Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

tenden Schafe, wenn auch nicht gerade mit der Seuche behaftet, 
nichts weniger denn einen guten Gesundheitszustand; erschöpft 
und abgemagert infolge der langen Reise, tragen diese Thiere 
noch deutliche Spuren erlittener Krankheiten. 
Die Lungenseuche wurde am 25. Mai in der Gemeinde 
TrimmiS (Graubünden) amtlich konstqtirt, nachdem die Krank- 
M schon vor einem Vierteljahr in einem Stake ausgebrochen, 
durch dep behandelnden Thierarzt jedoch bis dahin nicht er- 
kannt worden war. Der Hergang, soviel bis jetzt ermittelt, ist 
in Kürze folgender: 
Vor zirka drei Monaten erkrankten einem Viehbesitzer in 
Trimis kurz nach einander 3 Kühe, wovon 2 krepirten und 1 
genaS. Vier bis 5 Wochen später erkrankten einem Nachbar 
VeS Obigen 2 große Viehstücke, welche ärztlich behandelt wurden, 
Mr geschlachtet werden mußten. Nach weitern 4 Wochen er 
krankten demselben Eigenthümer wieder 3 Viehstücke; auch diese 
wurden von demselben Thierarzt behandelt, ohne daß dieser die 
gefährliche Seuche erkannte. Erst am 23. Mai erhielt die 
Sanitätsbehörde von Graubünden Kenntnifi von dieser Sach- 
tage, welche dann auch nach Konstatirung der Lungenseuche bei 
den erkrankten Thieren, deren sofortige Abschlachtung, sowie 
alles desjenigen Viehes anordnete, das der Seuche verdächtig 
war. Bis jetzt sind umgestanden oder wurden geschlachtet 13 
Stück, wovon 10 mit der Lungenseuche behaftet, und müssen 
zirka 20 weitere Viehstücke ebenfalls noch unter das Beil kommen. 
Gleichzeitig hat die Sanitätsbehörde eine genaue Untersuchung 
im KreiS der fünf Dörfer und Chur und strenge Maßregeln gegen 
die Weiterverbreitung der Seuche angeordnet. Die Einschlep- 
pung der Seuche durch fremdes Schlachtvieh erscheint fast un- 
zweifelhaft; doch konnte das Nähere bis jetzt nicht ermittelt 
werden. 
Die Lungenseuche ist im Wallis wieder erloschen. 
Laut amtlichem Ausweis über den gegenwärtigen Stand 
der Rinderpest in Oesterreich erscheinen im Ganzen noch ver- 
feucht: in Gasizien 8 Orte in 6 Bezirken und die Stadt 
Tschernembl in Krain. In den Ländern der ungarischen Kröne 
keine wesentliche Aenderung. 
Vaduz, 16. Zum. Nach langem Sonnenschein und heißen 
Tagen, hat uns die Laune des heurigen Frühlings, der nun 
bald seinen offiziellen Abschied nehmen wird, starken Regen inS 
Thal und Schnee in Berg und Alp gebracht. Am meisten 
Hatte unter diesem Witterungswechsel das bereits in die Alpen 
aufgetriebene Vieh zu leiden, welches größtentheilS wieder inS 
Thal getrieben werden mußte. DaS Unwetter dauerte jedoch 
nur einen Tag d. h. fo lange, bis unser wackerer Bundesge 
nosse, der Föhn, über den Schneebringer die Oberhand bekam. 
Nun stehen uns wieder schönere Tage in Aussicht, die wir 
angesichts der beginnenden Traubenblüthe recht gut brauchen 
können. 
Vaduz, 16. Juni. Ueber die schweren Gewitter, welche 
sich nach der großen, fast tropischen Hitze der ersten Junitage 
in unserer vorarlbergischen und schweizerischen Nachbarschaft 
niedergelassen haben, entnehmen wir einem Berichte der Feld- 
kircher Zeitung Folgendes: 
Vorigen Montag Abends gegen 8 Uhr entlud sich nach 
mehreren schwülen Tagen, während welchen das Thermometer 
25° im Schatten zeigte, ein wohlthuendeS Gewitter mit star 
kem Regen über unsere Marken. Nicht so gut lief dasselbe, 
im Vorderlande ab, wo namentlich in Röthis und Fraxern 
starker Hagel fiel. In Hohenecks schlug der Blitz in ein HauS, 
ohne jedoch zu zünden. Am ärgsten scheint daS Unwetter 
vom Montag jedoch am Bodensee gehauSt zu haben; so 
wird aus RomanShorn gemeldet, „daß sich die ältesten Män 
ner der Gemeinde nicht eines so heftigen Gewitters erinnern 
können. Während 20 Minuten fielen in RomanShorn und 
Umgebung die Hagelkörner, voül Sturme gepeitscht, so massen- 
hast, daß solche am Dienstag Morgen noch haufenweise zu 
sehen waren. Die Kartoffeln, daS Brod der Armen, sind dort 
vollständig zerschlagen, die Reben stehen fast ganz entlaubt da, 
die bereits in Aehren geschossenen Feldfrüchte liegen geknickt 
am Boden. Die Früchte der Bäume liegen an großen Schos- 
sen ebenfalls auf der Erde; die Gärten sind verwüstet und 
leer. Die Ernte ist für dieses Jahr dahin. Auch der Scha- 
den, den der Hagel an den Häusern verursacht hat, ist beträcht- 
lich. An der Kirche sind über 100 Scheiben zerschlagen, an 
mehreren Gebäuden zählt man 50 und mehr. In Egnach 
hat der Sturm übler gehauöt als der Hagel. Viele der schön- 
Ken Bäume liegen dort umgeworfen." 
DaS Gewitter vom DienStag Nachmittag war nicht min- 
"der heftig und abermals theilweise vom Hagel begleitet Na- 
mentlich entleerte sich über die Stadt St. Gallen und Umgebung 
ein furchtbares Hagelwetter. Während etwa einer Viertelstunde 
fielen dort die Schloffen zum Theil in der Größe kleiner Baum- 
nüsse, in so dichten Massen, daß solche noch am Mittwoch 
früh auf Straßen, Feldern und Dächern herumlagen. Bäume, 
Wiesen und Gärten zeugen von den verheerenden Wirkungen 
deS Unwetters; an der Langgasse und auf dem Laimath wur- 
den die Gärten total verwüstet und alles in denselben zerhackt. 
Politische Rundschau. 
Deutschland. Ueber den dem deutschen Kronprinzen zu- 
gestoßenen Unglücksfall meldet ein Berliner Telegramm Fol- 
gendes: 
Der Kronprinz kehrte am Sonnabend Abends 6 Uhr von 
einer Ausfahrt zurück. Der Wagen mit den Kindern des 
Kronprinzen fuhr voraus und pafsirte ungehindert die Wild- 
parkstation, während der kronprinzliche Wagen folgte. Die mit 
einem Drahtzug lenkbare Barriöre war wegen deS ankommen- 
den ZugeS geschlossen, so daß der Wagen deS Kronprinzen 
auf der Bahn und vor der geschlossenen Barriere stand. DaS 
Oeffnen der letzteren gelang jedoch noch vor Ankunft des Zu- 
ges ohne daß der Kronprinz den Wagen verließ oder die Pferde 
die Barriöre zertrümmerten. Der angebliche Unfall ist daher 
unbegründet. 
In Verlin ist der ehemalige preußische Finanzminister v. 
d. Heydt plötzlich gestorben. 
Oesterreich. Der Kriegsminister Freiherr v. Kuhn ist 
auf sein Ansuchen seines Postens enthoben u^d der Statthal- 
ter von Böhmen Freiherr v. Koller zum Kriegsminister ernannt 
worden. Freiherr v. Kuhn tritt in den aktiven Dienst des 
HeereS zurück. 
Der Finanzminister hat einen Erlaß an die Steuerbehörden 
gerichtet, welcher dieselben ermahnt, die in den Zeitverhältnissen 
enthaltenen Schwierigkeiten in Betracht zu ziehen und bei der 
Steuerbemessung insbesondere auf die Verluste und Abschreib- 
ungen Rücksicht zu nehmen und sich aller Chikanen gegen Ge- 
sellschaften zu enthalten. Die in Aussicht gestellten Liquidatio- 
nen der zahlreichen „verkrachten" Aktiengesellschaften, deren 
Beschleunigung vom Ministerium angeordnet wurde, dürften 
recht interessante Thatsachen zu Tage fördern. Man glaubt 
vielfältig, daß sich die Staatsanwälte stark mit diesen unsaubern 
Gründungen beschäftigen werden und ein Wiener Blatt macht 
diesbezüglich folgende Bemerkungen: 
„Wenn die Verwalter einer gewissen Aktiengesellschaft mit 
dem Geftändniß herausrücken müssen, daß von dem eingezahlten 
Aktienkapital nur noch der dritte oder vierte Theil und dieser 
nur in dubiosen Forderungen und zweifelhaften Papieren vor- 
Händen ist — sollte das kein hinreichender Verdachtsgrund fein, 
um die VerwaltungSrathe wenigstens von dem Strafrichter 
verhören zu lassen? Wie oft schon ist ein armer Dienstbote 
in Verhör genommen oder wohl gar verhaftet worden auf die 
bloße Jnzicht hin, daß die Herrschaft plötzlich einen unerklärlichen 
Abgang von Geld oder Werthschaften entdeckte? Nun denn,
	        

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