Liechtensteinische
Aweiter Jahrgang
Vaduz, Freitag
Nr. 1.
den 2. Jänner 1874,
Die liechtensteinische Wochenzeitung erscheint jeden Freitag. Sie kostet für das Inland ganzjährig 2 ff., halbjährig l ff. fammt
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werden franco erbeten an die Redaction in Vaduz.
An unsere Leser!
„Glück auf zum neuen Jahre" — so ruft heute auf dem
weiten Weltenrunde Groß und Klein und auch wir rufen diesen
alten SegenSgruß und Glückswunsch auS vollem Herzen all'
unfern Lesern zu.
Bei dieser Gelegenheit, alS dem Beginn eines neuen Zeit-
abschnitteS, folgen wir auch der löblichen Sitte, einen kleinen
Rückblick auf die Leistungen des alten Jahres zu werfen, um
dieselben in Vergleich zu setzen zu den Versprechungen, mit
welchen eS uns entgegengetreten, und daran ein Programm zu
knüpfen, welches den Leser in Kenntniß setzt über das, waS er
für die nächste Zukunft zu erwarten hat.
Wir haben unter der Rubrik „Vaterländisches" in erster
Linie die LandtagSverhandlungen 5 dann in mehreren Leitartikeln
wichtige vaterländische Fragen, so insbesondere die Rheinsrage,
ferner Lokalnotizen, und endlich in einer Reihe von Artikeln
Bilder aus der vaterländischen Geschichte unfern Lesern vor-
geführt. ES war unsere Absicht, besonders in Bezug auf
vaterländische Fragen und Lokalnotizen dem Leser mehr zu bieten.
Jedoch müssen wir hier bemerken, daß vorerst das Blättchen
erst in seiner Entwicklung begriffen ist, und daß ferner ins-
besondere der fast gänzliche Mangel an thatiger Mithilfe in
dieser Beziehung sehr hindernd wirken mußte. Etwas UnganzeS
in wichtigen Fragen schreiben, widerstrebt, und das einzig hel-
sende Mittel, sich in solchen Fragen durch gegenseitigen Mein-
ungSauStausch zu vervollständigen, wir meinen die Gesellschaft,
fehlte unS zur Zeit. Nirgends mehr, als in einem so kleinen
StaatSleben, wie wir eS haben, wäre es sehr am Platze, durch
uneigennütziges, von persönlichen Empfindeleien freies, gesell-
schaflliches Zusammenkommen in dieser Hinsicht zu wirken. Ohne
geordnete Gesellschaft müssen sich nothwendigerweife einseitige
Meinungen entwickeln. Ohne Gesellschaft fehlt daS klärende
und vervollkommnende Mittel der Ansichten. ES ist ein omi-
nöses Zeichen, wenn in Zeiten, wo unser Ländchen von tief
greifenden Fragen beherrscht wird, die besseren Kräfte in gesell-
sthastlicher Beziehung erschlaffen und damit sich selbst und der
Behörde die Arbeit erschweren. Hoffen wir, daß daS kommende
Jahr diese Erschlaffung zu heben vermöge, damit Leben und
opfermuthigeS Interesse für daS Vaterland an ihre Stelle trete.
Wir unsererseits werden bemüht sein, durch Gewinnung neuer
Kräfte vaterländische Fragen besonders in den Bereich der öffent-
lichen Behandlung hereinzuziehen. Nur wünschten wir sehr,
daß, wenn derartige Fragen in Leitartikeln behandelt werden,
auch Andere die Frage von ihrem Standpunkte auS beleuchten.
Es kann durch derartige Beleuchtungen von verschiedenen Stand»
punkten der Sache nur gedient werden. So erwartetm wir
z. B. sicher, daß von der Gemeinde Ruggell aus über die jüngste
Kritik über ihr Vorgehen in Rheinangelegenbeiten eine Stimme
sich hören lassen werde DaS ist jedoch bis jetzt nicht geschehen.
Eine sachliche Kritik sollte nie beleidigen, sondern den Gegner
dazu bewegen, seine Ansicht von seinem Standpunkte aus zu
begründen Wie im mündlichen Verkehre, so wird eben auch
mit der Feder erst durch den Austausch verschiedener Ansichten
manche Sache berichtigt und vervollständigt. Es wäre daher
sehr zu wünschen, wenn in den einzelnen Gemeinden mehrere'
Männer zusammentreten würden, um eS sich zur Aufgabe zu
machen, auch ihren Ansichten bei geeigneter Gelegenheit Ein-
gang in die Wochenzeitung zu verschaffen und insbesondere auch
die Zeitung durch Mmheilung von Lokalnotizen zu unterstützen.
Die politische Rundschau, Verschiedenes und das Feuilleton
werden wie bisher dem Leser theilS die Ereignisse der politischen
Mgesgeschichle, theils humonstlfche oder sonst interessante klei
nere Begebenheiten, theils unterhaltende Erzählungen bringen.
Die einzige Abänderung unseres Programmes trifft daS Feuilleton,
indem selbes, wie bereits mitgetheilt wurde, nicht mehr ständig
als solches erscheinen wird.
Wir hoffen somit, allen Wünschen und Anforderungen nach
Verhältniß der Umstände Rechnung zu tragen, die unsere Leser
an uns stellen mögen, und denken auch.ferner solchen Bahnen
zu folgen, daß wir nur die Feinde deS vaterländischen Opfer-
sinneS und der Gemeinnützigkeit zu Gegnern haben.
Vaduz, am Sylvestertage 1873.
Die Redaktion.
Vaterländisches.
(m) Bilder aus der vaterländische»! Geschichte.
19. Die Grafen v. Montfort.
(Fortsetzung.)
Das Geschlecht der Pfalzgrafen von Tübingen, dem Hugo
I. v. Montfort angehörte, stand keinem der edlen Geschljechter,
welche in Schwaben blühten, weder an Adel noch an Reich-
thum des Besitzes nach. Es konnte seinen Stamm mit aller
Sicherheit auf die alten Herzoge von Alemannien und auf den
Markgrafen Gerold, den Bannerträger und Schwager Kaiser
Karls deS Gr., zurückführen. »
Gegell die Kirche hatte eS stets große Treue bewiesen. Be-
sonders standen die Tübinger während den Streitigkeiten zwi-
schen Gregor VI!. (1073—1033) und Heinrich IV. entschieden
auf Seite des Papstes. Nicht leicht stiftete ein Geschlecht mehr
Gotteshäuser, als dieses. Die Grafen v Tübingen, wie auch.
Hugo I. v. Montfort und feine Nachkommen, führten eine
Kirchenfahne in ihrem Wappen. ES war dieß ihre AuSzeich-
nung als Nachkommen deS Bannerträgers Gerold, als Pfalz-
grafen und als Wohlthüter der Kirche.