Volltext: Liechtensteinische Wochenzeitung (1873)

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den Staaten zum Schutze unv zur Verfolgung ihrer Rechte nur 
Selbsthülfe also zuletzt Krieg übrig. Indem aM- durch diesen 
die Entscheidung lediglich von der Macht und dM Zufall ab- 
hängig HßlaHt wftd, fo ist WstS'MiW als än^sich durchaus 
VWUnWDMg M wegen 7DyGnsqMn JWmerS^ den eS 
üRr'ÜW^Ä^ge verbreitet, äls eine Geisel derÄenschheit und 
alS einMM'ln der Unvollkommenbeit der menschlichen Zustande 
begründete Notwendigkeit anzusehen, die das Völkerrecht ganz 
zy. beseitigen und einstweilen möglichst zu lindern bemüht sein 
niuß. We^ auch bie'K^iege durch den furchtbaren Ernst, womit 
sie in alle LebenSverhältniße zerstörend eingreifen, zur Abhär- 
Mg, Prüfung uhd Läuterung' ber'.IBBlfrr, zur Entwicklung 
ihrer Kräfte, zur Erwecküng und Stärkung der nationalenGe- 
siunung, ja selbst zu. einer, gehobenen religiösen und sittlichen 
Auffassung des Lebens beitragen: so reicht dieses doch, um 
den Krieg, wie viele meinen, zu einem nothwendigen Stück der 
Weltordnung zu erheben, nicht hin, und es wäre um die Ver- 
VollkommnuugSfahigkeit der Menschheit schlecht bestellt, wenn 
nicht zuletzt durch die Macht der Menschlichkeit und Religion 
dieselben Wirkungen erzielt werden könnten. Wenn 'sich auch die 
Idee eines dauernden Weltfriedens vielleicht nie ganz verwirk- 
lichen wird, so begrüßen wir doch den friedensfreundlichen An- 
trag deS englischen Abgeordneten Richards, in'dem bei gebö« 
riger Verwirklichwlg seines Antrages durch Einfübrung eineS all» 
gemeinen völkerrechtlichen Schiedsgerichtes der Krieg doch viel sel- 
tener werden wird, womit man dem Ziele eines dauernden Welt 
friedens schon bedeutend näher rückt. Unser kleines Vaterländchen 
ist gegenwärtig die einzige und wahre Friedensinsel Europa'S, 
und gewiß liegt in unserer gänzlich unbewaffneten Stellung 
mehr Macht, als wenn wir einige Dutzend Soldaten mit Pulver 
und Blei paradieren lassen müßten Ein Kind, das sich nicht 
vettheidigen kann, ist am sichersten vor dem Angriffe; und unser 
unbewaffnetes Ländchen ist anderen Staaten gegenüber in dieser 
Hinsicht auch ein Kind. Möge unser Zustayd. noch .langes 
währen und der Vater Rhein nebenbei jedoch uns nicht meuch- 
lingS überfallen Und wenn einst unser kleines StautSleben 
in einem größeren aufgehen sollte, dann möge der allgemeine 
Weltfriede das große Welttba! überschatten. Schöne Ideen 
das, aber es verwirklichen sich eben nicht alle. Vorderhand 
wollen wir unbemerkt und zurückgezogen in uuserm kleinen 
Ländchen fortleben und fortarbeiten. Wir wollen nicht, daß 
däs Ausland viel von uns redet, wir sind nicht ehrgeizig. 
Schiller sagt ja zu unserem Tröste: Woran erkenn' ich den besten 
Staat? Woran du die beste Frau kennst: Daran mein Freund, 
daß man von beiden nicht spricht. 
Deutschland. Die „Dresdener Nachrichten" schreiben: 
Die Cholera (es läßt sich das nicht länger verschweigen) ge- , 
winnt in der Umgegend Dresdens an Verbreitung. Die Dör- 
Eonrad ergriff mit sittigem. zierlichen Anstände Rosa's Arm, Rein- 
hold und Friedrich schritten ganz unmuthig hinrenher. Die Leute, 
denen sie begegneten, blieben stehen unv schämen ihnen nach, in- 
dem sie sprachen: „Ei seht nur, seht, das ist der reiche Küper 
Thomas Martin, mit seinem holden Töchterlein und seinen wackeren 
Gesellen! Das nenn' ich mir hübsche Leut!" — 
Wie Frau Martha mit Rosa von den drei Gesellen 
sprach. Konrad's Streit mit dem Meister Martin. 
Junge Mägdlein pflegen wohl alle Lust des Festtages erst am 
andern Morgen sich so recht durch Sinn und Gemüth gehen zu 
lassen, und diese Nachfeier dünkt ihnen dann beinahe noch schöner, 
als das Fest selbst. So saß auch die holde Rosa am andern 
Mdrgen einsam in ihrem Gemach, und ließ, die gefalteten Hände 
auf dem Schooß das Köpfchen sinnend vor sich hingeneigt, Spindel 
und Nätherei ruhen. Wohl mocht' es sein, daß sie bald Rein- . 
hold's und Friedrichs Lieder hörte, bald den gewandten Konrad 
sah, wie er seine Gegner besiegte, wie er^ sich von ihr den Preis 
des Siegerö holte, denn bald summte sie ein paar Zeilen irgend 
ser Gorbitz, Wölfnitz, Pusterwitz, Löbtau zc. .stallen dem >un- 
heimlichen Gaste aus Asien ein nicht unbetrsWWHes 
gent von Opfern, und nichj weniger alö 50 Prozent der Eholew- 
fälle verlaufen mit tödtWem ÄtlsgMW 
Oesterreich. Für die Mkeiterwelt ' OestMeMs stehen 
dunkle Tage bevor. Ueberäll Entlassungen! „Die"Roth stei- 
gert sich von Tag zu Tag, schreibt der „Volkswilie," und wäh- 
rend für die „bedrängte Börse" Millionen unt> Millionen ge 
zeichnet werden, sieht man das arbeitende Volk verlassen von 
der ganzen Gesellschaft, für die eS gewirkt Und geschaffen. ES 
wäre ja gegen die „wirtschaftliche* FrMeit," d. h. gegen die 
Herrschaft des fesselfreien KapitÄs, ' würde der Staat zu Gun 
sten der Arbeiter eintreten " 
Aus Klagen furt theilt man der „Presse" umter'm 39 Zum 
folgende Geschichte' Mit: „ Einem Zimmermann kam heute die 
furchtbare Idee, sich auf eine bisher noch nicht dagewesene 
gräßliche Weise das Leben zu nehmen. Er tränkte nämlich 
feine Kleider mit Petroleum und zündete hierauf sich selbst mit 
einem Zündhölzchen an. Der Unglückliche stand sogleich in 
Flammen eingehüllt, sein Schmerzgebrülle war schaude, Haft. 
A!S derselbe dem allgemeinen Krankenbause übergeben wurde, 
war die Haut verko.hlt und erfolgte der Tod des Selbstmörders 
in kurzer Zeit, ohne daß derselbe, scheinbar wenigstens, noch 
zur Besinnung gelangte oder Schmerzäußerungen machte. 
Die Wiener Weltausstellung wurde im Monat Juni von 
1,216,118 Personen besucht, darunter 684,956, welche den 
jeweiligen Tagespreis entrichtet haben — unter diesen haben 
179,151 Personen den Preis von einem Gulden und 504,005 
Personen den Preis von 50 Kreuzern erlegt. Der Erlrag an 
vierzebn „Fünfzig-Kreuzer-Tagen" kommt der Summe von 
252,002 Gulden gleich, gegenüber dem Erlöse von 179,151 
Gulden an sechzehn „Gulden Tagen." Die tägliche Durch- 
schnittsziffer beträgt 40,537 Besucher, worunter 22,802 Personen 
die den vollen Tagespreis entrichtet haben. , 
Frankreich. Der Schah von Persien, von dem die Zeit- 
ungen so viel reden, ist auf seiner europäischen Rundreise nun 
auch nach Paris gekommen. Der Überschwang!ich pomphafte 
Empfang, der diesem morgenländischen Fürsten in Berlin und 
London bereits zu Theil wurde, hat die Franzosen veranlaßt, 
alleö Mögliche aufzubieten, damit der Asiat von der grande 
Nation, der Blume des Abendlandes einen richtigen Begriff 
erhalle. So hat der Slavtrath von Paris 130,000 Fr. und 
die Nationalversammlung 350,000 Fr. für einen würdigen 
Empfang des Schah von Persien bewilligt, wofür ganze Nacht- 
feste und großartige Illuminationen in Paris angeordnet werden. 
Die Wiener „Presse" bringt über diesen erlauchten Reisenden 
u. A. eine Schilderung, wie sich seine persische Majestät an 
der kaiserlichen Tafel in Berlin gerirte. Hier nahm sie mit 
eines ^iedleins, bald lispelte sie: Meinen .Strauß wollt Ihr? und 
dann leuchtete höheres Roth auf ihren Wangen, schimmerten 
Blitze durch die medergesenkteu Wimpern, stahlen sich leise Seufzer 
fort aus der innersten Brust. Da trat Frau Martha hiuein 
und Rosa freute sich nun, recht umständlich erzählen zu können, 
wie alles sich in der St. Katharinenkirche und aus der Allerwiese be- 
geben. Als Rosa geendet, sprach Frau Martha lachelud: „Nun 
liebe Rosa, nun werdet Ihr wohl bald unter drei schmucken Freiern 
wählen können?" „Um Gott," fuhr Rosa auf, ganz erschrocken 
und blutroth im Gesicht bis unter die Augen, „um Gort, Frau 
Martha, wie meint Ihr denn das — ich! — drei Freier?" 
„Thut nur nicht so," sprach Frau Martha weiter, „thut nur nicht 
so, liebe Rosa, als ob Ihr gar nichts wissen, nichts ahnen könntet. 
Man müßte ja wahrhaftig gar keine Augen mehr haben, man 
müßte ganz verblendet sein, sollte man nicht schauen, daß unsere 
Gesellen, Reinhold, Friedrich und Konrad, ja daß alle drei in 
der heftigsten Liebe zu Euch sind." „Was bildet Ihr Euch ein 
Frau Martha," lispelte Rosa, indem sie die Hand vor Augen 
hielt. „Ei" fuhr Frau Martha fort, indem sie sich vor Rosa hin- 
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