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ich vor 10 Jahren meine Kießling, Burgunder und Traminer
lang angeschnitten, sagten mir alle Arbeiter: „DaS verträgt
der Stock nicht, er muß zu Grunde gehen!"; heute schneide
ich sie noch immer „lang" und sie sind so kräftig wie damals.
ES können 6 große Trauben an einem kurzen Schenkel hängen,
zu 12 Stück kleinen, die zusammen nicht mehr Saft haben,
muß ich schon die doppelte Anzahl Augen stehen lassen und
dazu ist meistens ein langer Tragschenkel nöthig.
Im Rheingau, wo die Flasche Johannisberger aus guten
Jahrgängen im Keller mit 8 bis 20 fl. bezahlt wird, schmeckt
der Wein auch nicht sauer. Dort wird der weiße Kießling
gepflanzt unb die gebräuchliche Stockform ist die niedere
Kopferziehung. !ver niedere kopffölmige Stock, welcher
sich nur wenige Zoll über den Boden erhebt, erhält alle Jahre,
nebst einem zweiäugige»! Zapfen, zwei kurze Streckreben mit 6
bis 8 Augen angeschnitten. , Zwischen je zwei gewöhnlichen
Rebstecken wird nun in der Richtung der Zeile regelmäßig ein
kurzer alter Rebpflock gesteckt, an welchen zwei benachbarte Streck-
reden an ihren Enden zusammen gebunden werden. Am Ge
länder geht dieS leichter.
Die Kopferziehung und der Kopfschnitt sind weniger
schwierig. Durch das beständige Zurückschneiden deS Stockes
auf 4 bis 12 Zoll (niedere oder höhere Kopf) über der Erde,
bildet sich ein kopfartiger Wulst, aus welchem alljährlich einige
Ruthen zum Vorschein kommen; die nöthige Anzahl derselben
bleiben und werden als Zuchtruthen für'S kommende Jahr auf
gebunden. Beim Schnitte haben wir nun auf dem Wulste
zwei oder mehrere alte Reben, welche knapp an ihrem Ansätze
auf dem Kopfe abgeschnitten werden, dann eine Auswahl von
einigen jährigen Reben, welche nach Bedarf und nach den
gleichen Grundsätzen, die wir beim Schnitt deS Schenkelstockes
kennen lernten, geschnitten werden. Der Stock im geschnitte-
nen Zustande zeigt das verjüngte Bild einer Kopfweide, wenn
der Wulst nicht ganz auf dem Boden aufsitzt. Es können
dann nach Bedarf kürzere Zapfen, nebst ein oder zwei längeren
Tragschenkeln noch am Kopfe sitzen. — Solche länger ge-
schnitten? Reben werden in Steiermark nicht in Bögen und
auch nicht, wie im Rheingau, an niedere Seitenpflöcke gebun-
den, sondern einfach abgebogen und das obere Ende in die
Erde gesteckt. Darin liegt aber noch ein anderes Geheimniß,
nämlich das Mittel gegen den Frost. Man macht mit einem
dünnen Eisenstab ein Loch in die Erde und steckt die Trag-
rebe etwas tiefer in den Boden, daß man noch ein paar gute
Augen auS dem Boden heraus ziehen kann, wenn die oberen
Antriebe im Mai erfroren sind. — Besser aber kann man den
Schaden eines FrostjahreS decken, wenn man das darauf fol-
gende Jahr und allfällig auch später ein paar Augen mehr
an den Tragreben anschneidet, so daß man durch den langen
Schnitt einen etwas höhern Weinertrag' bekommt. Folgen
dann mehrere gute Jahre, so schneiden wir wieder kürzer, da-
mit die Fässer nicht zu voll werden und die Reben ausruhen
können.
Verschiedenes.
* Der Brand in Chicago. Vor kaum drei Iah-
ren (7. und 8. Oktober 1871) wurde daS gewaltige Han-
delS-Emporium von Illinois, welches die Welt durch ihr ra
sches WachSth um und ihren riesigen Aufschwung staunen gee
macht, von einer furchtbaren FeuerSbrunst heimgesucht, die
nahezu die Hälfte der Stadt in Asche legte. Auf Hundert-
Millionen Dollars wurde damals der durch das Feuer angee
richtete Schaden geschätzt. Und wieder forderte Chicago die
Bewunderung der Welt heraus, indem es mit unglaublicher
Schnelligkeit und mit den riesigsten Kosten aus seiner Asche er-
stand, weit großartiger und prächtiger, als es vordem gewesen.
Nun hat daS Schicksql diese einmal bereits so schwer geprüft?
Dtadt zum zweitenmal?, glücklicherweise in einem minder schwe-
ren Grade heimgesucht. Wie der Telegraph gemeldet hat, ist
vorgestern Nachmittags um 5 Uhr eine riesige Feuersbrunst in
Chicago ausgebrochen, die eist um Mitternacht bewältigt wer
den konnte. Zwanzig Häuserviertel wurden zerstört und auch
Menschenleben sind verloren gegangen. Der Stadttheil, in
dem der Brand zum Ausbruche kam, ist derselbe, welcher durch
daS erste Feuer zerstört und seither, mit großer Pracht wieder
aufgebaut worden ist. DaS Postgebaude, welches den Flam-
men ebenfalls zum Opfer gefallen ist, hat allein eine Summe
von zwei Millionen Dollars gekostet. Nicht minder kostspielig
und großartig waren die niedergebrannten vier Hotels gebaut.
Verantwortlicher Redakteur ».Herausgeber: vr. Rudolf Schädler.
Kornpreise vom Fruchtmarkt in Bregenz vom 17. Juli.
Der halbe Metzen
Korn
Roggen
Gerste
Türken
Hafer
beste
fl kr.
4
3
3
2
1
50
50
20
80
85
mittlere
fl.
4
3
3
1
2
kr.
geringe
fl.
25
25
10'
50
75
4
3
2
2
1
kr.
80
20
70
Thermometerstand nach Reaumnr in Badnz.
Monat
Morgens
7 Uhr
Mittags
12 Uhr
Abends
6 Uhr
Witterung.
Zuli
15
+ 18%
+25
+21
halb hell
it
16.
+ 15
+23
+ 18
„ „
u
17.
+ 15 3 / 4
+2l 3 /4
+ 19
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18.
+16 3 /4
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+ 19
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20.
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+22
+ 19
fast hell
u
21.
+ 17
+2oy 4
+17
fast bedeckt.
Telegrafischer Kursbericht von Wie».
23. Juli Silber 104.10
20-Frankenstücke 8.85 ^
Druck von Heinrich Graff in Feldkirch.