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aus. Ein Schoppen Kirschwasser vermischt mit einem Wein-
glase voll Honig und ein halbes Pfund Zucker genügt für
mehrere Stücke. Gewiß des Versuches Werth.
* Ein ErbschaftS Prozeß, dem ein ganzer Roman zu
Grunde liegt, soll demnächst vor dem Berliner Stadtgericht
zum Auötrag kommen. Vor dreißig Jahren wanderte ein jun-
ger Mann von Königsberg nach Frankreich aus. In Bor«
beaux fand er in einem Handelshaus gutes Auskommen und
heirathete. Jndeß hatte er einer Unwürdigen sein Glück und
seine Ehre anvertraut. EineS Abends heimkehrend, fand er
sein Haus leer, Frau und Kind waren verschwunden. Wie L.
zu spät erfuhr, hatte seine Frau zu einem jungen Offizier-in
sträflichen- Beziehungen gestanden. Der Verführer hatte sie
jetzt auch entführt, da sein Regiment nach Algier geschickt
wurde. Der um sein Glück betrogene Mann that keinen
Schritt, um die Entflohene zurückzuholen; scheiden lassen konnte
er sich nicht, da das französische Gesetz dies nicht zuließ. Jn-
deß- gab er seine Stellung in Bordeaux auf und ging nach
Paris. Mehrere Jahre spater heirathete er dort eine junge
Elsässerin, indem er ihr wie den Behörden gegenüber seine
frühere Verheirathung verschwieg. Als ihn der Krieg von
1870 aus Frankreich vertrieb, gelang es ihm, seinen dortigen
Besitz unter günstigen Bedingungen zu veräußern und sich
mit Frau und vier Kindern ohne allzugroßen Verlust an Hab
und Gut nach Berlin in Sicherheit zu bringen. Hier ist L.
im vorigen Jahre gestorben, nachdem glückliche Grundstücks-
fpekulationen ihn vollends zum reichen Manne gemacht hatten.
Sein Tod hatte ihn davor bewahrt, die Folgen zu sehen, die.
jetzt als Strafe für seinen Leichtsinn über Unschuldige, über
seine Frau und Kinder, hereinbrechen. Die erste Frau ist,
nachdem sie jahrelang an der Seite ihres Verführers ein Da-
sein in Roth und Schmach gefristet hatte, von dem Elenden,
der ihrer überdrüssig geworden, verlassen, zurückgekehrt, um
ihre Rechte geltend zu machen. Für sie war es nicht schwie-
rig, über das Schicksal ihres Mannes sich Gewißheit zu ver-
schaffen, und jetzt beansprucht sie, gestützt auf ihren Ehekon-
trakt und die in demselben stipulirte Gütergemeinschaft, für
sich und ihre Tochter das ganze hinterlassene Vermögen ih-
res Mannes. Rechtlich ist gegen ihre Fordernng absolut nichts
einzuwenden, und so werden die trauernden Hinterbliebenen
L.'S dieser Buhlerin weichen müssen.
* Die gute Ernte. Monolog verschiedener Geschäfts-
leute. (Wiener Kikeriki.) Der Kaufmann: Die Ernte ist gut
ausgefallen es kommt wieder a Geld in'S Land, kann man
schon mit'n Zucker und mit'n Kaffee a bisserl hinaufgehen.
— Der Fleischhauer: Gott sei Dank, daß die andern G'schäftS-
leut doch wieder etwas verdienen. Alle Bahnen haben zu thun
mit'n Getreidetransport, kann man sich glücklicherweise auf daS
verspätete Eintreffen der Ochsen ausreden und darf wegen der
guten Ernte a paar Kreuzer aufschlagen. — Die Kräutlerin
(Gemüsefrau): Ja, die Ernte iS wohl gut, aber g'rad' das
is das Schlechte. 'S Ausland kauft das ganze Sachen weg
und hier muß man stch'S um'S theure Geld verschaffen. D'rum
kost auch der Salat 'S Happel um 2 kr. mehr, als^wenn die
Ernte schlecht gewesen wär'! — Der Glaser: Die Ernte ist
wohl gut, aber die vielen Gewitter haben so viele Fenster ein-
geschlagen, daß das Glas fast aufgebraucht ist. Ich muß bei
der Tafel um drei Kreuzer hinauf. — Der Baumeister: War
um ich so theuer bin? Da hat: Niemand die Schuld, als die
gute Ernte. Alle Taglöhner find auf'm Feld beschäftigt und
die Wenigen, die da bleiben, muß man doppelt bezahlen. —
Der Schuster: Was Hab' ich von aner guten Ernte. Wissen'S,
was das für Folgen hat? Der Bauer braucht keine Ochsen
zu verkaufen, auf die Art is daS Leder net zum verzählen. Ich
muß theurer werden mit den Stiefeln. — Mit dem billiger
werden ist wieder nichts!
Verantwortlicher Redatteur u. Herausgeber: vr. Rudolf Schädler.
Nichtamtliche Anzeigen.
Kundmachung.
Sonniag, den 27. September, Nachmittag ^3 Uhr fin-
det im Schloßsaal zu Vaduz die diesjährige ordentliche Herbst-
generalversammlung deS liechtensteinischen ViehversicherungS-
vereineS statt.
Die VercinSmitglieder werden hievon mit dem Beisatze ver-
ständiget, sich behufs Vermeidung der im 8 27 der Statuten
festgesetzten OrdnungSbuße rechtzeitig im Versammlungslokale
einzufinden.
Von der Vereinsdirektion.
Vaduz, am 22. September 1874.
Danksagungr*
Allen denen, die in so liebevoller Weise
bei der Bestattung unserer lieben * Tochter
99
christlich theilnahmen, sagen wir hiemit
unsern verbindlichsten Dank.
Triesen, den 22. September 1874.
Die trauernden Eltern.
:xx>ooooc
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 18. Sept.
Der halbe Metzen
beste
mittlere
geringe
fl.
kr.
fl.
kr.
fl.
kr.
Korn ... . .
3
40
3
15
3
05
Roggen ....
2
80
2
60
2
50
Gerste
2
70
2
50
2
30
Türken ....
2
80
2
50
2
20
Hafer
1
70
1
60
1
50
Thermometerstand nach Reanmnr in Badnz.
Monat
Morgens
7 Uhr
Mittags
12 Uhr
*
Abends
6 Uhr
Witterung.
Sept. 16
+ 5
+15
+ 12
halb hell
+ ^ V2
+16
+ 13
V if
* 18.
+ 11
+16
+12
It „
„ 19.
+11 %
+16
+141/2
fast hell
• 20.
+ 8%
+17
+16
hell, stark Föhmvd
„ 21.
+ 14
+18»/ 4
+ 16
„ maß. „
„ 22.]
+12 j / 2
+20
+16
hell
Telegrafischer Kursbericht von Wien.
23. Sept. Silber 103.90
20-Frankenstücke 8.78
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.