Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

darin, daß die KrisiS gerade jetzt, wo alle Welt auf Wien l 
blickt, ausgebrochen ist, sonst ist alleS eigene Schuld — mea 
maxima culpa, fei das „ Ich" Regierung, Presse, Bevölkerung. 
Eine Landeskalamität ist die Börsenderonte, weil AlleS an der 
Börse mitgespielt hat, Aristokraten, hochgestellte Militärs, Hof- 
Würdenträger, bis herab zu den kleinen Kauf- und GewerbS- 
leuten, Beamte und Offiziere, blaublütige Damen wie Bürgers- 
grauen, in den Provinzen wo möglich noch mehr als in Wien. 
Fabrikanten und Landwirthe haben gleichfalls ihr Geld an die 
Börse getragen und büßen nun ihr Betriebskapital ein, das 
sie glänzend zu vermehren dachten. Da nun AlleS in großem 
Maße Verluste erleidet — haben doch kleine Leute oft 3—400 
Aktien besessen, von den großen Spekulanten abgesehen, die 
mit einem Vermögen von beispielsweise einer Million 5—6 
Millionen in der Spekulation hatten — so ist der Schaden 
für die Gesammcheit sehr groß, der Wohlstand ist auf Jahre 
binauS vernichtet, und die Staatseinnahmen dürften den Aus- 
fall bald spüren. Daß daS Ansehen deS Staates, sowie die 
Machtstellung desselben durch derlei Vorkommnisse schwer ge- 
schädigt wird — vielleicht mehr denn durch eine verlorene 
Schlacht — liegt auf der Hand. Was uns durch Jahre von 
dem zunehmenden Reichthum und steigenden materiellen Wohl- 
stand erzählt wurde, entpuppt fich heute als Schwindel, und 
die Millionen zerplatzen wie Seifenblasen. Wieder steht sich 
Europa enttäuscht: Oesterreich hat die Jahre der Ruhe und 
deS Friedens nicht benützt, um durch Arbeit solides Vermögen 
zu erwerben und seine Valuten herzustellen, nein, eS hat nach 
Reichthum gestrebt, geschwindelt, und muß unter den besten po- 
litischen Konjunkturen heute das thun, waS es für den Fall ! 
eines Krieges zu thun kaum nöthig gehabt hätte. Derlei muß 
nothwendig das Vertrauen erschüttern, daß der RegenerationS- 
Prozeß, den Oesterreich durchmacht, ein günstiges Resultat 
haben werde. 
Seit 2 Jahrzehnten will in Oesterreich gar nichts mehr ge- 
lingen. Die erwartete Einnahme Turins im Jahre 1859 en- 
dete mit Magenta und Solferino, die Regeneration Deutsch- 
landS in Frankfurt verrann in Sand; der Kampf gegen Preu- 
ßen im Jahre 1866 endete mit Kömgsgrätz und der materielle 
Wohlstand und wachsende Nationalretchthum der letzten Zeit 
mit einer beispiellose!» GeldkrisiS und der Suspension der Bank- 
akte. 
Spanien. Heber die Zustände im südlichen Spanien glbt 
eine aus Malaga datirte Korr. des „Hamburger Korr." inter 
essante Aufschlüsse. Seit Erklärung der Republik, heißt es, 
leben wir in einem Zustand der Natur, d. h. weder Polizei 
noch Gensdarmerie noch Soldaten erinnern unö an die Zivili- 
sation. Wir haben hier nur Freiwillige, selbst die DouanierS 
haben sich drücken müssen. Die Freiwilligen besorgen Alles 
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einen Arm nm Friedrich, und sah im freundlich in's Auge. Dar- 
auf sprach Friedrich: „Je mehr ich Dich anschaue, frommer Ge- 
jelle, desto stärker zieht es mich zu Dir hin, ich vernehme deut 
lich die wunderbare Stimme in meinem Innern, die wie ein 
treues Echo wiederklingt vom Rufe des befreundeten Geistes. Ich 
muß Dir Alles sagen! — Nicht als ob ich ein armer Mensch 
Dir wichtige Geheimnisse ut vertrauen hätte, aber weil nur die 
Brust des treuesleu Freundes Raum gibt dem fremden Schmerz, 
.und ich in den ersten Augenblicken unserer Bekanntschaft Dich eben 
für meinen treuesten Freund halte. — Ich bin nun ein Küper 
worden und darf mich rühmen, mein Handwerk zu verstehen, aber 
einer andern, wohl schönern Kunst war mein ganzer Sinn znge- 
wandt von Kindheit aus. Ich wollt ein großer Meister im Bil 
dergießen und in der Silberarbeit werden, wie Peter Fischer oder 
der italienische Benvenuto Cellini. Mit glühendem Eifer arbei 
tete ich beim Herrn Johannes Holzschuer, dem berühmten Silber- 
arbeite? in meiner Heimath, der, ohne selbst gerade Bilder zu 
gießen, mir doch alle Anleitung zu geben wußte. In Herrn 
Holzschuer's Haus kam uicht selten Herr Tobias Martin, der 
und zu ihrer Ehre muß man sagen, daß die Ordnung nie 
strenger gehandhabt wurde. Wenn sie einen Dieb abfassen, so 
führen sie ihn 4 bis 5 Stunden durch alle Straßen mit einem 
großen Zettel „Ladron" auf dem Rücken, dann prügeln sie ihn 
gehörig durch und liefern ihn im Gefängniß ab. Während 
hier sonst sehr viel gestohlen wird, gehört eS unter der Republik 
zum guten Ton, nicht zu stehlen. Ich glaube nicht, daß eS 
hier zu Exzessen kommen wird, und selbst, wenn es dazu käme, 
so würden solche doch immer nur gegen gewisse unliebsame 
Persönlichkeiten gerichtet sein, die sich in den letzten Jahren 
durch repressive Politik anrüchig gemacht haben, während wir 
Fremde,, ohne alle Beziehung mit den verschiedenen Parteien 
und nur der Arbeit lebend, durchaus nichts zu besorgen brau- 
chen So gehen denn auch die Geschäfte flott, und es fällt 
Keinem von uns ein, die Boutique zu schließen . . . Seit den 
25 Jahren, die ich in diesem gelobten Lande wohne, habe ich 
stets gefunden, daß spanische Revolutionen aus der Ferne be- 
trachtet, viel grimmiger aussehen, als ste in Wirklichkeit sind 
— aber diesmal ist des Geschreies allzuviel. Leider ist eS so 
allgemein, daß man zu viel zu thun haben würde, wollte man 
alles dementiren. Wir sind so zu sagen heute ganz unabhän- 
gig von der Zentral-Regierung und eS ist doch nichts passirt, 
waS nur einem Bierkrawall in Stuttgart oder Frankfurt ähn- 
lich sähe. Man malt den Teufel überall schwärzer als er ist, 
und namentlich den spanischen Teufel. In Spanien muß man 
Achtung haben vor dem gemeinen Mann. Die Mittelklasse 
dagegen, die Leute, welche feine Röcke und Hüte tragen, sind 
keinen Schuß Pulver Werth. Dieses niederträchtigste Volk ist 
es, welches das Land dahin gebracht hat, wo es ist, und daS 
jetzt seine Sünden büßt — aber doch nicht zur Einsicht kommt, 
noch kommen wird 
Schweiz. Nach einer offiziellen Statistik des Chefs deS 
Unterrichtsdepartements befinden sich im Kanton St. Gallen 
im Gebiete von 30 politischen Gemeinden 238 eigentliche Alpen, 
die, ohne Inbegriff von vier Alpen, deren Kuhrechte nicht be- 
kannt wurden, etwas über 2500 Stöße zählen. Die zahl- 
reichsten Alpen hat Sargans mit 81 Alpen und 8829 Stößen; 
die meisten Stöße besitzt Obertoggenburg mit 10,043 Stößen 
auf nur 58 Alpen. Die Summe der auf der Alp zugebrachten 
Weidetage berechnet sich für den Kanton auf nahezu zwei 
Millionen. 
Amerika. Die Metzeleien zwischen den Bundestruppen 
und den Modoc-Jndianern im Staate Oregon dauern fort, 
fallen aber in der Regel zu Ungunsten der BundeStruppen 
aus. Am 26. April fand wieder ein Treffen derselben mit den 
Indianern statt, wobei 13 Mann der BundeStruppen getödtet 
und 6 verwundet wurden. Die Indianer sind gut bewaffnet 
mit Spencer RifleS und Scalpmessern, mit welchen sie von der 
Küpermeister mit seiner Tochter, der holdseligen Rosa. Ohne 
daß ich es selbst ahnete, kam ich in Liebe. Ich verließ die Heimath 
und ging nach Augsburg, um die Bildgießerei reckt zu erlernen, 
aber nun schlugen erst recht die hellen Liebesflammen in meinem 
Innern auf. Ich sah und hörte nur Rosa; alles Streben, alles 
Mühen, das mich nicht zu ihrem Besitze führte, eckelte mich an. 
Den einzigen Weg dazu schlug ich ein. Meister Martin gibt 
seine Tochter nur dem Küper, der in seinem Hause das tüchtigste 
Meisterstück macht und übrigens der Tochter wohl ansteht. Ich 
warf meine Kunst bei Seite und erlernte das Küperhandwerk. 
Ich will nach Nürnberg und bei Meister Martin in Arbeit gehen. 
Aber nun die Heimath vor mir liegt und Rosaus Bild recht 
mir vor Augen steht, nun möcht' ich vergehen in Zagen, Angst 
und Noch. Nun seh' ich klar das Thörichte meines Beginnens. 
Weiß ich's denn, ob Rosa mich liebt, ob sie mich jemals lieben 
wird? " 
(Fortsetzung folgt.)
	        

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