Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1874)

vom 27. August 1867 machte, haben leider gezeigt, daß die 
gesetzlichen Bestimmungen über die Säuberung dar Alpen und 
slber Einfriedung der Weideplätze an steilen Abhängen, nicht 
ausreichend seien. Die dem Gesetzentwurfe beigefügten Motive 
machen eine ausführlichere Darstellung dieser Verhältnisse über- 
flüssig. Die GesetzgebungS-Kommission erklärte sich mit den 
Bestimmungen des Gesetzentwurfes einverstanden. Da die Her- 
stellung und Instandhaltung geeigneter Trinkbrunnen in den 
Alpen absolut nothwendig ist zur Erhaltung der Gesundheit 
der Thiere, beantragt die Kommission als Artikel III. einzu 
schalten : DaS Bestehen ordentlicher Trinkbrunnen auf geeig- 
neten Plätzen erscheint in sanitärer Hinsicht dringend geboten. 
Die Nichtbeobachtung dieser Anordnung wirh an der Alpvor- 
stehung mit einer OrdnnngSbuße bis zu 10 st geahndet. 
Der Art. III. des Entwurfs soll in Artikel IV. abgeändert 
werden 
Die Kommission stellt den Antrag, dem Gesetzentwurf 
mit dem vorgeschlagenen Zusatz die Zustimmung zu ertheilen. 
Der Landtag genehmigte sowohl die 3 Artikel deS ur- 
sprünglichen Entwurfes, als auch die von der Commission als 
Artikel 3 einzuschaltende Bestimmung über Erstellung ordent- 
licher Trinkbrunnen, als auch endlich einen wahrend der Heu-, 
tigen Sitzung vom fürstl. RegierungS.Commissär eingebrachten 
alS Artikel 4 einzuschaltenden Antrag, dahin lautend; „Die 
unter behördlicher Anleitung erbauten Alpenfahrstraßen werden 
unter die unmittelbare Aufsicht der Regierung gestellt und sind 
von dieser zu unterhalten. Die diesfalls auflaufenden Kosten 
sollen am Schluß eines jeden Jahres auf die konkurrenzpflich- 
tigen Alpbezirke umgelegt und von den betreffenden Gemein- 
den "oder Genossenschaften eingehoben werden 
(Fortsetzung folgt in nächster Nummer) 
Deutschland. „Zur Situation" wird dem „Pester „Llyod" 
von hier geschrieben: „Den autochthonen Kissingern ist die ganze 
Geschichte höchst unangenehm, nicht nur vermöge ihrer Theil- 
iiahme für den Fürsten Bismarck, sondern auch weil sie be- 
fürchten, daß das „Renomwg ihres Ortes leiden könnte, dem 
die Anwesenheit B?SmarckS ohnehin den Nachtheil bringt, daß 
die eröme de Ja crfirne Heuer durch ihre Abwesenheit glänzt. 
Die süddeutsche Aristokratie ist zum großen Theile ultramontan 
und bleibt demonstrativ ferne; auS ähnlichen Gründen fehlen 
auch die preußischen Feudalen; die Diplomaten besorgten wohl, 
- durch die Nähe Bismarcks in ihrer Ungebundenheit gestört zu 
werden, und so hat Kissingen Heuer einen ansehnlichen Ausfall 
an vornehmen Gästen zu beklagen, ohne hiefür auch nur da- 
durch entschädigt zu werden, daß eS den Fürsten Bismarck recht 
oft begaffen könnte, denn der Mann ist völlig unsichtbar, den 
Neugierigen aber bleibt als Ersatz nur der (auch den Pestern 
bekannte) Hr. Tenorist Lederer, der den Attentäter festnehmen half 
- und vou diesem in die Hand gebissen wurde. Seitdem erscheint 
Herr Lederer auf der Promenade stets nur mit dem Arme in 
einer breiten schwarzen Schlinge, nach deren Verschwinden im- 
merhin noch irgend ein kleines Bändchen im Knopflvch zur 
ewigen Erinnerung übrig bleiben dürfte." 
DaS Kissinger Attentat scheint der Ausgangspunkt zu höchst 
bedenklichen Maßregeln gegen die Freiheit der Presse und das 
Vereinsrecht werden zu sollen — in Berlin werden HauSdurch- 
suchungen bei Mitgliedern deS katholischen Vereins und bei 
Sozialdemokraten vorgenommen und katholische Gesellenvereine 
und Piusvereine ohne »peiterS geschloffen; Maßregeln die einer 
Reaktion wie ein Ei dem andern gleichen und die offiziöse 
Presse bläSt mit vollen Backen ins reaktionäre Horn. 
Schweiz. Am t0 d. M. ist in St. Gallen Herr Ober 
ingenieur Hartmann gestorben. Die schweizer. Blätter widmen 
demselben einen sehr ehrenvollen Nachruf, dem wir Folgendes 
entnehmen. 
Friedrich Wilhelm Hartmann war der zweitjüngste Sohn 
eines hochgeschätzten baierischen Finanzbeamten in Dillingen, 
wo er am 23. Dezember 1809 daS Licht der Welt erblickte. 
Die Universitätsstudien vollendete er in München. Fleiß und 
Geist zeichneten den Schüler, der sich dem Jngenieursache wid- 
mete, vor den Meisten aus. Mit der tüchtigsten klassischen und 
technischen Bildung ausgerüstet, fand Hartmann bald nach 
Vollendung seiner Studien eiue Anstellung als bäuerischer Kreis- 
oder BezirkSingenieur. In dieser Stellung sollte der junge, 
rastlos thätige Mann aber nicht lange verbleiben. 
Im Jahre 1336 wurde er zum Straßen- und Wasserin- 
spektor des Kantons St. Gallen ernannt und von diesem Jahre 
an gehörte seine ganze geistige Kraft und Thätigkeit. voll Lau- 
terkeit und eisernem Willen, mit Unterbruch von ungefähr zwei 
Jähren, wo er, um einen Plau für Erweiterung der Stadt 
Basel zu entwerfen, im Dienste dieser stund, bis zu seinem Le^ 
benSenoe, mittelbar oder unmittelbar, dem Aanton St. Gallen 
und seinen Interessen an. Er leistete aber auch der Eidge- 
nossenschaft auf den Wunsch der Bundesbehörde viel und oft 
und jeder Zeit zur höchsten Zufriedenheit die Dienste seiner 
reichen Kenntnisse, ebenso dem Nachbarkanton Appenzell A Rh 
in Bezug auf daS dortige Straßennetz. 
Dle Straße vom Kurorte Ragaz bis zur Grotte der Nixe 
über dem wilden Taminafchlund ist ein Kind von Hartmann'S 
Geist; die Gemeindestraßen auS jener Zeit nennen seinen Na- 
men; viele große Privatunternehmungen danken seiner geistigen 
Initiative ihre Entstehung; daS Bahnnetz von Rorschach bis 
Winterthur wurde unter seiner technischen Leitung ausgeführt ; 
— aber vor allen Schöpfungen wird das Riesenwerk der Rhein- 
korrektion Hartmann'S Namen verewigen. Die größte öfter- 
reichische Autorität auf dem Gebiete der Wasserbautechnik sprach 
nur Kaiser und Ministerium mit Bewunderung von feinem 
Bauprojekt und überschutttte me^r als einmal den kühnen „Dil- 
linger" mit ihrem Lob und ihrer vollsten Anerkennung 
Für die Vollendung der Rheinkorrektion, die zum Haupt- 
werk feiner Lebensaufgabe geworden war und die er in einer 
mit meisterhafter Feder geschriebenen Broschüre schon vor 30 
Jahren angeregt hatte, ist Hartmann ein Dutzend Jahre zu 
früh heimgegangen. Er hatte zwar die Genugthuung. für sei- 
nen Plan über die AuSmündung des Rheinstroms in den Bo- 
densee von allen besten und höchsten Autoritäten die vollste 
Anerkennuug gefunden zu haben, aber den ersten Spatenstich, 
der den Durchstich andeuten sollte, hat er nicht mehr erlebt. 
Den Grund zu seinem viel zu frühen Tode haben höchst wahr- 
scheinltch die großen und häufigen Strapazen am Rhein gelegt. 
Frankreich In Versailles und Paris ist wieder einmal 
ernstlich von Auflösung der Kammer die Rede. Ein altes, ver- 
logeneS Lied, an das Niemand mehr glaubt. 
Algier tragt sich mit Kolonisationsprojekten en gros. Ein 
Theil der Wüste soll dnrch Durchstechung eineS Kanals von 
15 Kilometern Länge in ^ein Binnenmeer verwandelt werden. 
Dieses Binnenmeer wird eine Länge von 350 Kilometer auf 
eine mittlere Breite von 60 Kilometern haben und 20-40 
Meter tief fein Die Vertiefung, welche gefüllt werden soll, 
liegt im südlichen Theile von Tunis und Eonstantine und um 
daS Wasser vom Golf GabeS herzuführen, bedarf eS eineS 
Kanals durch den Sand. LeffepS schlägt die Kosten dieses 
Projektes, daS Algerien umwandeln würde, auf 12 Millionen 
Fr. an. 
Wie man jetzt erfährt, besißt die Exkaiserin über 40 Häu- 
ser in Paris. Davon liegen 30 an der Rue de Rome, 3 in 
der Rue d'Albe und in der Rue Francis 1, 3 in der Rue 
de lElys6e, 2 in der Avenue Marigny und mehrere in der 
Nähe der neuen Oper In der Rue d'Albe und in der Rue 
FraneoiS I werden eine Masse Kunstgegenstände, besonders
	        

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