Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

dle Erhebung deS Zehnten bestätigt Auch das Kloster Pfäf- 
fers wurde 831 wieder hergestellt und ihm das Geraubte zu- 
rückgegeben. Durch die kaiserlichen Boten scheint überhaupt 
eine genauere Ausscheidung der geistlichen und weltlichen Rechte 
vorgenommen worden zu sein, wenigstens sind keine weiteren 
Klagen bekannt. ^ * 
Beim Tods Hunfrid'S (82^) erscheint bereits ein anderer. 
Sohn, nämlich Adalbert, als Graf in Rätien. Ob Roderich 
so früh starb oder ob er seiner Räubereien und Gewalttätig 
keiten wegen seinem Amte entsagen mußte, ist ungewiß. Adel* 
bert war früher Graf im Thurgau gewesen. Als Graf von 
Chur mußte er seine Würde mit dem Schwerte behaupten. 
Em Höfling /RamenS Ruprecht, hatte durch Jntriguen den. 
schwachen Kaiser zu bestimmen gewußt, daß er ihn an die 
Stelle Adalberts zum Grafen von Ehur ernannte (837). Das 
ließ sich Adalbert nicht gefallen. Er lieferte dem Höflinge bei 
ZizerS eine Schlacht und besiegte ihn. Ruprecht fand auf der 
Flucht durch einen. Sturz vom Pferde seinen Tod (840). Der 
Leichnam wurde von Adalbert im Frauenkloster zu Lindau ehren- 
voll beigesetzt. -— Die Nachkommen Adalberts behielten die 
Grafschaft Rätien zugleich mit der im Thurgau. Einer der- 
selben, Burkhart, erschwang sich um 916 zur Würde eines 
Herzogs von Alemannien. DaS Geschlecht behauptete sich bis 
zum Aussterben im Besitze derselben und verband sich nun mit 
den mächtigsten Häusern Deutschlands. Die nunmehrigen 
Herzoge behielten das Grafenamt in Rätien bei. So sprach 
der erste Herzog Burkhard im I 920 persönlich in Rankweil 
Recht. Mit Herzog Otto I. erlosch 973 daS Geschlecht Hun^ 
frid'S, . 
Vaduz, den 2 Oktober. Die heurige Weinernte ist nun 
im ganzen Lande zu Ende und hat, den gehegten Erwartungen 
gerecht, gleich ihrer Vorgängerin im Jahre 1872 ein klägliches 
Resultat geliefert, ein Umstand, den man bei der in Folge der 
Rheinlasten bereits auf das Höchste gespannten Steuerkrast 
des Ländchens als sehr unwillkommen bezeichnen darf. Als 
eine nicht minder unangenehme Zugabe zu dieser Mißernte er- 
scheint die f. g. Traubenkrankheit, welche im Spätsommer fast 
itt allen Reblagen des-Ländchens zur Beobachtung gekommen' 
ist. Ihr verspätetes Eintreffen mag vielleicht Schuld sein, daß 
der krankhafte Prozeß auf Rebstock und Laub beschränkt blieb 
und dje bereits stark entwickelten Trauben nicht mitergriffen 
wurden. Per Weinbauer wird deshalb im kommenden Jahre 
schon frühzeitig über ein etwaiges Wiedereintreten der Krank- 
heit Einsicht, nehmen müssen, denn die gegen diese gefürchtete 
Plage des WeinstockeS in Anwendung gebrachten Mittel nament- 
lich das ^Schwefeln" sollen erfahrungsgemäß ihre günstige Wirk- 
zwischen den eben bezeichneten als Weide benutztenTerassen und 
den lehnigen Fuß der Berge liegen und die eigentliche Wald- 
region unserer Älpen bilden oder bilden sollten. Die vielen 
Keinen Bäche der obern Region haben sich Hier zu größeren ge- 
sammelt, die soweit nicht unzerstörbare Felsbänke Widerstand lei- 
steten, im Laufe der Zeit tiefe Runsen ausspülten und aus dem 
hier fortgerissenen Material die Schuttkegel am Fuße der Berge 
aufbauten, auf denen die schönsten Dörfer, und die fruchtbarsten 
Kulturländereien liegen. Von hier aus verbreitet sich Schrecken 
und Verderben, wenn sich in den Runsen große Schutt- und 
Wassermassen sammeln und dem Fuß der Berge zuwälzen. 
Von der untersten Regien kommen nur die Schuttkegel der 
Jetztzeit und ihre nächste Umgebung in Betracht. Sie liegen 
durchweg höher als nebenliegende Gebäude und sind jetzt noch 
in sprtwährender Erhöhung und Ausbreitung begriffen. Durch 
ihre Erweiterung werden von Jahr zu Jahr beträchtliche Flächen 
des fruchtbarsten und werthvollsten Landes verödet, einzelne 
Wohnungen und ganze Dörfer bedroht, Straßen und Flüsse ge- 
sperrt, überhaupt die großartigsten Schädigungen angerichtet, 
ung nur dann ausüben, wenn sie frühzeitig beim ersten Wahr- 
nehmen der Krankheit angewendet werden. 
Die Obsternte ist gleich der Weinernte mit geringen Aus- 
nahmen als eine gänzlich gefehlte zu bezeichnen. Dagegen 
läßt sich über die Erträgnisse des Wies- und Ackerbaues sowohl 
in Quantiät als Qualität- Erfreuliches berichten. 
Auch unser alter Störefried, dem man anderwärts den 
Namen „Vater Rhein" beizulegen pflegt, hat sich in -diesem 
Jahre in der That väterlich aufgeführt und uns die seltene 
Gelegenheit verschafft, über Rheinnöth und Verwüstung Nichts 
berichten zu dürfen. Mögen derartige glückliche Umstände nicht, 
wie schon in früheren Zeiten Sorglosigkeit einschleichen lassen, 
denn noch sind unsere Rheinschutzbauten erst recht angefangen 
und verlangen, wenn sie auf solide und dauerhafte 
Art fortgesetzt werden sollen, noch so große Opfer 
an Geld und Arbeit, daß wir allein denselben sehr wahr- 
scheinlich nicht gewachsen sein werden. Doch fest vertraut auf 
die eigene Kraft, weg mit dem Oertlegeist und KirchthurmS- 
interessen unter dem Wahlspruche: „Einer für Alle," fest ver- 
traut auf die viel bewährte Hochherzigkeit unseres durchlauch« 
tigsten Landesfürsten! - 
Und Ihr Vertreter des Landes, die Ihr vom Volke gewählt 
seid, zu hüten und zu wachen für des Landes Wohl, laßt die 
Frage der Fortsetzung und endgiltigen Vollendung der Rhein- 
schutzbauten und der Beschaffung der hiezu notwendigen Mittel, 
im nächsten Landtage nicht unvorbereitet an Euch herantreten, 
sondern schaart Euch frühzeitig, aus eigenem Antriebe um eine 
Angelegenheit, welche die materielle Existenz eines hart bedrängten 
Völkleins zu untergraben droht ! 
Politische Rundschau. 
Deutschland. Sehr großes Interesse erregt gegenwärtig 
der jüngst vom „Staatsanzeiger" veröffentlichte Brief des Papstes 
an den deutschen Kaiser vom 7. August Der Papst bezeichnet 
die von der Regierung ergriffenen Maßregeln mehr und mehr 
als auf Vernichtung des Katholizismus zielend. Wenn der 
Kaiser, wie dem Papste mitgetheill werde, das Verfahren der 
Regierung nicht billige, werde dann der Kaiser nicht die Ueber- 
zeugung gewinnen, daß solche rigorose Maßregeln keine andere 
Wirkungen haben, als den eigenen Thron zu untergraben? 
Der Papst rede mit Freimuth, {em Panier sei die Wahrheit. 
Pflicht deS Papstes sei eS auch, den Nichtkatholiken die Wahr- 
heit zu sagen: denn Jeder, welcher die Taufe empfangen , ge- 
höre in irgend einer Beziehung und irgend einer Weife dem 
Papste an. Der Papst Hofft, diese Betrachtungen in gewohnter 
Güte aufgenommen zu sehen : 
Die kaiserliche Antwort vom 3 September ist erfreut von 
welche die an Verheerungen so reiche Gebirgsnatur aufzuweisen 
hat. 
Diese Schädigungen beschränken sich nicht auf die nächste 
Umgebung der Schuttkegel, ja nicht einmal auf die Gebirgsge 
genden, sie machen sich durch das Füllen der .Flüsse mit Geschie- 
ben und durch das rasche Anschwellen und. Abnehmen des Wasser- 
standes im ganzen Lande fühlbar.. 
Die Quelle dieser Uebel liegt in den, der oben näher bezeich- 
neten mitleren Region angehörenden Runsen und in ihrer ver- 
rutschten Umgebung und die eigentliche Ursache im raschen An- 
sammeln und Abstießen des Regen- und Schneewassers aus der 
obern, zum weitaus größten Theil baumlosen Region 
Ganz beseitigen lassen sich die mit den Gebirgsbächen ver 
bundenen Uebelstände nie, sie sind so'innig mit der Natur des 
Gebirges verbunden und stehen in so engem Zusammenhange mit 
der nie ruhenden Umgestaltung der Erdoberfläche, daß sich eine 
Gebirgsgegend ohne verrutschte Hänge und ohne Runsen, die 
ihre Sohlen vertiefen und durch Ablagerung von neuem Ge- 
schiebe die Schuttkegel vergrößern, gar nickt denken läßt. Dage-
	        

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