Volltext: Medien in Liechtenstein

«Im Schutzbereich der Meinungsgrundrechte sind – auch mittelbare – För derungsmassnahmen des Staates an eine strikte Neutralität gebun- den», schreibt Höfling und meint weiter: «Verzerrungen des publizisti- schen Wettbewerbs müssen vermieden werden. Der Neutralitätspflicht des Staates entspricht aber auf Seiten des Trägers der Pressefreiheit ein Anspruch auf Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb.»208 Die innerstaatliche Akzeptanz der Bedeutung der EMRK geht aus der neueren Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes hervor. Die Meinungs freiheit wird nicht nur durch Art. 40 LV, sondern auch durch Art. 10 Abs. 1 der EMRK umfassend geschützt. Während aber in den 60er Jahren noch kaum ein Grundrechtsbewusstsein entwickelt war (trotz einschlägiger Verfassungsbestimmung), schwenkte der StGH in den 90er Jahren auf eine EMRK-konforme Auslegung ein. Anlassfall war eine Klage des Staates Liechtenstein, Stein des Anstosses ein Kom - men tar des damaligen Chefredaktors der Zeitschrift «Löwenzahn» mit folgendem Wortlaut: «Solange solche Firmenkonstruktionen wie Stif - tun gen etc. unkontrolliert handhabbar sind, solange verwinkelte Finanz - trans aktionen nicht transparent gemacht werden können, solange die Justiz versumpft bleibt, solange bleibt auch der Vorwurf bestehen, dass Liechtenstein ein durch und durch verkommenes und verbrecherisches Staatsgebilde darstellt. Eine Eiterbeule im Herzen Europas, darauf spe- zialisiert, die ‹Geschäfte› von Betrügern, Gaunern und sonstigem Unrat zu verschleiern und somit zu ermöglichen. Eine fette Made, die von Scheisse lebt, aber nach aussen hin weiss ist und glänzt. Zertreten!»209 Dieser von der Staatsanwaltschaft am 22. Dezember 1992 wegen Verun - glimpfung des Staates gemäss Art. 248 des Strafgesetzbuches zur Anzei - ge gebrachte Kommentar genügte dem StGH jedenfalls nicht, um die vom Landgericht verhängte und vom Obergericht bestätigte Strafe zu sanktionieren. Das Verfahren endete mit einem Freispruch des Journalis - ten auf Grund des Individualrechtes auf freie Meinungsäusserung. Eine 113 
Verfassung und Grundrechte 208Höfling 1994, S. 133. Man könnte vielleicht sogar von einer versteckten Parteien sub - ven tionierung ohne gesetzliche Grundlage sprechen. Dass parteipolitische Motive in der Rechtsprechung mitgewirkt haben könnten, kann der folgenden vorsichtigen Formulierung von Höfling entnommen werden: «Die Gründe für die spezifisch liech tensteinische Irrelevanz der Meinungsfreiheit in der Recht spre chungs praxis dürf ten aber letztlich in tieferen Schichten der politischen Kultur zu suchen sein, denen hier nicht näher nachgegangen werden kann.» Höfling 1994, S. 133. 209Michael Heinzel im Löwenzahn Nr. 5/1992, S. 11 unter dem Titel «Stiften gehen!»
	        

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