eS nur am Vorabend einer Schlacht sich zu entfalten pflegt.
Das Feuer sollte heute früh um 9 Uhr Morgens beginnen, i
aber bald kam Gegenbefehl, die Flotte statt ihre Truppen aus- !
zuschiffen steuerte wieder gegen die hohe See und warf Anker!
in der Rhede von Castro Sontonna Die Mißstimmung unter j
den Truppen war in Folge dessen eine sehr große, denn jeder- j
man hatte sich auf das Gefecht vorbereitet und seine letzten !
Anordnungen getroffen. Die Bataillone, die sich schon zum
Sturm gegen die Höhen vorbereitet hatten, bezogen wieder
ihre KontonnementS und bald hatte Somorrostro wieder
seinen gewöhnlichen Anblick gewonnen Vielleicht hat ^ das
Wetter den Gegenbefehl hervorgerufen, denn seit frühem
Morgen fällt ein feiner Regen und ein Nebel läßt die
gegnerischen Stellungen nicht mit Sicherheit wahrnehmen.
Jetzt, Nachmittags, hellte sich der Himmel auf und ließ
die Truppen auf den Höhen deutlich erkennen. Man sah
eine auf dem Berge aufgestellte Batterie einige Granaten gegen
die Karlisten-Batterien werfen. Gegen Abend marschirten die
Truppen von den entfernteren Lagern wieder herein, zwei
Bataillone rücken vor bis zu den ersten Vorposten und besetzen
zwei bisher leer stehende Häuser. Die meisten Häuser sind
von ihren Bewohnern verlassen, die jungen Leute sind bei den
Karlisten, die Frauen und Greise haben sich mit dem Vieh und
einem Theil ihrer Habe in die Wälder geflüchtet. Man kann
sich denken, in welcher Weise die Häuser mißhandelt werden,
Felder und Saaten werden niedergetreten und waS der Fuß
der Soldaten verschont, daS wird von den Pferden und Maul-
thieren abgeweidet, die ganze JahreSernte geht auf diese Weise
zn Grundes DaS HauptnahrungSmittel der Armee wie der
Karlisten ist MaiSbrod, daran aber ist kein Mangel. Auf-
fallend ist die überall zu Tage tretende grenzenlose Sorglosigkeit:
man raucht in den Batterien, man raucht bei den Munitionen,
auf den Posten, kurz überall; und gestern hätte dieser Leicht-
sinn leicht verhängnißvolle Folgen haben können, so blieb eS
bei einer kleinen Explosion. Man läßt jedermann in die Stel-
lungen der Truppen eintreten, man schwatzt und unterhält sich
mit den Fremden als ob alles in dem tiefsten Frieden wäre.
Soldaten balgen sich unter den Au^en der Offiziere um eine
Hand voll Reis, ohne daß einer von ihnen einschreitet. Ist
auch für heute aus dem Eingriff nichts geworden, so wird er
doch jedenfalls morgen oder übermorgen stattfinden. Wann
aber wird der Bürgerkrieg sein Ende finden?
Neue offizielle Telegramme melden jedoch, daß Serrano am
25. März die Karliften angegriffen und dieselben auS ihrer
bisherigen Stellung verdrängt habe. Der Verlust betrug 435
verwundete Soldaten, 17 Offiziere; 15 Soldaten und zwei
Offiziere sind todt. Die Vertheidigung der Karlisten war hart-
näckig.
In Griechenland ist die Anarchie so weit gediehen, daß
König Georg gedroht haben soll, dem Beispiele des weiland
König von Spanien, Amadeus zu folgen und dem Lande der
Hellenen den Rücken zu wenden. In der Kammer erklärte näm
lich einer der frühern Minister, LombardoS, dieß Königthum
sei der Nation antipathisch und sie hege republikanische Ten*
penzen. Diese Worte verursachten eine solche Aufregung unter
dem Volk, daß eS allgemein hieß, die Republik sei erklärt. Erst
alS der König dem Präsidenten den Standpunkt klar gemacht
hatte, wurde am folgenden Tage in der Kammer eine Resolu
tion gefaßt, die Sprache LombardoS' zu mißbilligen, und dieser
selbst that förmlich Abbitte, indem er dem König seine Anhäng-
lichkeit an die Dynastie versicherte.
Volkswirthschastliches.
Der Weinstock und der Wein.
Unter diesem Titel beabsichtigen wir eine Reihe von Aus-
sätzen über den für uMre Verhältnisse äußerst wichtigen länd
wirtschaftlichen Zweig theilS von der Hand berühmter Schrift-
steller, theilS unter Beihülfe inländischer sachkundiger Männer
in der volkswirtschaftlichen Abtheilung unseres BlatteS zu
bringen.
Der Weinstock, so beginnt Dr. Friednch Mohr in seiner
Abhandlung über die Zucht deS Weinstockes und die Bereitung
des WeineS, ist unter den Pflanzen, wie das Pferd unter den
Thieren, eines der schönsten Geschenke der Natur für den
Menschen. Er folgt demselben soweit eS seine Natur gestattet,
in sehr verschiedene Kiimate und ist für alle Mühen, die ihm
gewidmet werden, in der schönsten Weise dankbar. AlleS ist
schön und edel an dem Weinstock, wie am Pferde. DaS zier-
liche Laub, die duftende Blüthe, die schmackhafte Traube füllen
mit ihrer Entwicklung den ganzen KreiS deS Jahres, mit AuS-
nähme der strengen Wmtermonate, auS, und erfordern eine
dauernde und liebevolle Behandlung von der Hand deS Men-
fchen. Der Wein stock wächst in dem steinigten Berge, in de.ch
fetten Garten, auf der Erde liegend und die Höhe eines HauseS
erkletternd. Man kann ihm in der Zucht die Größe eines kleinen
Strauches geben, und ihn wieder zur Bedeckung einer Wand-
fläche von tausend Geviertfußen heranziehen.
Nach dem Klima verändert er seine Natur, und paßt sich
in wunderbarer Weise jedem Lande, welches ihm die nöthige.
Wärme darbietet, an. Mit Leichtigkeit erzeugt er unter dey
Hand des Menschen neue Spielarten, welche sich allen Ver-
hältnissen anschmiegen. Die Manigfaltigkeit der Trauben
so groß, wie die Arten der Hunde. Die Beere von der Größe
einer starken Erbse bis über das Maaß der Kirsche hinaus,
die Farbe wechselnd zwischen grün, gelb, fleischroth, blau und
schwarz. Süße und Säure gemischt in den manigfaltigsten
Verhältnissen, mit Wohlgerüchen dnrchduftet deuten nur unge-
fähr den Umfang seiner Erzeugnisse an.
Die Traube ist das edelste Obst: sie ist süßer als irgend
eine andere Frucht und besitzt jene sparsame Beimischung von
Säure, welche den eigentlichen Wohlgeschmack bedingt. Der
flüssige Inhalt der Beere erhebt sie über den harten Apfel.
ES ist daS einzige Obst unserer Klimate, waS eigentlich ge
trunken und nicht gegessen wird. Und endlich verlängert der
gegohrene Sast der Traube, der Wein, die Zeit dcS Genusses
auf eine Reihe von Jahren hinaus. Deshalb ist die BeHand-
lung deS Weinstocks und des WeineS schon vielfach Gegenstand
menschlichen Fleißes gewesen, unv selbst der Dichter hat'eS nicht
verschmäht sich davon begeistern zu lassen.
Der Weinstock ist eine Pflanze der gemäßigten Klimate. Er
findet sich in der alten Well innerhalb eineS Gürtels, dessen
nördliche Gränze sich vom brittischen Kanal, durch Norddeutsch-
land, nördlich vom schwarzen Meere und dem kaspischen See
bis nach China hinzieht, und dessen südliche Grenze die Kt$$
von Nordafrika bildet bis nach Aegypten, wo die Linie vM
Suez nach der Spitze des persischen Meerbusens überspringt'
und von hier an das Meer nicht mehr berührt, also mit dem
Ausschluß von Arabien, Vorder- und Hinter-Jndien.
Die uns näher betreffende nördliche Grenze der Wein-Re-
gion beginnt an der Mündung der Loire (47 ^0 N. B.) und
steigt dann, vom Meere sich entfernend rasch nordwärts, verläuft
nördlich von Paris bis zum 50° N. B., tritt zwischen Mastricht
und Lüttich nach Belgien, und erreicht bei Bonn den 51sten
Grad.
Sie bleibt nun an den Ufern deS Rheines bis bei Mainz,
wo sie in das Mainthal übergeht, von da nach Thüringen
sich ziehend, berührt sie bei Meißen die Elbe, dann sich durch
! die Lausitz über Guben bis nach Grünberg ziehend, wo sie mit
dem 52sten Grad ihre höchste nördliche Beite auf der ganzen Erde
■ erreicht Von da fällt die Linie rasch nach Süden, Böhmen ein-
schließend. Ueberhaupt läuft die Grenzlinie nicht mit ein^r bestimm-
ten Isotherme zusammen, so daß nicht atk Gegenden von einem
gewissen Jahresmittel der Warme des Weinbaues fähig sind. Der