Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

Liechtensteinische 

Aweiter Jahrgang 
Vaduz, Freitaz 
Er. 9. 
den 27. Februar 1874'. 
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Die Silberentwerthung und Munzkrisis. 
Der in Nro. 7 unter obiger Aufschrist in diesem Blatt 
erschienene Artikel fordert zu weiterer Erörterung der darin bereg- 
ten Frage auf. Obgleich nun der Einsender keineswegs Anspruch 
darauf macht dieselbe zu lösen oder auch nur nach allen Seiten 
hin erschöpfend zu behandeln, so glaubt er doch auch beilragen 
zu können mehr Licht darüber zu verbreiten. 
Anknüpfend an die Ausführungen jenes Artikels wird hie- 
mit zunächst in Abrede gestellt, daß „nicht das Gold und daS 
„neben demselben staatlich zum Bollwerth garantirte Silbergeld 
„im Werths gestiegen, sondern daS Silber mit den kurfirenden 
„und nicht zum vollen Nennwerth vom Staate Oesterreich ga- 
^rantirten Silbermünze?, im Werth gefallen feien" — und wird 
dem gegenüber behauptet, daß „die österreichischen Silbergulden 
„mir deßhalb entwerthet erscheinen, weil den Silbermünzen im 
„Deutschen Reich durch daS neue Münzgesetz ein höherer Werth 
„beigelegt wurde, a!S ihnen wirklich innewohnt, währenddem 
„in den Staaten der lateinischen Münzkonvention (Schweiz, 
„Frankreich k.) der offizielle Werth der Silbermünzen durch die 
«Doppelwährung künstlich über ihrem Werth aus dem Welt- 
„markte erhalten wird oder in änderen Worten: währenddem 
.der Preis des SilberS auf dem offenen Markte sich zu dem 
„deS Goldes nicht einmal wie 1: tv verhält, liegt den Münz- 
„gesehen in jenen Staaten daS Berhältniß von 1 : 15% zu 
„Grund und eS werden auS einem Zvllpsund Feingold = 1395 
„Mark = 1772% Franken geprägt, währenddem aus einem 
„Zollpfund Feinstlber 30 Thaler, welche bekanntlich =• 90 Mark 
»^schätzt werden und nn 111% Silberfranken, beziehungS- 
„weise 22.222 Fünffrankstücke hergestellt wurden." 
Zum Belege für diese unsere Behauptung mögen noch 
folgende Betrachtungen hier Raum finden. 
Der österreichische Silbergulden steht in genau demselben 
Berhältniß zum öftarr. Achtguldenstück, wie daö silberne Fünf- 
frankenstück zum goldenen Zwanzigfranken, oder wie der Thaler 
oder süddeutsche Gulden zu den Zehn- und Zwanzigmarkstücken 
oder noch deutlicher gesprochen. hundert österreichische Gulden, 
hundert Franken und hundert Thaler in vollwichtigen Silber- 
münzen enthalten genau das fünfzehn und ein Halbfache Ge- 
wicht von hundert Thalern, hundert Franken und hundert öfter- 
teichifchen Gulden in Goldmünzen. 
Welches ist nun der Grund warum für acht österreichische 
Silbergulden nicht ein Goldstück worauf acht Gulden steht ein- 
gewechselt werden kann? Einzig und allein der Umstand, daß 
in Oesterreich daS Berhältniß zwischen Silber und Gold den 
Schwankungen folgt, welche dasselbe auf dem Weltmarkte er- 
fährt und nicht wie in den Ländern mit Doppelwährung oder 
wie im Deutschen Reich (wo dies gegenwärtig wegen des Ueber- 
gangeS auf eine neue Währung unumgänglich nothwendig) ilt 
die Grünzen von 1 : 15Vz gebannt ist. 
Jedermann weiß, daß sich jenes Berhältniß besonders feit 
den großen Ausprägungen von Goldmünzen in Deutschland 
(ca. 1000 Millionen Mark) zu Gunsten des GolbeS verändert 
hat. — Da nun im Deutschen Reich und in den Frankenstaaten 
die dort geprägten Silbermünzen gerade so angenommen werden, 
als ob sich der Preis des GoldeS gegenüber dem Silber nicht 
verändert hätte, so ist offenbar der Werth der süddeutsches 
norddeutschen und Franken —- Silbermünzen erhöht wordet», 
nicht aber der österreichische Gulden herabgesetzt. * 
Der Thaler mit österreichischem Gepräge wird mit der Zeit 
ohne allen Zweifel den Spuren deS Silberguldens folgen —* 
denn auch er wird n i ch t gegen Markstücke umgetauscht werde« 
mt werden erst einmal'die deWW Maler außer Umlauf qe» 
setzt, so wird auch der österreichische den Weg entweder übet 
die Grenze, oder in de»? Schmelztiegel suchen müssen. 
Der UeberganH deS deutschen Reiches auf die Goldwährung 
ist eS lediglich, durch den der öfterr. S'lbergulden in Mißkredit 
gebracht worden ist. Infolge dieses UebergangeS vertheuerte 
sich nämlich das Gold gegen Silber, und mußte das deutscht 
Publikum gewarnt werden, daß eS sich durch die fernere ÄA 
nähme des österreichischen SilberguldenS, wie überhaupt fremder 
Silbermünzen Verlusten aussetze (waS dadurch geschah, daß 
man diese von den öffentlichen Kassen ausschloß) indem diest 
fremden Sllbermünzen eben nicht gleich den eigenen im 
GewichtSverhäliniß von 1 : IStyi und im Werthverhältniß von 
zehn Thalern m dreißig Mgrk eingelöst zu werden bestimmt 
sino. Durch die Währungsveränderung in Deutschland bleiben 
dreißig österreichische Gulden zwar immer noch zwanzig Thaler, 
nach deren innerem Silber-Gehalt, Werth, dagegen aber nicht 
nach deren ZukunftSgehalt von sechzig Goldmark. 
Wenn ver Einsender R sagt, daß für ein österreichisches 
Goldstück im Rennwerthe von fl 8.~ oder Fr 20.— in österr. 
Stlbenzulden fl 8 40 bezahlt werden müsse, so hat eS zwar 
damit feine volle Richtigkeit Da 4ber der Silbergulden als 
feste Münzeinheit, also nicht eigentlich als daS unveränderliche 
Maß, an welchem Veränderungen der anderen Dinge bemessen 
werden, zu betrachten ist,' so kann.man demnach nicht den FaA 
umkehren und sägen: derselbe fei nur 95 Kreuzer Gold Werth. 
So lange Gulden und Kreuzer bestehen, muß schon auS for- 
mellen Rücksichten darauf gehalten werden, 00 Kreuzer 
(d e ja nichts anderes find als eento oder Hundertstel) stetS einM 
Gulden ausmachen, im anderen Falle würde, eine heillose Ber- 
wirrung angerichtet werden, denn jene RechnungSweise hängt 
so innig mit dem Dezimalsystem zusammen, daß den Gulden 
auf 95 kr. herabsetzen, beinahe gleichbedeutend wäre mit der 
Umänderung der arithmetischen Rechnungseinheit» in 95 /|oo*
	        

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