Liechtensteinische
Vaduz, Freitag Nr. 11* den 4. April 1873.
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Zur vaterländischen Boden- und Gebirgskunde.
2.
Das Boden und Gebirg bildende Material.
Die liechtensteinische Boden- und GebirgSmasse verdankt ih-
ren Ursprung vorzugsweise gewissen Ablagerungen, welche auS
süßem und salzigem Wasser zu Stande gekommen find.
I. Süßwasserbildungen.
Diese stammen durchaus aus verhältnißmäßig neuerer Zeit
und ihre Bildung geht zum Theil noch gegenwärtig unausge-
setzt vor sich. Dabin gehören:
t. Aus der Gegenwart:
Die Anschwemmungen deS Rheines, die Rüfinen und der
Gehängeschutt, der Thalschotter, Bergstürze, der Kalktuff (Tuff-
stein).
2 Aus der s. g. Eiszeit:
Die Findlingsblöcke, deren man aus dem GebirgSgehäNge
östlich von Vaduz ziemlich viele findet Der Stammort dieser
Blöcke ist das östliche Quellgebiet des Rheines, mithin in
Graubündten zu suchen. Sie wurden von dem ehemaligen
großen Rbeingletscher, welcher durch das ganze Rheinthal bis
über den Bodensee hinauSreichte, an die heutige Fundstelle ge-
bracht.
3. AnS dem der Eiszeit unmittelbar vorangehenden
Zeitabschnitt:
Dahin gehören gewisse Schwemmbildungen, welche wie die
heutigen Anschwemmungen der Flüsse zu Stande gekommen
sind, doch hoch über dem jetzigen Flußgebiet zu suchen sind.
Hieher ist zu rechnen: die Schottermasse zwischen Maselchen
und Prowatschenk.
Feuilleton.
Der Schiffbruch der Megära.
(Fortsetzung.)
Ein tiefgefühltes „Gott sei Dank" rang sich aus jeder Brust,
noch einige kurze Viertelstunden und das lecke Schiff lag in ziem-
lich ruhigem Wasser vor dem langersehnten Lande. Es war St.-
Pauls Eiland, ein nackter Felsen mitten im stillen Ozean (38°
südl. Breite, 95° Länge östlich von Ferro), welcher den Schiff-
brüchigen ein rettendes Asyl bot; die Insel ist vulkanischen Ur-
fprungs, aber ein Theil derselben war in's Meer versunkeu oder
eingestürzt. Die eindringenden Fluthen hatten nun den Krater
ausgefüllt, und derselbe wäre der herrlichste Ankerplatz von der
Welt gewesen, wenn nicht eine Barre (Sandbank) nur 6' unter
Wasser dem tiefgehenden Schiffe den Eingang verwehrt hätte.
Noch am Tage der Ankunft untersuchte ein Taucher — es war
zufälligerweise ein Taucherapparat an Bord — von außen die
schadhafte Stelle; was er mittheilte, war betrübend; er hatte
II. Salzwasser- oder Meeresbildungen.
Die eigentliche Bergfeste, der massiv anstehende FelS. wel-
dber den uur stellenweise von den jungen Schwemmgebilden
oberflächlich verdeckten Boden deS Landes bildet, besteht durch-
gehendS aus im Meere abgelagerten Gesteinen. Um uns diese
Tbatsache einigermaßen zu erklären, müssen wir unS jene Zeit
zurückdenken, wo unsere Gegend noch vom Meere eingenom-
wen wurde, und annehmen, daß in diesem Meereswasser eine
Menge von Bestandtheilen, welche eben heute unser Gebirge
zusammensetzen, im aufgelösten Zustande vorhanden waren.
Im Verlaufe von Tausenden von Jahren haben sich diese Be-
standtheile in einer gewissen Reihenfolge aus dem Wasser auS-
geschieden, auf dem damaligen Meeresgründe abgelagert und
dadurch gewisse Schichten gebildet, welche in ihrer fortwähren-
den Uebereinanderlagerung die Form und Höhe unserer jetzigen
Gebirge qrößtentheilS bestimmt baben. Von den jüngsten der-
artigen Bildungen zu den ältesten aufsteigend sind es die fol-
genden.
1. Der s. g Flysch, aus einer Unzahl meist dunnqeschich.
teter Bänke von Kalksteinen, Mergelschiefer und sandigen Ge-
steinen bestehend. Er enthält zahlreiche Abdrücke von MeereS-
pflanzen. Die Formen des aus ihm gebildeten Gebirges sind
sanft gerundet. Er verwittert schnell und bildet kulturfähigen
Boden.
2. Die Seewenschichte auS mergeligen Gesteinen von
grüner und rother Farbe bestehend.
3. Der Gault. Besteht aus dunkeln, häufig grün ge-
fleckten Sandsteinen.
4. Der Kap ro tinenka lk. helle klingende Kalke, erfüllt
mit zahlreichen Schalen von eigenthümlichen Muscheln.
mehrere verrostete Platten gefunden, so dünn, daß man ein Messer
hätte leicht durchstoßen können. Die Wiederaufnahme der Fahrt
wäre ein lebensgefährliches Wagestück gewesen, zumal da in die
Pumpen losgerissene Eisentheile sich hineingedrängt und diese halb
verstopft hatten und nur noch 150 Tonnen (ä 20 Ztr.) Kohlen
an Bord waren. So faßte der Kapitän den Entschluß, Mann-
schaft und Vorräche an's Land zu schaffen, bis sie von ihrem
Felfengefängniß erlöst würden. Es war ein Sonntag (18. Juni),
als er es der Mannschaft mittheilte; man hatte vorher den Got-
tesdienst gehalten, das Sündenbekenntmß und das Vaterunser ge-
sprochen und die ernste Feier unter solchen Umständen, wo man
mehr als je fühlte: es ist nur ein Schritt zwischen mir und dem
Tode, machte den tiefsten Eindruck Aber als er seine Rede schloß
mit der Erinnerung, daß die strengste Disziplin unumgänglich
nothwendig sei, und daß er darauf rechne, daß Jeder mit gutem
Willen seine Pflicht thue, da erscholl von der Mannschaft allge-
meines Hurrah; Jeder war von einein Druck erleichtert, daß man
sich dem tückischen Elemente nicht mehr anvertraue. Nun ging
eS mit aller Anstrengung der Kräfte an das Ausladen der Äor-