Liechtensteinische
Vaduz,
Nr. 5.
den 30, Jänner 1874.
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Vaduz; den 27 Jänner. Wir haben heute einen sehr
bedauernSwerthen Unglücksfall zu verzeichnen / welcher einen
achtbaren Bürger von Vaduz, Thaddäus Wächter, betroffen
hat. Derselbe wurde letzten Freitag Abend im nahen Schwe
felwalde unterhalb deS Bergweges, da wo er über einen Fel-
senvorsprung führt, in einem Holzriese todt gesunden. Der
Verunglückte hatte sich TagS zuvor nach Triesenberg begeben
und sich dort gegen Abend in der Mrthschaft deS Herrn Jo-
Hann Schlegel aufgehalten; trotz wiederholter Abmahnung von
Seite des GastwirtheS, welcher den alten schwächlichen Mann
in der finstern Nacht nicht fortlassen wollte, habe er allein den
Heimweg angetreten Und ist sehr wahrscheinlich an der Weg-
stelle, um welche er gefunden wurd?, neben den Weg
men und über den erwähnten Felsen heruntergestürzt.
AuS Rüg gel erfahren wir über einen Zufall, welcher
glücklicher Weife nicht den schlimmsten Ausgang genommen
hat, Folgendes: ä
Dienstag den 20. d. M. waren mehrere Männer von Rüg-
gel in der Gegend der Gampriner Mühle mit dem Schlagen
einer Brücke über den Rhein beschäftigt; 3 Männer standen
auf einem Bockgerüste und trieben Pfähle in das Rheinbett;
da brach auf einmal das Gerüste zusammen und alle 3 Ar-
beiter verschwanden im Rheine , hatten aber bei ihrem ersten
Auftauchen auS dem Wasser noch Geistesgegenwart genug,
einen mitgefallenen Holzbock zu ergreifen und stch an demselben
fest zu halten. So ging nun die Fahrt in der kalten winter
lichen Fluth deS Rheines bis gegen Ruggel, wo die Verun-
glückten von einem kleinen Schiffe, welches zum Glück in der
Nähe der Unglücksfalle lag und von der übrigen Mannschaft
schnell flott gemacht worden war, eingeholt und an Bord ge-
bracht wurden. Weitere schlimme Folgen soll diese unfreiwillige
Wasserfährt, wie wir bis heute erfahren, nicht, nach stch ge-
zogen
Politische Rundschau.
Deutschland. Die Nordd. Allg. Zeitung, daS Organ
Bismarcks, hüt in jüngster Zeit einen Artikel vom Stapel ge-
lassen, der in ganz Europct bedeutendes Aufsehen erregt hat.
Derselbe spricht von dem Verhältnisse zwischen Deutschland und
Frankreichs; ein Widerspruch rein französischer und deutscher
politischer Interessen sei nicht vorhanden, sondern die Friedens-
aüSsschten hingen davon ab, wie sich die französische Regierung
zum. UltramontanismuS stelle. Die Friedensaussichten seien ver-
loren, wenn die französische Politik sich den weltlichen Zwecken
des PapstthumS dienstbar mache. —
Zm preußischen Abgeorhyetenhause fqnd bei Wlaß der 3.
Lesung deS CivilehegefetzeS ei^ lehr bMerkensWMer^ZÄMeyAll
ßatt, indem der Reichskanzler, Fürst . BiSmar'ck^ wie.'er
lich zu thun pflegt, ganz unerwartet in .Pas HauS eintrat.
Hatte er daS letztemal mit dem alten v. Merlach einen p^rsöN-
lichen Strauß auSzusechten gehabt, so wandte er sich dieses
Mal und in weniger glimpflicher Weise gegen einen der bedeu
tendsten Vertreter der Centrumspartei, nämlich Mallinckrodt.
Das Intermezzo hatte mit dem Entwurf über die Eivilehe nichts
zu schaffen, vielmehr bezog eS sich auf jene feiner Zeit in d?n
Zeitungen zur Genüge besprochenen Beschuldigungen in Lamar-
moras Buche gegen Bismarck, dem darin bekanntlich vorge
worfen worden war, er hätte in einer Unterredung mit dem
italienischen General Govone eine Abtretung deS linken Rhery-
tif&cä-m* Frankreick m .Mallinckrodt ; hotte
diesen Abschnitt deS Büches in seiner Rede angeführt und gr-
äußert, er halte ihn für wahr. Dagegen erhob sich nun Bis-
marck in den stärksten Ausdrücken: er nannte die Behauptung
„Lüge, und Verläümdung" und dem unglücklichen Mallinckrodt
blieb nichts Anderes übrig, als die Pfeile' auf seinen GewährS-
mann Lamarmora abzulenken.
i tniiiiM
Oesterreich. Im österreichischen ReichSrathe in Wien ist
am 21. Januar von der Regierung ein Gesetzentwurf üher
Regelung der äußern Rechtsverhältnisse zwischen' der kathokiWn
Kirche und dem Staate eingebracht : worden. Das ganze ent-
hält 4 EingangSartikel und 58 Paragrafen. Der erste Ar
tikel enthält folgendes: ^ ^
„Zur Erlangung von kirchlichen Aemtern und Pfründen
wird von Staatswegen erfordert: der Besitz der österreichischen
Staatsbürgerschaft, ein in sittlicher und staatsbürgerlicher Hin-
ficht vorwurfsfreies Verhalten, sowie die in den StaatSgesetzen
vorgeschriebene besondere Befähigung (5 1)." Die §§ 2, 3
und 4 handeln von der Besetzung der kirchlichen Aemter
Pfründen. In Fällen der freien Perleihung oder einer nicht
vom Kaiser oder von den lqndeSfürstlichen Behörden auSgeh-
enden. Präsentation hat der Bischof die für das erledigte Kw-
chenamt äuSersehene Person der LandeSbehÄrdeanzüzeig^en. Wird
von der LandeSbehöxbe binnen 30 Tagen nach geschehemr An-
zeige keine Einwendung erhoben, so steht der Jnstituirung teS
betreffenden Geistlichen nichts im Wege. Gegen die Ginwen-
dung der Landesbehörde steht dle Berufung an den EultuS-
minister offen. Wird derselben nicht Folge gegeben, so därf
die Jnstituirung nicht stattfinden. (8 5). § 6 handelt von
der Investitur der auf kirchliche Aemter und Pfründen er-
nannten Personen. In demselben Paragraf heißt eS: „Mnn
ein Inhaber eines kirchlichen Amtes oder einer kirchlichen
Pfründe verbrecherischer oder sonst strafbarer Handlungen schul-
dig erkannt worden ist, und wird die von der Regierung ver-