau
Wittwe Duval" an.
* Wer sich für den Wildstand auf dem Jagdgebiete des
Königs Viktor Emanuel interesfirt, möge vernehmen, wie reich
allein der Park von Monza damit ausgestattet ist. Neben an-
derem Wild werden daselbst 5000 Fasanen aufgezogen, von
denen 4000 bereits ausgebrütet sind. Da die Fasanen in den
ersten Monaten ihres Lebens beinahe ausschließlich mit Amei
sen und Ameiseneiern genährt werden müssen, so suchen, um
ihnen diese zu verschaffen, 25—30 Mann in den ComaSchischen
unv BergamaSkischen Bergen nach Ameisenhaufen, die bekannt-
lich auS kleinen Erdschollen und Splittern bestehen, in welche
Tausend von Ameisen ihre Eier legen.
Zweihundert Scheffel von diesen Erdschollen find täglich
kaum hinreichend, für die viertausend kleinen Fasanen deS
königlichen Parks. Man kann annehmen, daß hiefür und für
das, was sonst noch zur Erhaltung dieser königlichen Fasa-
nensamilie nöthig ist, ungefähr 2000 Fr. täglicher Ausgaben
nöthig find. Und die Armen sterben 2 Schritte von diesem
reichen Parke vor Hunger und Elend!
* Ein ungalanter Kritiker. Gar ungalant schilderte der
amerikanische Schriftsteller Olivier Wendel HolmeS eine moder-
ne Pianistin wie folgt: „ES war eine junge Dame mit so
viel weißen VolantS ringS um sich, daß sie aussah wie der
Planet Saturn mit seinen Ringen. Sie gab dem Mußkstuhl
eine oder zwei Umdrehungen und flaumte dann darauf nieder
wie ein mit Seifenschaum gefülltes Lavoir. Dann stülpte sie
ihre Manschetten auf, als ob sie daran ginge, den Preis in
einem Ringkampfe zu gewinnen. Dann bearbeitete sie ihre
Handgelenke unv Finger, um ste geschmeidig zu machen, wie
ich denke, und breitete endlich ihre Finger aus, bis sie aus*
sahen, als ob sie die ganze Klaviatur von dem brummenden
bis zu dem quikenden Ende umspannen wollte. Dann machten
diese beiden Hände einen Sprung über die Tasten, als ob ein
paar Tiger über eine Heerde weißer und schwarzer Schafe
herstürzten, und daS Piano ließ ein Geheul vernehmen, als ob
ihm jemand auf den Schwanz getreten wäre. Plötzlich Todten-
stille — man konnte das Haar auf dem Kopf wachsen hören.
Dann ein stärkeres Geheul, als ob das Piano 2 Schwänze
hätte und man ihm auf beide getreten wäre, und dann ein
großes Geklapper untz Gequieke und eine Reihe von Sprüngen auf
unv ab, rückwärts und vorwärts, eine Hand über die andere,
mehr wie eine allgemeine Flucht von Ratten und Mäusen, als
das — was ich Musik nenne."
* Einige Harzwirthe leisten in der Ausbeutung der Som-
merfrischler geradezu Erstaunliches. „Da sitzen wir," so schreibt
man der „Volks-Zeitung." auf der Piazza eines Hotels dicht
bei den rauschenden Wasserfällen. Ein junger Mann, äugen-
jcheinlich ein Engländer, trabt auf einem Eselchen vergnügt
und munter über die Brücke. Harmlos will der Reiter auf der
graden Straße welter reiten, als der Ritter Langohr diesen
Intentionen zuwider in kurzem Bogen dem Hotel zujagt. Esel
und Reiter gerathen in einen schweren Konflikt. Der Esel
will zum Hotel, der Reiter will geradeaus. Der Kampf
zwischen den streitenden Mächten nimmt gewaltige Dimensionen
an. Der Reiter prügelt auf den Esel loS, der Grauschimmel
bockt, schlägt auS und prrrdautz, jetzt fliegt der Sohn AlbionS
in schlankem Bogen in den Graben . . . Neben mir steht der
Oberkellner und betrachtet daS Kampfspiel mit schadenfrohem
Grinsen. Als nun der gestürzte Reiter seinen Hut aufhebt,
die Knie abwischt und fluchend, mit dem renitenten Esel dem
Hotel zulenkt, flüstert mein Nachbar mit vertraulichem Lächeln:
„Den Sturz hätte sich der Herr ersparen können. Auf dem
Esel kommt keiner am Hotel vorbei, der nicht absteigt und
etwas verzehrt. Wir haben den Esel ans Futter gewöhnt."