Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

fühlte sich ganz entzückt dadurch, daß ihr der Geliebte nun so 
nahe war und gab stch auch nicht die geringste Mühe, dies zu 
verheimlichen; ^der Lieutenant schwamm auf einem Meere von 
Glückseligkeit und hütete sich wohl, eö dadurch zu trüben, daß 
er sein Wagestück verrieth — er konnte dies schon mit Rück 
sicht auf die zwischen Herrn v. BomSfeld u. dem General be- 
stehende Freundschaft nicht gut thun, laber die Geschichte vom 
Pilz gab er doch zum Besten', und sie wurde allseitig belacht. 
Selbstverständlich wurde er eingeladen, die Nacht und den 
folgenden Sonntag über auf dem Gute zu bleiben und nahm 
dies auch recht gern an. 
„ES ist fatal," meinte Herr v. BomSfeld', „daß ich für 
morgen gerade meinem alten Nachbarn und Freunde B. daS 
Versprechen gegeben habe?, ihn zu besuchen, was mich Ihrer 
Gesellschaft entziehen wird, lieber Rohrbach; aber gegen Abend 
kehre ich bestimmt wieder zurück und ich denke, Sie können eS 
auch mit Ihrer Dienstpflicht vereinigen, bis Montag früh bei 
uns zu bleiben." 
2„0, bis G. habe ich ja nur einen Katzensprung!" erwie- 
derte der Lieutenant sehr bereitwillig. 
Er freute sich heimlich, daß er Gelegenheit haben werde, 
mit Emma recht ungestört allein zu sein, zund die drei jungen 
Madchen freuten stch auch. 
Nach einem vergnügt verlebten Abende schlief Lieutenant 
v. Rohrbach ganz vortrefflich auf BomSfelde und träumte nicht 
einmal von seinem grieSgrämlichen Kommandanten. Als Herr 
v. BomSfeld am anderen Morgen abgefahren waa, frühstückte 
er seelenvergnügt mit den drei jungen Damen, unteAett stch 
auf das Beste und fand nach dem .Mittagessen wirklich die er- 
sehnte Gelegenheit, sich unter vier Augen ganz offen mit Em- 
ma auszusprechen. 
ES gab eine sehr rührende, aber schließlich vollkommen be- 
ftiedigende Seene. Emma, ein blondlockiges und blauäugiges, 
sehr sanftes Mädchen mit einem Herzen voll wahrer Liebe, 
deren Billigung sie von Seiten aller Angehörigen gewiß sein 
durste, schloß den schönen und heiligen Bund für das Leben 
an Rohrbach'S Brust, die ihr ebenfalls die wärmsten u. besten 
Empfindungen zutrug; sie überraschten .mit dieser offenen Er- 
klärung nicht sehr die Schwestern, und Alle freuten sich auf 
die Rückkehr deS guten Vaters. 
So saßen sie, als die Dämmerung schon ziemlich tief ein- 
gebrochen war, noch munter plaudernd beisammen in einem 
z'u ebener Erde deS HauseS gelegenen Salon, dessen Thüren 
sich im Sommer auf den Garten öffnen ließen, der jetzt aber 
von behaglicher Wärme, welche ein großes offenes Kaminfeuer 
verbreitete, überströmt wurde. Julie, die zweite Schwester, die 
ernstere 'und stillere Neigungen besaß wie die beiden anderen, 
war soeben erst von einem Krankenbesuche zurückgekehrt, den 
sie im Dorfe abgestattet, und hatte Hut und Shawl auf einen 
Seitentisch gelegt, um stch bei den Anderen niederzusetzen. 
Der Lieutenant erzählte auch gerade eine sehr interessante 
Geschichte, nämlich die von dem abgeschlagenen Urlaube, den 
er sich nun selbst genommen hatte; er gab sich wohl der klei- 
nen Eitelkeit hin, Emma den Beweis zu liefern, welche Wag- 
nisse alle er für sie zu unternehmen bereit sei. 
Die Mädchen kannten den alten eisernen General auch, 
daher beunruhigte sie der Streich deS Lieutenants einigermaßen; 
besonders fürchtete Emma bedenkliche Folgen, Hulie sah ganz 
ängstlich vor sich hin, und nur der fröhliche Backfisch, Louise, 
klopfte in die Hände und freute sich darüber, daß der Schwa- 
ger - daS Mädchen ließ es sich einmal nicht nehmen, seit 
einigen Stunden Rohrbach, der sie darin noch ermuthigte, so 
zu nennen — den Alten so hübsch angeführt habe. Der Lieu 
tenant lachte auch herzlich, sowohl über „den Schwager" wie 
über den General. 
„Wenn eS nun aber ein unglücklicher Zufall so fügen 
sollte, daß er Deine Abwesenheit entdeckte?" fragte die liebende 
Emma besorgt. * 
„ Das ist beinahe unmöglich; der Sonntag bringt keinen 
Dienst mit sich, von Kirchenparade und Paroleausgabe habe 
ich mich schon bei meinem Hauptmann freigemacht, u. schlimm- 
sten Falles gelte ich für krank." 
„Krank? welch' frevelhaftes Spiel würde daS fein!"j 
„Nun, der Schwager kann ja sagen, eS habe ihm am Her 
zen so wehe gethan!" rief lachend der vorlaute Backflsch. 
„Za, das könnte bis heute Mittag passen," entgegnete 
Rohrbach heiter, „seitdem kann ich diese Unwahrheit aber nicht 
mehr auf mich nebmen. UebrigenS müßte die Verlobung AlleS 
wieder gut machen, denn der Alte ist ja auch ein Freund 
EureS HauseS." 
„Ich fürchte nur, daß er feine Dien ststrenge über die Freund- 
schast stellen würde," bemerkte Julie sehr treffend. 
„Um deS Himmels willen', theurer Kart," sagte Emma, 
sich innige an den Geliebten schmiegend — „wie schwer dürfte 
er Dich wohl schlimmsten Falles bestrafen?" 
(Fortsetzung folgt.) 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: Dr. Rudolf Schädler^ 
Nichtamtliche Anzeigen. 
Spinnerei Weingarten 
in ltaTcnsburgr 
auf der letzten Wiener Weltausstellung 
durch die fortsokfittsme6sills ausgezeichnet, 
verarbeitet fortwährend gegen billigen Lohn 
Flachs, Hanf und Abwerg 
zu vortrefflichem Garne und vorzüglicher Leinwanv. 
Vom 1. Oktober 1874 an bezahlt die Spinnerei 
die Eisenbahnfrachten her und hin und der Spinnlohn 
beträgt 12 Pfennige neues ReichSgeld für 1 Schneller 
von 1000 Metern Fadenlänge mit billiger Fehler- 
grenze. 
Die Weblöhne find verschieden und richten sich nach 
Breite und Qualität dev Webwaare. 
Nähere Auskunft ertheilen und besorgen 
Sendungen an obgenannte Spinnerei: 
I. Biedermann z. deutschen Rhein in Bendern. 
Ferd. Walser in Schaan. 
Andreas Nigg in BalzerS. 
Heinrich Rohrer, an der Bahnhofftraße in BuchS. 
Andr. Lehn Heer zum Brau in GamS. 
ZWrmometerstand nach Reanmnr in Vaduz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterung. 
Nov. 11 
+ i J /4 
+ 3 
+ 
trüb, etw. Reg. 
. 12. 
0 
+ 
~ % 
fast trüb, Schnee 
. 13. 
- 43/ 4 
+ 2 V 4 
— 2 
hell. 
. 14 
— 4 
- 1% 
— 1 
trüb, Schnee. 
„ 15. 
- 1% 
+ i 
— 2 
halbhell. 
Y 16 
— l*/2 
0 
-j- 3 
trüb, schneit. 
. 17. 
+ 1 
+ 3 
-j- 3 V4 
trüb, Reg., Sturm. 
Telegrafischer Kursbericht von Wien. 
18. Nov. Silber . . . . . . . . . . 104.70 
20-Frankenstücke . . . . . . . 8.89 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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