Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

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ttett sie im nächsten Frühling wieder an der Oberfläche des 
WasserS; neue Arten wie die Schachtelhalme („Katzenschwänze") 
der „Knosp", die „Entenrutbe", und andere finden sich zur 
Gesellschaft ein, und eS entsteht aUmähtig ein ganzes Wasser- 
tväldchen; in dessen Zweigen sich die Vögel wiegen und Nester 
bauen und mannigfaltiges Leben sich regt. Im Laufe der Zeit 
wird dann die freie Bewegung deS Wassers durch die versun- 
kenen Pflanzen gehindert ; eS bildet sich auf der Oberfläche ein 
breiartiger Schlamm aus niederen Wasserpflänzchen, und bald 
find auch die reichlichen Moose da, um sich anzusiedeln. Unter 
diesen zeichnen sich besonders die verschiedenen Arten des grau- 
grünen „Torfmooses" aus, welche oft fußlang werden, dichte 
Polster bilden und, während sie unten absterben, oben nach- 
wachsen. JedeS Jahr entsteht so eine neue Pflanzendecke, die 
größtentheilS im Spätherbst wieder abstirbt und versinkt. Unter 
dem Wasser verfault und vermodert sie nicht eigentlich, da der 
zur Verwesung nothige Sauerstoff der Lust nicht hinzutreten 
kann; die Veränderung die mit den Pstanzenresten vorgeht, ist 
mehr ein nasses Verkohlen unter starker Entwicklung von (Hu- 
MUS-) Säuren. So füllt sich allmälig die Untiefe mit diesen 
verkohlenden Massen und dem massenhaften Wurzelgeflechte der 
lebenden Pflanzen gänzlich auS, und die unteren Lagen werden 
durch den Druck des WasserS und der oberen Schichten mehr 
oder minder zusammengepreßt. Hat die Masse die Höhe 
deS Wasserspiegels erreicht, so hört die Torfbildung auf. ES 
wachsen zwar fortwährend noch Sumpfpflanzen auf dieser Un 
terlage ; allein, wenn sie absterben, so vermodern sie unter dem 
Einfluß der nun nicht mehr durch den Wasserspiegel abgesperr- 
ten Luft vollständig und bilden nicht mehr Torf sondern Hu- 
muS und Dammerde. JedeS Torflager hat deßhalb einen 
solchen Deckel von HumuS oder „Turbenerde." 
Wie lange eine solche Torfbildung zu ihrer Entwicklung 
braucht, hängt von verschiedenen Umständen, namentlich auch 
von der Tiefe und Ruhe deS Wassers ab. Seichtere Stellen 
mit reichem Pflanzenwuchs füllen sich natürlich rascher, und 
man rechnet, daß eS 100 Jahre bedarf, um eine fußdicke Schicht 
zu bilden. In warmen Landern mit üppigem Pflanzenwuchs 
geht die Torsbildung viel rascher vor sich, findet sich aber 
seltener. 
Wir treffen oft mitten im Torfe oder auf dem Grunde deS 
MooreS Eichen und Fichtenstämme an, welche durch merkwür 
dige Vorgänge so tief bedeckt wurden. Wird in einer Wald- 
ebene der Wasserabfluß durch irgend einen Zufall gehemmt, so 
staut sich oft daS zufließende und nun stehen bleibende Wasser 
auf. ES durchweicht den Boden; der fühere PflanzenwuchS 
erstickt und hört auf, Sumpfgewächse siedeln sich an, die Bäu- 
me sterben ab und sinken in den Sumpf, in dem sie ebenfalls 
nur verkohlen, nicht vermodern können, und über ihren Leichen 
schreitet die Torfbildung bis zum Wasserspiegel fort. 
In Sümpfen und Morästen können wir häufig noch die 
Bildung von Tors in voller Kraft beobachten, und diese sich 
bildenden Torflager bilden für unsere Nachkommen eine Spar- 
kasse von Brennstoff, — und zwar eine sehr werthvolle. In 
einer Juchart der Torfbildung überlassenen BodenS bildet sich 
durchschnittlich mehr Kohlenstoff, resp Brennstoff (etwa 15 
Zentner jahrlich), als in einer Juchart Wald (ca. 10 Zentner.) 
? Und was ist nun mit dem abgestochenen Torffelde zu thun? 
ES wüste liegen zu lassen, wie eS meistens geschieht, tragt 
nicht viel ab. In sehr vielen Fallen läßt eS sich sogleich in 
eine kostbare Streuewiese umwandeln. DieS geschieht so: Wenn 
man an die Ausbeutung des Torfmooses geht, so sticht man 
zuerst die obere Rasendecke ab und legt sie auf die Seite; 
dann gräbt man die Schicht Torferde unter dem Rasen ab und. 
bringt sie ebenfalls auf die Seite. Ist dann das Torflager bis 
auf den stehenden Wasserspiegel ausgebeutet, so wirst man die 
Torferde gleichmäßig, über die Flächen und deckt den zuerst ab- 
gehobenen Torfrasen ordentlich darüber. In kurzer Zeit siedeln 
sich hier die hohen Seggen, Spaltgräser und Binsen an und 
bilden in dieser künstlicher» Rietweise oft schon im ersten Jabre 
einen bedeutenden Streuertrag. Noch sicherer aber geht man, 
wenn man daS so zubereitete Streuland gleich mit Setzlingen 
von Spalt (der dunkelgrüen, breitblätterige sogen wälsche Spalt 
ist der beste), welche leicht aus feuchten Wiesen mit der Hacke 
auszuheben sind, auf 1*4' Abstand bepflanzt, worauf nach 
zvenigen Jahren der ganze Böden dicht mit Spalt bewachsen 
ist, der den reichsten Ertrag unter allen Streuepflanzen ab- 
wirft. 
* Zur Warnung. Ein Unfall, der wieder zur höchsten 
Vorsicht mahnt, hat sich in der Nacht vom Donnerstag zum 
Freitag in einem Hause der Linienstraße in Berlin zugetragen 
und hätte unter Umständen tödtliche Folgen haben können. 
Der Kaufmann H. kam etwa um 2 Uhr Nichts nach Haufe 
und fand seine Frau auf dem Bett liegen, schwer stöhnend und 
ohne Bewußtsein. Sie hatte ihren Mann erwartet und sich 
schließlich müde auf's Bett gelegt, nachdem sie vorher die Petro 
leumlampe bis auf ein Minimum heruntergeschraubt. Diese 
Angewohnheit haben viele Frauen, und wenn in diesem Falle 
auch die schleunige Hilfe der Hausbewohner größeres Unglück 
verhütet hat, so wollen wir nur bemerken, daß bei herunter- 
geschraubtem Dochte, besonders wenn das Petroleum schlecht 
ist, sich im Zimmer ein Dunst verbreitet, der, gemischt mit 
schwarzen Rußflocken in Unzahl, sich so aus Augen, Nase, 
Athmungsorgane legt, daß man beim Einnickeil Gefahr läuft, 
in bester Form zu ersticken. Tage lang nachher hat man 
Drücken im Kopf und das Luftholen wird schwer ; der Versuch 
von einer Stunde wird den Ungläubigen zeigen, wie Tischtücher, 
Gardinen und alle andern Sachen sich mit Millionen kleiner 
schwarzer Stäubchen bedecken. ES ist also rathsam, entweder 
die Lampe stetS hell brennen zu lassen oder ganz auszulöschen. 
* In Dänemark soll die Fabrikation von PhoSphor-Reib- 
hölzern und der Handel mit denselben verboten werden Vom 
Neujahr 1875 an sollen nur Reibhölzer, welche auf besonderen 
Streichflächen angezündet werden können, in Dänemark her- 
gestellt und eingeführt werden, und nach dem 1. Juli 1875 
sollen die solcherweise verbotenen Reibhölzer auch nicht mehr 
im Handel vorkommen. Von 32 Vergiftungsversuchen, welche 
seit 15 Jahren zur Kenntniß der dänischen Gerichte gelangten, 
sind 18 mit Phosphor-Reibhölzern und 5 mit Phosphorpillen 
gemacht worden, und was die Feuergesährlichkeit der Phosphor» 
Reibhölzer betrifft, so rechnet man, daß etwa sechs Prozent 
aller FeuerSbrünste durch Reibhölzer entstanden sind. 
* Als vor einiger Zeit die österreichische Armee auf ihre 
Schulkenntnisse geprüft wurde, konnten von 561,000 Soldaten 
nur 54,000 lesen. Unter 100 ungarischen Husaren waren 
im Durchschnitt nur 4, unter 100 Uhlanen nur 1 bis 2 im 
Stande zu lesen Von 10,000 Kaiserjägern auS Tirol konnten, 
die Offiziere abgerechnet, nur 46 schreiben. 
* Weise Warnung. „Ich rath' Ihnen, Herr Bitter- 
lich, geh'nS nicht in das Bad, Sie wäre'n dort gefressen." — 
„Wie so denn?" — „'S steht in meiner Reisebeschreibung; 
da heißt'S: Die Einwohnerschaft nährt sich meist von den Baye- 
gästen." 
* Ein unternehmender Aankee läßt gegenwärtig ein 250 
Ellen langes Piano bauen, auf welchem 250 Pianisten spielen 
sollen.
	        

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