angenehm berührt waren von der persönlichen Liebenswürdig-
keil, mit welcher ihnen der Reichskanzler begegnete.
Auch der König benützt jede Gelegenheit, seine Zufriedenheit
mit der Reise nach Berlin auszusprechen. Dem Fürsten Bis-
marck verlieh er den Annunciaten-Orden, unv auch Graf Roon
soll, wie der Feldmarschall Moltke, den militärischen HauSorden
von Savoyen erhalten haben. Ueberdies habe der König dem
Fürsten Bismarck als Geschenk eine kostbare Tabatiere über-
reicht, deren Werth auf 35,000 Franken geschätzt wird. Die-
selbe tragt in der Mitte das Miniaturbild deS Königs von
einem Kranze Diamanten eingefaßt, und hat an den vier Ecken
prächtige Edelsteine.
In dem Verkehr des Königs mit dem Kaiser und der kaiser«
lichen Familie herrschte die größte Herzlichkeit; besonders er-
freute sich die Kronprinzessin der Aufmerksamkeit Viktor Ema-
nuelS. Es bestätigt sich, daß der Kaiser den Wunsch geäußert
hat, dem König in Rom den Besuch zu erwidern. Es ist
jedoch sehr fraglich, ob in Anbetracht des Alters deS Monarchen
und der Strapazen einer so weiten Reise dieser Wunsch erfüllt
werden wird. Der Kronprinz hat jedoch fest versprochen, nach
Rom zu kommen und zwar mit seinem ältesten Sohne.
Frankreich. Büffet, der Präsident der Nationalver-
sammlung sagte den Franzosen in einer Rede, die er am land-
Wirtschaftlichen Fest in Mirecourt hielt: „Zwei unserer schön-
sten, reichsten, patriotischsten Provinzen sind von uns getrennt
und wir haben unsere Verteidigung im Osten verloren! Wir
bewohnen heute, wie vor einiger Zeit einer der tapfersten Führer
unserer Armee sagte: ein Haus, welches keine Thüren und Fen-
ster hat. Frankreich bat Deutschland sein kolossales Lösegeld
bezahlt, aber dieses Wort „bezahlt" darf uns keine Illusionen
bereiten, und wir müssen nicht glauben, daß wir unserer schuld
quitt sind. Wir haben nur die Gläubiger geändert. Man
werde ncue Steuern einführen müssen."
Die Wiederherstellung der Monarchie dürfte in Frankreich,
wenn nicht unwahrscheinlicher Weift etwa revolutionäre Ereig-
nisse dazwischen treten, ein ausgemachter Handel sein. Das
rechte Centrum hat dieselbe aceeptirt und darauf hat die Rechte
die dreifarbige Fahne in den Kauf genommen. DaS linke
Centrum wird mit Ausnahme einiger seiner Führer, die es schon
öfter im Stiche gelassen, ebenfalls für die Monarchie stimmen.
Man rechnet für dieselbe auf eine Mehrheit von circa 50
Stimmen.
Der ThierS'fche „National" schreibt über die Absichten der
Royalisten, wie folgt: „Wenn man der Majorität sicher ist, so
wird man der National-Versammlung vorschlagen: 1) Die
Monarchie im Princip und ohne zu sagen, welche, zu vonren;
2) den Marschall Mac Mahou zum General - Lieutenant des
Königreichs zu ernennen; 3) eine Kommission von 30 Mit-
Gleich dem Engel der Barmherzigkeit ging sie von Bett zu
Bett, von einem Leidenden zum anderen um zu trösten und zu
Helsen; hier die verordnete Medizin reichend, dort ein loses Ver-
bandstück mit geschickten, zarten Händen befestigend, liebenswürdig,
theilnehmend gegen Alle, voll Heiterkeit trotz der ernsten Be
schäftigung, ohne ihrer Frauemvürde das Geringste zu vergeben
Dafür genoß sie aber auch die Anerkennung, das Vertrauen
und die Zuneigung sämmtlicher Patienten. Wö sie erschien, wurde
sie wie eine Botin des Himmels begrüßt und selbst die schwersten
Kranken suchten zu lächeln, wenn sie an ihr Läger trat. Da gab
es auch nicht Einen, der ihr nicht zum Danke verpflichtet war,
dem sie nicht einen Dienst geleistet hätte, dem sie nicht die
Zeitung oder aus einem guten Buche vorgelesen, um ihm die
Langweile zu vertreiben, für den sie nicht schon einen Brief an
Eltern, Freunde oder Verwandte geschrieben.
Einen derartigen Liebesdienst erwies sie auch heute dem
rheumatischen Grützner, als er sie darum ersuchte, der Louise
seine Ankunft anzuzeigen, damit sie ihn im Lazareth besuchen
sollte. Merkwürdiger Weise zuckte die junge Dame unwillkürlich
gliedern zu erwählen, um die konstitutionellen Gesetze für VaS
nicht definirte monarchische Regime anzufertigen; 4) die Ver-
sammlung während der Vorbereitung dieser Gesetze zu vertagen."
Italien. Eine kleine, aber bedeutungsvolle Statistik über
die allgemeine Volksbildung. Von denjenigen Militärpflichtigen,
welche 1843 geboren, also 1863/64 zur Einstellung gelangt
sind, erwiesen sich als des Lesens und Schreibens unkundig
nicht weniger als 65,46 Prozent. Dieser nur allzu bezeich-
nende Prozentsatz hat sich nun während der letzten neun Jahre
durchschnittlich vermindert, und ist für das Zahr 1871/72
auf 46,74 gesunken.
Dem Turiner „Conte Cavour" wird mitgetheilt, daß an
Stelle der bisherigen Kopfbedeckung der italienischen Generale
der preußische Helm mit Federbusch treten solle.
Schweiz. Genf. Die internationale Friedens- und
Freiheitsliga hat die Resultate ihrer diesjährigen Verhandln«-
gen in folgende Sätze zusammengefaßt:
Bei dem gegenwärtigen Zustand Europas scheinen ekn-
fache Verträge, welche zwischen zwei und mehreren Völkern clb-
geschlossen werden, die wirksamsten Mittel zu sein, um die An-
Wendung der Schiedsgerichte in die internationale Praxis ein-
zuführen.
Die positive Gesetzgebung hat mit der Moral übereinzu-
stimmen; die Grundlage der Moral ist die Autonomie der
menschlichen Person; das Recht, d. h. die positive Gesetzgebung
über daö Gerechte und Ungerechte, steht über der Gewalt, die
legitim nur interveniren kann, indem sie das Recht vertheidigt;
das moralische Gesetz ist dasselbe in den Beziehungen von Volk
zu Volk, wie von Bürger zu Bürger, und es sind vor der
Moral folglich auch vor dem Recht, die Völker gleich welches
auch die Ausdehnung ihres Territoriums und Stärke ihrer
Bevölkerung sein mag; sie haben unter Wahrung der indivi-
duellen Rechte der und durch die Uebereinstimmung der Na-
tionen als allgemein menschlich konstatirten Interessen daS Recht,
sich auf politischem, landwirtschaftlichem und religiösem Gebiet
nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit selbst zu regieren; weder
ein Individuum noch eine Regierung kann gesetzmäßiger Weise
nach Anexion oder Eroberung über sie verfügen; dieses Recht
der Völker,' sich selbst anzugehören und sich selbst zu regieren,
ist unveräußerlich und unverjährbar.
— DaS Inventar des Herzogs von Braunschweig stellt stch
nach Abzug seiner persönlichen Guthaben in Deutschland, auf
die man nicht viel zählt, auf die Summe von 22,400,000 Ar.
Die Steine und Pretiosen wurden schließlich aus nur 1,800,000 Fr.
gewerthet. Freilich sagt man, diese Schätzung erreiche nicht die
Hälfte des wahren WertheS, und es liege ihr eine leicht zu
erklärende Absicht der Genfer Juweliere zu Grunde. Sie
werden zuerst im Falle sein, Angebote zu machen und die
zusammen, als er ihr zu diesem Behuf den Namen seiner Oe-
liebten und seinen eigenen nannte. *
„Hans Grützner"? fragte sie, als ob sie nicht gut gehört
hätte.
„Zu Befehlen, mein gnädiges Fräulein. Hans Grützner von
der dritten leichten Feldbatterie, Offiziersbursche beim Lieutenant
von Hartleben, gegenwärtig als Verwundeter im Lazareth Barrcicke
Nr. Z6," perorirte er mit militärischer Präzision.
„Und die Adresse lautet —"
„Louise Schwalbe, Kammerjungfer bei der Geheimräthin von
Schmerling."
Wieder zuckte sie zusammen und eine plötzliche Röthe bedeckte
das liebliche Gesicht, während sie halb verlegen, halb schalkhaft zu
dem Lieutenant hinüber blickte, der ganz in der Nähe lag, so daß^
er jedes Wort hören konnte.
(Fortsetzung folgt.)