Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

sondere noch den Offiziersburschen auszuzeichnen pflegt, durch- 
auS nicht an sich, sondern an seinen Offizier. 
„Nein, Friedrich," erwiederte heiter der Lieutenant auf ! 
die Frage seines Burschen — „wir bleiben einstweilen noch 
bei den Schwammklopfern, aber ich bin nach der Festung G. - 
zur vierten Kompaguie kommandirt worden, und Du gehst na- - 
türlich mit mir." 
Auch das war Friedrich als guten Soldaten recht, nur 
vermochte er nicht ganz zu begreifen, warum sich sein Lieute- 
turnt so unmenschlich auf die Festung G. freute, denn in 
Festungen, zumal so kleinen, liegt der Soldat doch gerade 
nicht gern. 
„Jetzt ist eS 1 Uhr Mittags," fuhr der Lieutenant fort, 
ohne sich weiter um die Ansichten seines Burschen zu beküm 
mern; „um 4 Uhr fahre ich mit der Post nach G. ab, wie 
eS der Regimentsbefehl besagt, und morgen kommst Du. mit 
dem Schimmel nach. ES find 8 Meilen, und ihr müßt zu 
Abend da sein; richte Dir danach AlleS ein, wie Du willst, 
hole bei Zeiten die zwei Hemden, die noch bei der Waschfrau 
find, ab, und um 3 Uhr muß mein Koffer auf der Post sein. 
Auch bestelle mir sogleich den Barbier." 
DaS war so die militärische Kürze, und Friedrich verstand 
sie. Der Barbier wäre eigentlich überflüssig gewesen, aber der 
Herr Lieutenant hatte „sogleich" gesagt, und dieser niedrigste 
Jünger deS AeSculap erschien nach Verlauf von 10 Minuten, 
um an Kinn und Oberlippe den weichen Flaum für min- 
bestens 14 Tage mit der Versicherung kunstgerecht abzunehmen, 
daß der Herr Lientenant einmal einen sehr schönen und vollen 
Bart bekommen würden 
Um 4 Uhr fuhr Herr v. Rohrbach kreuzvergnügt mit der 
Post ab,, nachdem er noch am OffizierStische mit dem besten 
Appetite gespeist und von den guten Kameraden Abschied ge- 
nommen hatte. Warum er so kreuzvergnügt war, in eine enge 
Festung gesteckt zu werden, die eigentlich nur die beherrschende 
Citadelle einer Mittelstadt bildete, errieth wenigstens ein Theil 
seiner Kameraden und gratulirte ihm dazu. 
G. war allerdings ein verrufenes Loch, wie der Kamerad 
allgemein urtbeilte, aber anderthalb Meilen davon entfernt 
lag daS prächtige Rittergut BomSfelde, und der alte Herr 
V. BomSfeld erfreute sich neben anderen reichlichen Nachwuch 
ses seiner Familie auch einer sehr hübschen und liebenSwürdi- 
gen Tochter von 20 Jahren, die er, ein Wittwer, aber noch 
sehr lebenslustiger Mann, häufig auf die Bälle der Garnison 
geführt hatte. 
Lieutenant v. Rohrbach galt als begünstigter Tänzer und 
Cöurmacher Emma'S v. BomSfeld — und das Uebrige dürfte 
sich von selbst ergeben. Er war auch schon wiederholentlich 
nach BomSfelde eingeladen worden und dort gewesen; da daS 
Gut indessen so weit von feinet jetzigen Garnison entfernt lag, 
ließen sich diese Besuche nicht so häufig machen, wie er" wohl 
wünschte. Nieniand zweifelte, daß eS auf BomSfelde yäch- 
fienS eine Verlobung gebett werde, auch Lieutenant v. Rohr 
bach nicht. 
Wenn eS den jungen Offizier, der neben dem Herzen voll 
Liebe auch eine gute Portion Ehrgeiz besaß, nun auch ein 
wenig niedergehrücktHatte, daß sein Regiment bei dem bevor- 
stehenden Kriege nW sofort in Aktion treten sollte, was spä 
ter immer noch zu hoffeti utib ju erwarten war, so kam ihm 
däS dreimalige Hurrah, mit dem er feilte Versetzung nach G. 
begrüßt hatte, fcodjf jedenfalls auch aus glückvollster Seele. 
Für seinen leichtfüßigen Schimmel, den ihm seine Verhältnisse 
eigentlich bloS zum Vergnügen zu halten erlaubten, müßten 
die anderthalb Meilen von G. nach BomSfelde bloS ein Katzen- 
sprung sein, und er gedachte, ihn den letzteren recht oft machen 
ju lasset?. —— , - 
Mitten In der Nacht rasselte die gelbe Postkutsche über daS 
schlechte Pflasterin^die Stadt G. hinein) und da die darüber 
thronende Festung allnächtlich ihre Thore verschloß, mußte' 
Herr v Rohrbach fich bequemen, einstweilen in einem Gast- 
hause abzusteigen, wo er nach einigen Stunden wiedet ebenso 
süß wie früher träumte. Als eS dann heller Tag geworden 
war — wir befinden uns in der ersten Hälfte deS Novem 
bers — warf fich der Lieutenant mit Hilfe deS Hausknechts 
in den ordonanzmäßigen WichS und wanderte zu Fuß, in ttfr 
mangelung dort noch nicht landesüblicher Droschken, den etwa 
halbstündigen Weg zur Festung bergan. 
Obgleich eS kein recht heller und freundlicher Tag war, 
erblickte er um sich her doch nur Sonnenschein, der aus sei- 
nem Herzen widerstrahlte, und brummte ein fröhliches Lied» 
chen vor sich hin. Er ahnte auch nicht, daß er irgend wel 
chen unangenehmen Verhältnissen entgegengehen könne; „deS 
Dienstes immer gleichgestellte Uhr" war auf G. zweifellos die- 
selbe wie in der alten Garnison, nnd bei vom Stabe detachir- 
ten Kompagnien pflegte sie noch ein bischen gemächlicher zu 
gehen. 
(Fortsetzung folgt.) 
Verantwortlicher Redakteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler. 
Nichtamtliche Anzeigen. 
Mühle-Verkauf. 
In Folge Einrichtung eines andern Geschäftszweiges ver 
kauft der Unterzeichnete seine Mühle mit 3 Mahlgängen zum 
Abbruch unter sehr günstigen Bedingungen. 
Heinrich Schwarz in Buchs. 
Ein tüchtiger Knecht 
findet sofort Anstellung bei gutem Lohn. 
Wo? sagt die Redaktion dieses Blattes. 
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 16. Okt. 
Der halbe Metzen 
beste 
mittlere 
geringe 

fl 
kr. 
1 fl 
kr. 
fl. 
kr. 
Korn . . . . . 
3 
40 
1 3 
15 
3 
05 
Roggen . . . . 
2 
80 
2 
60 
2 
50 
Gerste 
o 
70 
2 
50 
2 
30 
Türken . . . . 
2 
80 
2 
50 
2 
20 
Hafer . . . 
1 
70 
1 
60 
1 
50 
Thermometerstand nach Reaumnr in Badnz. 
Monat 
Morgens 
7 Uhr 
Mittags 
12 Uhr 
Abends 
6 Uhr 
Witterun g. 
Oktob. 
14 
+ 5 
+12 
+ 8% 
hell. 

15. 

+16 
+ 13% 
fast hell, Föhnst. 
» 
16. 
+12 
+17% 
+13% 
fast bed., Föhnwd. 
ff 1 
17 
+12 
+20 
+12% 
fast hell, w 
ir 
18. 
+ 9 
+16^ 
+11% 
halbhell. 
rr 
19 
+13 : 
+20 
+13 
W, Föhnwd. 

20. 
+ 8% 
+ 16 
+H 
halb hell. 
Telegrafischer Kursbericht von Wien» 
21. Oktob. Silber . . . . . . ... . 104.40 
20-Frankenstücke . . . ... . 8.87^ 
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.
	        

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