nur zum Nachtbeil der letzteren ausfällt. Kurz, man hat seit
1859 Politik etwaS im Geiste Machiavelli'S gemacht, rechtS
und links dabei angestoßen, schließlich wohl doch daS Ziel er-
reicht. Hatte man dabei auch die einem Großstaat unumgäng-
Uch nörhiqe Kraft gewonnen, so könnte man ruhig den kom-
Menden Ereignissen entgegensehen, gestützt auf gutes Recht,
das Schwert und den vollen Geldbeutel. Leider ist eS mit
Rummer 2 und 3 in Italien nicht zum besten bestellt. Man
kann in den Schattirungen des UrtheilS differiren, im Allge-
meinen macht der italienische EinheitSbau auf Niemanden den
Eindruck, alS fei er besonders fest und solid.
Wie dem nun immer sei, unläuqbar ist es. daß der Ge-
danke eines französisch-italienischen Krieges ganz Italien erfüllt,
wie derselbe nur eine Zeitfrage sei, etwas, daS vielleicht ver-
schoben, aber nicht aufgehoben werden könne. Darum sagte
daS Ministerium zur eigenen Partei: zeigen wir keine Furcht,
indem wir vor der Zeit rüsten, sonst könnten wir den Krieg
früher haben, als wir denken, jedenfalls früher, als die Nüst-
ungen beendigt, die Armee organisirt unv die Festungen gebaut
sind. Es ist charakteristisch, wie fast jeder Krieg in den letzten
20 Jahren schon lange früher vorausgesehen und als unaus
weichlich betrachtet worden ist, so daß zu demselben diplomatische
und militärische Vorbereitungen getroffen werden konnten, wie
allenfalls zu einem Turnier: so der Krieg 1859 seit dem Pa-
riser Frieden, der Krieg zwischen Oesterreich und Preußen seit
1864, der deutsch-französische seit Königgrätz.
Die Furcht ver Italiener vor einer kriegerischen Verwick-
hing mit Frankreich entspringt nicht nur dem Gefühl der in-
neren Schwäche und ihrer politischen und militärischen Jnferiori-
tat selbst gegenüber vem vielfach gedemüthigten Frankreich, daS
aber dennoch so deutliche Beweise seiner unverwüstlichen Lebens-
kraft gegeben, sondern auch dem Umstände, daß sie sich diplo-
matisch isolirt fühlen. Der Krieg mit Frankreich kann nur
möglich sein, wenn Deutschland denselben zugibt; wenn die
Italiener also von einem solchen Krieg reden, so nehmen sie
schon an, daß Deutschland hiebei neutraler Zuschauer bleiben
werde. Es wäre zu viel, alle hieher gehörigen „Wenn und
Aber" zu erörtern, die Italiener fühlen, daß sie nichts für
Deutschland gethan, als wofür sie sich auch gleich selbst bezahlt,
daß sie also auch kein Recht haben, von Deutschland Opfer
zu verlangen; Deutschland könnte aber auch einmal damit ge-
dient sein, sich Frankreich zu verbinden, selbst auf Kosten Italiens.
Wie gesagt, wir erörtern nicht die Möglichkeit oder Wahrschein-
lichkeit einer derartigen Politik; daß aber die deutsche Okku-
pation so bald aufhört, die Verhandlungen so glatt abgelaufen,
die deutsche Thronrede so freundliche Worte für Frankreich hatte
kennen, ob seiner großen Geschicklichkeit und tiefen Erfahrniß in
der Kunst, den edlen Wein zu hegen und zu pflegen. Sein
wack'rer Fleiß, sein frommes Leben, trotz alles Reichthums, den
er erworben, mag Euch Allen zum Vorbilde dienen, So feyd
denn, mein lieber Meister Martin, tausend Mal gegrüßt als unser
würdiger Vorsteher!" Mit diesen Worten stand Paumgartner von
seinem Sitze auf und trat einige Schritte vor mit offnen Armen,
erwartend, daß Meister Martin ihm entgegen kommen werde. Die-
ser stemmte denn auch alsbald beide Arme auf die Stuhllehnen
und erhob sich langsam und schwerfällig, wie es sein wohlge-
nährter Körper nur zulassen wollte. Dann schritt er eben so lang-
sam hinein in Panmgartner's herzliche Umarmung, die er kaum
erwiderte. „Nun," sprach Paumgartner darob etwas befremdet,
„nun, Meister Martin, ist's Euch etwa nicht recht, daß wir Euch
zu unserm Kerzenmeister erwählet?" — Meister Martin warf,
wie es seine Gewohnheit war, den Kopf in den Nacken, fingerte
mit beiden Händen auf dem dicken Bauche und schaute mit weit
aufgerissenen Augen, die Unterlippe vorgekniffen, in der Versamm
lung umher. Dann fing er, zu Paumgartner gewendet, also an:
„Ei, mein lieber, würdiger Herr, wie sollt' es mir denn nicht
recht sein, daß ich empfange, was mir gebührt. Wer verschmäht,
-- dies Alles hat die Italiener besorgt und nachdenklich ge-
macht. Daß die ursprüngliche Verbitterung zwischen den beiden
Gegnern einer ruhigeren und freundlicheren Stimmung Platz
macht, ist ihnen ganz und gar nicht recht. Mit jenem instinktiv
richtigen politischen Gefühl. daS ihnen nicht abzusprechen, fühlen
sie, daß eine neue Phase beginnen werde, so bald der letzte
deutsche Soldat den französischen Boden verlassen hat.
Verschiedenes.
Für die Wiener Weltausstellung richten sich die Nlmer
praktisch ein. Sie richten die Donauschiffe, welche massenhaft
in Ulm gebaut werden, zu Wohnungen mit je 18 Zimmern
ein, lassen sie die Donau nach Wien schwimmen und legen sie
im Donauwasser, welches der wohlfeilste Bauplatz ist, vor
Anker. Man sagt, die Schwaben werden erst im 40. Jahr
gefcheidt, aber im 40. Jahre werden sie es.
Das Amtsgeheimnis in Telegraphen-Aemtern. Ein
naher Verwandter des gegenwärtigen ungarischen Handels-
Ministers, Grafen Zichy, gab Herrn von Szlavy zur Zeit, als
dieser noch dem Handelsressort vorstand, Gelegenheit zu einem
artigen Witze. Der erwähnte Verwandte Zichy erhielt nämlich
von seiner Gemahlin ein Telegramm mit derartig verstümmelt-
tem Text, daß demselben kein Sinn zu entnehmen war. Der
hierüber erzürnte Herr sendete nun seiner Gemahlin folgende
Draht-Antwort: „Obwohl diese Esel von Telegrapbisten Dein
Telegramm bis zur Unverständlichkeit verstümmelten, antworte
ich doch jc." Mit begreiflichem Unmuthe besorgten die Tele-
graphisten die Abfendung dieses Telegrammes und nahmen
dann beim Handelsminister Audienz, um sich über den Affront,
der ihnen angethan wurde, zu beschweren. Herr v. Szlavy
gerieth in Verlegenheit; einerseis mochten die Herren Beamten
eS mit der Genauigkeit im Abtelegraphiren nicht allzu gewissen-
Haft genommen haben, anderseits war die gräfliche Rüge denn
doch zu stark und zwar um so mehr, als die Ausrede der
Telegraphisten, daß die Frau Gräfin eine sehr undeutliche
Handschrift und eine ganz ungewöhnliche Orthographie produ-
zirt habe, ziemlich stichhaltig war. Herr v. Szlavy half sich
mit folgendem geistreichen Impromptu. Er fragte die beschwerde-
führenden Beamten: „Kennen Sie daS Dienstreglement?" —
Diese erwidern natürlich mit Ja. — „Nun, was sagt § 1?" —
„Daß jede Depesche für die Beamten ein Amtsgeheimniß be-
deute." — „Also, meine Herren, betrachten Sie die Depesche
des Herrn Grafen als Amtsgeheimniß."
Amerika. Der amerikanische Luftschiffer Professor Donald-
son beabsichtigt, in diesem Sommer in einem großen Luftballon
den Lohn zu nehmen für wack're Arbeit, wer weiset den bösen
Schuldner von der Schwelle, der endlich kömmt, das Geld zu
zahlen, das er seit langer Zeit geborgt. Ei, ihr lieben Männer
(so wandte sich Martin zu den Meistern, die rings umher saßen),
ei, ihr lieben Männer, ist's Euch denn nun endlich eingefallen,
daß ich, — ich der Vorsteher unserer ehrbaren Zunft sein muß?
— Was verlangt Ihr vom Vorsteher? — Soll er der Ge-
schickteste sein im Handwerk? Geht hin und beschaut mein zwei-
fudriges Faß ohne Feuer getrieben, mein wack'res Meisterstück an,
und dann sagt, ob sich einer von Euch rühmen darf, was Stärke
und Zierlichkeit der Arbeit betrifft, Aehnliches geliefert zu haben.
Wollt Ihr, daß der Vorsteher Geld'und Gut besitze? Kommt in
mein Haus, da will ich meine Kisten und Kasten aufschließen
und Ihr sollt Euch erfreuen an dem Glanz des funkelnden Gol-
des und Silbers. Soll der Vorsteher geehrt sein von Großen
und Niedern? Fragt doch nur unsere ehrsamen Herren des
Raths, fragt Fürsten und Herren rings um unsere Stadt Nürn
berg her, fragt den hochwürdigen Bischof von Bamberg, frqgt,
was die Alle von dem Meister Martin halten. Nmt, ich denke,
Ihr sollt nichts Arges vernehmen!" —
(Fortsetzung folgt.)