Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

Vaduz, Freitag 
Nr. 47. 
den 12. Dezember 1873. 
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werden franco erbeten an die Redaction in Vaduz. 
Garantieverein der liechtenft. Wochenzeitung 
Sonntags den 14. Dezember, Nachmittags 4 Uhr Plenar- 
Versammlung im Gasthofe zum „Löwen" in Vaduz. "Die ver- 
ehrlichen Mitglieder werden ersucht, zahlreich zu erscheinen. 
Die Redaktion. 
Vaterländisches. 
Ueber die heurigen Rheinbauten. 
(Fortsetzung.) 
Schaan macht auch mit seinen am Rheinbaue sich matt 
gearbeiteten Bürgern die letzten — ja verzweifelten — An 
strengungen. Wohl wird diese Gemeinde beim Anblicke der 
Gefahr ihres sonst so werthvollen und weitläufigen Kultur- 
landes immer wieder zu neuen Anstrengungen angespornt. 
Schaan hat am meisten Unglück gehabt, sowohl in dem Er- 
foly seiner Rbeinbauten, als durch Überschwemmungen. Hier 
haben aM'Mch die größten GeschiebSablagerungen stattge- 
funden, darum auf beiden Seiten die unglückseligen Ueber' 
fluthungen. Der Vorwurf, der dieser Gemeinde wegen Zurück- 
bleiben mit ihren Wuhrbauten oft gemacht wurde, ist ein höchst 
ungerechter. In dieser Baukampagne werden allein für eine 
170 Klafter lange Strecke Neuwuhr an der Eschner»Grenze 
über 7000 fl. verausgabt Dieser für die unteren Gemeinden 
höchst wichtige Bau ist sehr entlegen und wurde deßhalb in 
Akkord vergeben, um die Kräfte für die obern Bauten mehr 
zusammenhalten zu können. Sollte die Gemeinde von neuen 
Unglücksschlägen getroffen werden, so möchte ihr Wiederauf- 
stehen wohl lange Jahre dauern. 
Eschen macht seine Mittelhochbauten in diesem Winter 
lustig fertig, wozu Mittel und Kräfte, sowie guter Wille hin- 
Feuilleton. 
Flotte Bursche. 
Humoreske von Felix L i l l a. 
1. 
In der Severinstraße im Hause Nr. 93 war Auktion. Das 
Mobilar der verblichenen Jungfrau Sarah Oppenheimer wurde 
versteigert. Im achtzigsten Lebensjahre war diese sanft entschla- 
>fen, nachdem sie wie ein echter Geizdrache ihr Leben lang ihre 
- Schätze gehütet . Die lachenden Erben, entfernte Verwandte, die 
Jahrelang sich darüber geärgert, rühmten nun entzückt die tugend- 
haste Sparsamkeit der Hingeschiedenen, da ihnen ein reicher Nach- 
laß in die Hände fiel. 
Gegen elf Uhr Vormittags, als die Auktion im besten Gange 
war, wollte es das gütige Schicksal, daß zwei junge Leut? sich 
auf der Straße vor der Thüre des Auktionslokals begegneten. 
Studierens halber hielten sie sich in der Universitätsstadt auf; aber 
mehr als ihre Wissenschaft, die Medizin, beschäftigte sie augenblicklich 
rächend vorhanden sind. Nachdem aber die Schweizer-Hoch- 
wuhre auch hier in die Höhe wachsen, so wäre eS sehr wrnu 
schenswerth, der Eschner-Binnendamm möchte sich auch etwa 
um 6' in die Höhe strecken. 
In Gamprin wird daS erste 90 Klafter langeHochwuhr 
ob der AuSmündung des Binnenkanals erstellt Ferner soll 
ver 150 Klafter lange Wuhrfchluß bei der berüchtigten Krumm- 
wuhrbucht bewerkstelligt werden — ein Bau von großer Wich- 
tigkeit, dessen Ausführung von vMr schwachen Gemeinde leider 
nur zu lange verschoben wurde Hoffentlich wird' ohne ferneres 
Zögen» dieses Wuhr auf die projektive Höhe gebracht werden, 
damit die hier bestehende Gefahr bleibend beseitigt wird. An 
Baumaterialien gebricht es nicht und die Beischaffung derselben 
ist leicht. Mehr Verzögerungen im Fortschritte der Rheinbauten 
in diesem Gemeindebezirke verursachen die zu geringen Arbeits- 
kräfte und das mangelhafte System in der Ausnützung und 
Verwendung derselben. Auswärtige Konkurrenz wird noch immer 
fern gehalten. 
Ruggell hat erst jüngst dem ernstlichen Drängen, sich züx' 
Herstellung von einer 420 Klafter langen Hochwuhrlinie^ 
nächst dem Dorfe zu entschließen, nachgegeben. Nachdem diese 
Gemeinde jenem Ansinnen lange hartnäckigen-Widerstand ent 
gegensetzte und so die Sicherheit der ganzen Ortschaft auf 
verhältnißmäßig schwache und ungünstig situirte Wuhre stützte, 
soll nun daS genannte Hochwuhr, anstatt eines Halbhoch- 
wuhreS, noch in dieser Baukampagne erbaut werden. In Rüg- 
gell thut eS wirklich Roth, mit mehr Eifer und Energie ein- 
zugreifen und zwar, ohne ängstlich mit den vorhandenen Lan- 
deSsubsidien und Gemeindemitteln zu knausern. Die Zeit drängt 
und eS liegt die noch größere Gefahr im Verzuge, da 
schon dieselben schlimmen Erscheinungen — durch GeschiebS- 
die Frage des täglichen MittagSeffens und des abendlichen 
Schoppens. 
Sorgenbeladen und gedankenbrütend schlichen sie schwermüthig 
mit gesenkten Köpfen dahin, und sie erkannten sich erst im, Augen 
blick, als ein ziemlich heftiger Zusammenstoß zwischen ihnen statt- 
fand 
„Kalmäuser — so wahr ich lebe!" rief entzückt der Eine, 
der eine wahre Löwenmähne besaß, dem Andern zu, der einer 
kahlen hohen Stinte seinen Spitznamen verdankte. 
„Ich grüße Dich Freuno Bucephal!" schrie der Andere, 
feinem Freunde ebenfalls den unvermeidlichen Spitznamen zu- 
schleudernd. 
Sie schüttelten sich die Hände, und beklagten sich darüber, daß 
das Wetter schön und das Leben so bitter sei. 
„Kannst du mir nicht einen Thaler borgen?" fragte Bucephal. 
„Ich bin selber so abgebrannt wie Troja," versetzte Kal- 
mäuser, unwillig über die Zumuthung. „Ich besitze nur noch vier 
Groschen, wofür ich Tabak kaufen will, denn ohne Tabak kanu 
ich nicht leben. — Gehst Du auf den Anatomiesaal?"
	        

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