Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

Liechtensteinische 
Aweiter Jahrgang 
Vaduz, Freitag 
Nr. 40. 
den 2. Oktober 1874. 
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ewrden franeo erbeten an die Redaction in Vaduz. 
Vaterländisches. 
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte. 
(Fortsetzung.) 
26 Die Herren v. Schellenberg. 
Bisher haben wir vorherrschend nur dasjenige Geschlecht 
berücksichtigt, welches die Herrschaft Vaduz inne hatte, weil 
dasselbe die bedeutendste Rolle in unserm Lande u. unserer Nach- 
barschast spielte. Nun ziemt eS sich aber auch, den Leser kurz 
in die Geschichte der übrigen Herren- und Adelsgeschlechter 
unseres Landes einzuführen. Hiebei wollen wir mit dem Ge- 
schlechte derer v. Schellenberg beginnen, da ihr Gebiet eine 
eigene Herrschaft bildete, welche bis heute ihren eigenen Na- 
men bewahrt hat. 
^ Die Herrschaft Schellenberg besteht aus einem fruchtbaren 
Hügel Mischen dem Rhein und der Jll. Er steigt von Ben- 
dern staffelförmig an und bildet dann in der Mitte eine Ver- 
tiefung. Von diesem staffelförmigen Ansteigen soll der roma- 
nische Name Loslaemont stammen, der dann in Schellenberg 
umgewandelt worden. Auf dem Rücken deS Hügels, über den 
in alten Zeiten die Straße nach Feldkirch ging, steht die weit- 
hin sichtbare Ruine Neuschellenberg. Unweit derselben, ob dem 
Dorfe Ruggel lag die Burg Altschellenberg, von der nur noch 
spärliche Ruinen erhalten sind, und welche die Stammburg 
der Herren v. Schellenberg war. DaS Alter und die Ab- 
stammung dieses Geschlechtes sind nicht hinreichend bekannt. 
Der Geschichtschreiber Guler sagt in seiner Raetia: Schon zu 
den Zeiten deS^KaiserS Heinrich I. (918—936) habe ein Rit 
ter Georg v. Schellenberg sich ausgezeichnet. Er sei so be- 
redt gewesen, daß man ihn gemeinhin den deutschen Cicero 
genannt habe und so tapfer, daß er in den Kriegen gegen die 
Ungarn zu den Streitbarsten gezählt, worden sei. Der Kai- 
fer habe sich auch seines RatheS bedient, als er die Turnier- 
spiele einführen wollte. Bucelin geht noch weiter zurück und 
weiß von einem Burcard v. Schellenberg zu erzählen, der um 
das Jahr 800 gelebt habe. Von da an gibt dieser Geschicht- 
schreibet einen vollständigen Stammbaum. Urkundlich verbürgt 
find aber diese Angaben nicht. Die erste schriftliche Nachricht 
von einem Angehörigen dieses Geschlechtes datirt erst vom 
Jahre 1227. Auf den 13. Oktober des genannten JahreS 
erwähnt nämlich das Sterbebuch des Domkapitels in Chur 
die Ermordung des Domherrn Heinrich v. Schellenberg. Nach 
demselben Buche stirbt den 17. März 1237 Konrad v. Schel- 
lenberg, Direktor und KustoS deS DomstifteS. 1267 erscheint 
ein Marquard als Herr v. Schellenberg und 1270 ist Lina 
v. Sch. Abtißin in Lindau. Am berühmtesten waren die bei- 
den Brüder Ulrich und Marquard. Sie schloßen sich enge an 
Hugo III. v. Werdenberg an und hielten treu zum habsbur- 
gischen Hause. Insbesondere unterstützten sie den Kaiser Ru 
dolf gegen den Abt Wilhelm- von St Gallen. Darum wur- 
den sie auch mit verschiedenen wichtigen Botschaften beauf- 
tragt. So wurde Marquard nach Ungarn gesandt um mit 
König Andreas im Namen des Kaisers Frieden zu vermitteln. 
Kaiser Albrecht schickte ebendenselben nebst anderen Gesandten 
1293 zum Papste nach Rom, um demselben den Sieg über 
Adolf zu melden. Später wurde Marquard noch drei Mal 
vom gleichen Kaiser an hen papstlichen Hof gesandt. Auch 
Ulrich wurde 1298 mit einem gleichen Auftrage beehrt. Die 
beiden Brüder gehörten daher ohne Zweifel zu den Vertrau- 
testen deS Kaisers. 
Die Herren v. Sch. besaßen das PatronatSrecht der 
Kirche von Feldkirch. Marquard und Ulrich übertrugen daS- 
selbe 1286 dem Domkapitel von Chur. 1280 kauften sie von 
Bero v. Kißlegg die Herrschaft Wasserburg am Bodensee. 
MarquardS Sohn vermählte sich mit der einzigen Tochter 
deö Bero, erbte darum dessen Herrschaft Kißlegg in Ober- 
schwaben und wurde Stifter der Linie Sehe Ken berg-Kißlegg, 
die noch Jahrhunderte lange sich erhielt nachdem die Schellen- 
berg in Rätien ausgestorben waren. Letzteres traf schon um 
die Mitte deS 14. Jahrh. ein. Die beiden Burgen wurden 
im Appenzellerkriege 1405 zerstört. DaS Wappen der Schel- 
lenberg war ein viermal gebälkter Schild. 
(Fortsetzung folgt.) 
Baduz, 29. Sept. Letzten Sonntag hielt der hierländische 
ViehversicherungSverein in der,Schloßwirthschaft in Vaduz seine 
ordentliche semestrale Plenarversammlung ab. Nach Erledigung 
der VereinSgeschäste brachte der Vorsitzende der Versammlung 
Herr LandeSverweser von Hausen, in Anbetracht, daß unter 
den Anwesenden eine große Anzahl von WeinbergSbesitzern sich 
befand, noch einen andern Gegenstand, die Zeit der vorzuneh- 
menden Weinlese zur Sprache. Indem er erwähnte, daß die 
Ernteaussichten unserer^Reblagen hinsichtlich der Quantität weit 
hinter denjenigen anderer näherer und entfernterer Weingegen- 
den zurückstehen, hielt er eS um so mehr im Interesse der hie- 
sigen Weinbergbesitzer gelegen, mehr auf die.Qualität deS Heu- 
rigen Jahrganges Rücksicht zu nehmen und den Trauben die 
vorzügliche Witterung', die uns der bisherige Herbst bietet, bis 
zur vollen Reife angedeihen zu lassen und nicht etwa durch 
eine vorzeitige Lese zu verkürzen. 
Die Worte deS Herrn Vorsitzenden fanden unter den An- 
wefenden ungeteilte Anerkennung und bleibt uns nur noch 
übrig, dieselben an dieser Stelle zur weitern Beherzigung zu 
empfehlen. 
Vaduz. 30. Sept. Wie wir soeben vernehmen, wird der 
hiesige Leseverein heute Abend eine außerordentliche Plenar- 
Versammlung abhalten, um für die Brandbefchädigten in Mei- 

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