Liechtensteinische
Vaduz, Freitag
Nr. 29.
den 8. August 1873.
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werden franco erbeten an die Redaction in Vaduz.
Jur Klarstellung an unsere Leser.
Da uns schon einige Male verschiedene Einsendungen, die
über religiöse Fragen bandeln, zugekommen sind und wir selbe
nicht in unser Blatt ausnahmen, so fühlen wir uns verpflichtet,
unseren Standpunkt in dieser Beziehung klar zu stellen.
Es war und ist jetzt noch unsere Tendenz, religiöse Fragen
nicht in der „Liechtensteinischen Wochenzeitung" zu behandeln,
sondern nur bei wichtigeren Vorkommnissen auf religiös-kirch«
lichem Gebiete einfach kurz den Sachverhalt ohne kritisirende
Beigabe milzutheilen.
Wir begründen dies unser Verhalten folgendermaßen:
In erster Linie ist der Wirkungskreis unseres BlatteS kein
religiöser. Unser Ländchen ist Gottlob noch im glücklichen Be-
sitze des religiösen Friedens. Dle-xeliglöL politischen Hetzen und
Hadereien, wie sie z. B. in
sind, haben bei unserer Bevölkerung bis jetzt keinen Eingang
gefunden. Möge dieses einträchtige, religiöse Nebeneinander-
leben, wo Jeder injfer^ nicht
den „Freimaurer" oder den „Jesuiten" erkennt, auch künftig-
hin fortgedeMn?
Wenn auch in unserem Ländchen die Ansichten in religiöser
und zum Theile auch in politischer Beziehung verschiedene sind,
so-entstehen doch durch diese Meinungsverschiedenheiten keine
weiteren Zwistigkeiten und wird daher auch daS bürgerliche
Zusammenleben nicht störend berührt. Wir sind ohne organi-
sirte religiös-politische Parteiungen und dieser Sachverhalt eM-
spricht unbedingt am besten unseren abgeschlossenen kleinen Ver-
hältnissen. Es wäre wahrhaftig höchst überflüssig, wenn wir
zu dem Kampfe mit den Elementen und mit unserer Lebens-
existenz noch die gegenseitige Gefeindung religiöS-politischer Par-
feien hätten.
Mancher könnte zwar durch diese Erklärung zu dem Schlüsse
geneigt sein, unser Verhallen sei die Folge von religiösem In-
differentismus oder religiöser Gleichgiltigkeik. Wir glauben jedoch,
daß wir gerade dadurch, daß wir den religiösen Frieden auS
politischem Takt zu erhalten tVchlen^ der Religion mehr Acht-
ung zollen, als wenn wir durch"IntMe Abhandlungen über
religiöse Themate ein Parteiwesen im Lande schassen würden.
Aus diesen Gründen treten wir nicht ein in das unerquik-
liche Gebiet religiöser Zeitungsstreitigkeiten.
Die Religion als die einzige, wahre und allgemeine Hüterin
der Sittlichkeit möge unentweiht vom politischen Parteistand-
punkte von den Vertretern der Religion in der Kirche in acht
christlicher Weise dem Volke geboten werden; möge sie nie zu
politischen Zwecken mißbraucht oder mit politischen Ansichten
vermengt werden. Wird aus Politik Religion, oder umgekehrt
aus Rettgion Politik gemacht, dann verliert das hehre himm-
tische Bild den veredelnden Charakter und statt Hebung der
Sittlichkeit ist dann der Hader schroff sich gegenüberstehender
Parteien die Wirkung und Folge solcher Mißverhältnisse.
Wir glauben hiemit unsere Haltung in dieser Frage be-
gründet und klargestellt zu haben, und glauben auch, daß jeder
unbefangene Beurtheiler diesem Vorgehen in Anbetracht der
Verhältnisse unseres kleinen Vaterlandes seine Zustimmung nicht
versagen kann.
Die Redaktion.
Vaterländisches.
(m) Bilder aus der vaterländischen Geschichte.
2. Die Zeit der Römerherrschaft.
Der Gewalt der Römer sollte auch die Freiheit der räti-
schen Völkerschaften weichen. Das benachbarte Helvetien, wie
Feuilleton.
Meister Martin, der Kiisner, und seine Gesellen.
Novelle von E. T. A. Ho ff mann.
(Fortsetzung.)
Sonntags, als Alles lustig hinauszog, als Meister Martin,
von seiner Wunde ziemlich genesen, ihn einlud, mit ihm und
Rosa nach der Allerwiese zu wandeln, da lief er, die Einladung
ablehnend, ganz vernichtet von Schmerz und banger Liebesnoth
einsam heraus nach dem Dorfe, nach dem Hügel, wo er zuerst
mit Reinhold zusammen getroffen. Er warf sich nieder in das
hohe blumigte Gras, und als er gedachte, wie der schöne Hoffnungs
stern, der ihm vorgeleuchtet auf seinem ganzen Wege nach der
Heimath, nun am Ziele plötzlich in tiefer Stacht verschwunden,
wie nun sein ganzes Beginnen dem trostlosen Mühen des Träumers
gleiche, der die sehnsüchtigen Arme ausstrecke nach leeren Luftge-
bilden, da stürzten ihm die- Thränen aus dm Augen und herab
aus die Blumen, die ihre kleinen Häupter neigten, wie klagend um
des jungen Gesellen herbes Leid. Selbst wußte Friedrich nicht,
daß die tiefen Seufzer, die der gedrückten Brust entquollen, zu
Worten, zu Tönen wurden. Er sang folgendes Lied:
Wo bist du hin
Mein Hoffnungsstern?
Ach, mir so fern,
Bist mit süßem Prangen
Andern aufgegangen!
Erhebt euch, rauschende Abendwinde,
Schlagt an die Brust,
Weckt alle tödtende Lust.
Allen Todesschmerz,
Daß das Herz,
Getränkt von blutigen Thränen
Brech' in trostlosem Sehnen.
Was lispelt ihv so linde,
So traulich, ihr dunkeln Bäume?
Was blickt ihr, goldne Himmelssäume,
So freundlich hinab?