Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

ES wird geklagt, daß eine Schuldverschreibung im Fürsten- 
thum auf fl. 1000, welche im Jahre lDS8 ---- Kr. 2500 Werth 
gewesen sei. heute nur noHFr 24Ö0 gelte; Venselben Uebel- 
stand Haben die Holländer ailch zu bedchuern, indem sie gleich- 
PllS SWMießliche GjjherwMmtch besitzen (indeß nochMr un» 
fchlüssjß find^ ob ste dieselbe aufgeben sollen) 
Jeder Rtaat mit einheitlicher Währung läuft eben Gefahr, 
daß dasjenige Metall, welches seinem Münzsystem zu Grunde 
liegt, an Werth gegenüber dem anderen Edelmetall verliert — 
hat aber auch die Chance, daß das Umgekehrte eintrete und 
ihm Vortheil bringe ; bei den Ländern mit der Doppelwahrung 
sind aber die öffentlichen Kassen, Fonde und Kapitalisten wahrlich 
nicht besser daran — sondern ist vielmehr der Schuldner per- 
manem begünstigt, indem er im Stande ist, stets mit dem 
Awejlig minderwerthigen Metall seine Verbindlichkeiten abzu« 
tragen, wie wir ja z. B^ jetzt im Rachbarlande nichts Anderes 
als Silber und Banknoten zirkuliren sehen. 
. Bei einer Verschmelzung deS Liechtensteinischen MünzwesenS 
mit dem Schweizerischen könnte wenigstens das Publikum sich 
den dortigen Bank- und Kantonsnoten ganz gewiß nicht ver- 
schließen, eben so wahrscheinlich würde paS Ländchen auch ein 
Ablagerungsplatz für die minderwerthig ausgeprägten 40 Cen 
times, ein und zwei Frankenstücke, alte süddeutsche Groschen 
»»nd Sechser und y i2 , sowie % Thalerstücke, welche ebenfalls 
zur Scheidemünze zählen. » 
Auf der anderen Seite besteht gegründete Aussicht, daß 
nachdem der Hauptbedarf deS Deutschen Reiches an Goldmün 
zen gedeckt sein wird, die Nachfrage nach dem werthvolleren 
Metall erheblich nachlassen wird; zugleich dürfte sich aber in einer 
nicht allzu fernen Zukunft öer Begehr nach Silber erheblich 
steigern, indem einige mit dem Uebel schwankender Papierwäh 
rung behafteten Länder Miene machen, die günstige Gelegenheit 
niedriger Silbernotirung zu benutzen, um stch wieder einen 
stabilen Werthmesser zu schaffen. Gerade die österreichische 
Regierung beschäftigt sich offenbar ernstlich mit diesem Gedan- 
ken, wie ihre Handlungsweise seit sechs Monaten genugsam 
bezeugte. 
In Anbetracht der oben angeführten Umstände hält nun 
ber Schreiber eine abwartende Haltung vorerst für das Atter- 
empfehlenSwertheste, oder aber, wenn Anderes verfügt werden 
sollte, die Einführung deö ganzen MünzgesetzeS tale qusle deS 
deutschen Reiches oder der Frankenstaaten. — Halbheiten könnten 
nur Schaden bringen, weil ste sofort von den Nachbarn be- 
nützt würden, unS mit den mindestwerthigen Münzen zu über- 
schwemmen/ 
Vaterländisches. 
Schaan, 22. Februar. DaS Lok il-HilfSkomite für die 
tzrandbeschädigten in Schaan hat sehr bald nach seinem Zu- 
sammentritt folgenden Aufruf erlassen: 
A u frnf. 
In der Nacht vom 15. d MtS. wurden in unserer, 200 
Wohn- und eben so viel Oekonomiegebäude zählenden Ge- 
meinde 53 Firste deS nördlichen DorftheileS ein Raub der 
Flammen, wobei, da heftiger Föhnsturm den Brand in un- 
glaublich kurzer Zeit auf die ganze Brandstätte ausdehnte, die 
meisten verunglückten FamilienhäuShaltungen buchstäblich nur 
daS nackte Leben retten konnten. 
Das Unglück traf mehrentheilS arme Leute, deren Gebäude' 
niedrig, deren Fahrnisse aber gar nicht versichert waren. 130 
Personen stnd nun obdachlos, ohne Nahrung und Kleidung, 
nahezu 100 Stück deS geretteten BieheS haben kein Futter 
Der Gefammtschaden dürste sich, soweit er bisher ermittelt wer- 
ben konnte, auf mehr als 200,000 Franken belaufen. 
ES ist dies für die kleine Ortschaft Schaan daS dritte 
Branhunglück« seit kaum zwei Deeennien, denn auch in den 
Jahren 1349 und 1860 wurden z&f&mmen 97 Firste ein 
geäschert. 
Leider sind hieaüt nicht alle Unglücksfälle aufgezählt. die 
^ wir aus unserem Dorfe Hl verzeichnen haben. In den Jahren 
1846,1853 und 1855 wurde die Gemeinde von Rheinüber- 
schwemmungen hart betroffen, in den letztverflossenen zwei 
Jahren überschütteten Erdabrutschungen (Rufen) uasere besten 
Felder, und wem von unfern Mitbürgern ist nicht noch die 
Typ^uS-Epidemie vom Jahre 1872 in Erinnerung? 
So lebhaft die Schilderungen des gegenwärtigen Elendes 
in Schaan von einer oder der andern Seite fein mögen, sie 
bleiben doch immer hinter der Wirklichkeit zurück , -r ■ 
Unter diesen Umständen erscheint eS dem unterzeichneten 
HilfSkomite für gerechtfertigt, wenn eS für diese von wiederhol, 
ten Unglücksschlägen hart getroffene Gemeinde, deren Bürger 
noch überdies durch dringende und kostspielig«? Rheinschutzbauten 
in der gegenwärtigen Zeitperiode so sehr in Mitleidenschaft 
gezogen sind, die Zuflucht zur Menschenfreundlichkeit der Be- 
wohner Liechtensteins nimmt, aber auch den Hilferuf über 
die Marken des kleinen Heimatlandes ausdehnt f 
Lebensmittel und Kleidungsstücke, Bettzeug und Mobilien, 
Heu und Streue werden für die Verunglückten und deren ge- 
retteten Viehstand dringend benöthiget. Jede noch so geringe 
Liebesgabe wird ihren dankbaren Abnehmer finven. 
Indem das HilfSkomite an die Mildthätigkeit Jener ap- 
pellirt, welche die Tragweite solcher Unglücksfälle würdigen, 
stellt eS die Bitte zur Einleitung milder Sammlungen und 
um gefällige Zusendung der einlangenden Spenden. 
Schnelle Hülfe bleibt stetS die ausgiebigste. 
Schaan im Fürstenthum Liechtenstein. 
Das Lokal-Hilfskomite. 
Für dasselbe: 
Cb. Wang er, Präsident. 
Zu den Berathungen über die Art und Weise der Gaben- 
vertheilung an die Brandbeschädigten wird das HilfSkomite auS 
jeder Gemeinde deS LandeS . einen Vertrauensmann, der ihm 
von der betreffenden Gemeindsbehörde bezeichnet werden witfy 
herbeiziehen. — 
Mit Befriedigung können wir ferner unfern Lesern mittheilen, 
daß die Blätter unserer Nachbarschaft namentlich: Feldkircher Zel 
tung, Werdenherger Anzeiger, Oberländer Anzeiger, Freie Rhätier 
Ausführliches über daS Brandunglück in Schaan mittheilen und 
den WohlthätigkeitSsinn ihrer Leser für die Verunglückten kräf- 
tig wachrufen Wir fühlen unS den verehrlichen Redaktionen 
der genannten Blatter für diese ThellnahmSbezeugungen zu 
tiefem Danke verpflichtet. 
Baduz, den 23. Febr. (Eingesendet.) Die hiesige Di- 
lettantentheatergesellschaft hat gestern ihren ersten Versuch mit 
den 2 gut gewählten Stücken „Alons-ieur de (Scherz von 
F W Hackländer) und „Eine möblirte Wohnung" (Schwan? 
von Görner) vor einem zahlreichen Publikum vom Stapel ge- 
lassen. Die Aufführung» fand dem Programm gemäß (Nach- 
mittags 3 Uhr unv AbendS 8 Uhr) im Saale des Hrn. Kirch- 
thaler zu Gunsten der Brandbeschädigten in Schaan statt. 
Bor der Aufführung der beiden Stücke wurde folgender vbn 
Hrn. Dr. Albert Schädler gedichteter Prolog deklamirt: 
Wenn Scherz und Schwank im Lustspiel unS ergötzen^ ' 
. So ziemt sich sonst zu scherzen im Prvloge, 
Doch heute soll ein ernstes Bild ersetzen 
DeS Vorspiels heitre FrohsinnSwoge. 
Im Unglück helfen, ist des Christen Streben; 
Auch unser Spiel iß diesem Zweck geweiht. 
Mög' GotteS Segen von den Höhen schweben 
Auf jede Gab', die man den Armen beut. 
Vom wilden Elemente will ich fingen, 
DaS'rasch entfesselt schnell in lichter Gluth
	        

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