Liechtensteinische
Zweiter Jahrgang.
Vaduz, Freitag
Nr. 39.
den 25. September 1874.
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Vaterländisches.
<m) Bilder aus der vaterländischen Geschjchte.
25. Die Grafen von Werdenberg-^-SarganS.
(Fortsetzung)
Aus dem bereits Erzählten geht zur Genüge hervor, daß
das waS im deutschen Reiche überhaupt vorgieng auch für
unsere Gegend seine Folgen hatte. Um aber daS Bild der
damaligen Verhältnisse RhätienS efwas genauer zu geben
müssen wir noch auf einen Kampf hinweisen, der sich im be
nachbarten Graubünden abwickelte.
Wie^ überall so ging Oesterreich auch. in Rhätien darauf
auS seine Macht möglichst zu verstärken und sein Geschlecht
zum herrschenden zu machen. Dahin zielte vor allem aucy die
Verleihung der Herrschaft Laax an vie Söhne deS Kaisers
Albrecht. Unter dem Adel zählte Oesterreich viele Anhänger
und während Rudolf v. Habsburg noch einen Theil des Mont-
forter Geschlechtes zu seinen Gegnern zählte, hielten später fast
alle rhätischen Zweige dieser Familie zu Oesterreich. So war
insbesondere Rudolf v. Montfort—Feldkirch, Bischof v. Chur
auf Seite Friedrichs v. Oesterreich, während Donat v. Vaz für
Ludwig v. Baiern eintrat. Donat war der letzte seines Ge-
schlechtes, das zu dieser Zeit neben dem Bischöfe die größte
Macht in Nhätien inne hatte. Die Stammburg derer von
Vaz lag an der Stelle des jetzigen Dorfes Obervaz, auf einem
sonnigen, schon von der Natur befestigten Bergabhange. Be-
reitS 1160 waren sie das erste Dynasten-Geschlecht im jetzi-
gen Graubünden. Von da entwickelte sich ihre Macht noch
mehr. Jedoch war nicht alles was sie inne hatten ihr Eigen-
thum, vieles war nur Lehen, besonders von der Kirche von
Chur. Die v. Vaz machten sich durch Beförderung der Kul-
tur verdient. Zur Kultivirung öder Gegenden stifteten sie die
Klöster Churwalden und St. Jakob im Prätigäu. Zu gleichem
Zwecke besetzten sie DavoS und den Rheinwald mit Ansiedlern
und verliehen denselben verschiedene Privilegien und Freiheiten.
Die Ansiedler waren meistens Deutsche.
Zwischen dem BiSthum und und denen v. Vaz hatte sich
seit Jahren Mißtrauen und Rivalität entwickelt. Diese war-
teten nur auf eine günstige Gelegenheit um in Krieg und
Fehde auszubrechen. Schon nach dem Tode Walters v. Vaz
(Vater des Donat) hatte sich ein Streit wegen einigen vom
Verstorbenen inne gehabten bischöflichen Lehen entsponnen. Ein
Schiedsgericht verhinderte diesmal weitere Folgen. Auch er-
statteten die von Vaz 1299 dem Bischöfe die Schirmvogtei
deS Hochstiftes oder (was wahrscheinlicher) die ReichSvogtei in
der Stadt Chur gegen 300 Mark zurück. Allein die
unglückliche Kaiserwahl gab nun auch für die beiden Rivalen
Veranlassung zum Kampfe. Dieser brach jedoch erst nach der
für die Kaiserprätendenten entscheidenden Schlacht von Mühl-
dorf auS. Man kämpfte ja nicht eigentlich wegen der Kaiser-
wähl, sondern für und wider Oesterreich überhaupt
Donat von Vaz, wie der Bischof sammelten die Streit-
kräfte ihrer Vasallen. Außerdem erhielt der Bischof auS dem
Zürichgau, Thnrgau und aus Schwaben, Donat aber von
den Waldstätten Zuzug. Zuerst wurde der Krieg in Streif-
zügen geführt. Zu einer entscheidenden Schlacht kam eS bei
Filisur in Graubünden (1323). Die Krieger des Bischofs
wurden besiegt und 200 derselben blieben auf dem Schlacht-
felde. Viele konnten sich flüchten, eine große Anzahl aber
wurde gefangen. Die Letztern behandelte Donat anfangs
' freundlich, ließ ihnen köstliche Speisen und Getränke vorsetzen
und sperrte sie dann, damit sie den Abstand testo tiefer
fühlten sollten, in furchtbare Kerker, wo er sie langsam ver-
schmachten ließ. Wenn dann die Jammertöne der Unglück-
lichen auS den tiefen Kerkern zu seinen Ohren drangen sprach
er scherzend: „Hört wie lieblich meine Vögel singen." Leider
kamen solche Grausamkeiten damals öfter vor.
Diese Fehde hatte übrigens noch viele andere verheerende
Folgen. Das bischöfliche Dorf Bergun wurde zerstört, die
Heerde» geraubt, die Häuser verbrannt, die Landleute vertrie-
ben. Oede und wüst lagen die Felder da und es fehlten die
Hände sie jzu bearbeiten. Sogar die Domherren versanken in
solche Armuth, daß sie der öffentlichen Wohlthätigkeit anHeim
fielen. Bischof Rudolf resignirte auf daS BiSthum Chur und
zog sich nach Konstanz zurück.
Donat starb zwischen 1330 und 1335. Seine Grausam-
keiten bereute er nicht, wollte auch keinen Priester bei seinem
Tode. Ein Theil seiner Güter kam an die Grafen von Sar-
ganS, denn Rudolf, der Sohn Hugo's I., hatte eine Tochter
DonatS zur Gemahlin.
Hugo III. von Werdenberg starb um daS Jahr 1329.
Da seine Brüder bereits früher gestorben waren fiel die ganze
werdenbergische Herrschaft dem Sohne Hugo'S Albrecht dem
Aeltern zu.
Hugo I. v. SarganS starb zwischen 1322 und 1328.
Seine zwei Söhne Rudolf und Hartmann theilten seine Gü-
ter. Rudolf pflanzte die Linie der Grafen v. Werdenberg —
Sargans fort und erhielt außer SarganS den Erbtheil deS
Donat v. Vaz in Bünden. Hartmann erhielt die Grafschaft
Vaduz, Prättigäu, Blumenegg, den sargansischen Antheil an
Pludenz und Montafon und gemeinschaftlich mit seinem Bruder
die Schirmvogtei über PfäfferS. Hartmann wurde Stifter der
Linie Sargans-—Vaduz.
So zieht sich der Schauplatz der Thaten und Ereignisse,
die wir zu beschreiben unternommen, immer enger und enger
zusammen und den Mittelpunkt der Begebenheiten bildet fortan