3.1
Anfechtungsmöglichkeiten ebenso zahlreich wie vielfältig?857
—und, unter Umständen, die einzige Option?858,
Schliesslich kann judikatives Unrecht eine sowohl vólkerver-
trags- als auch landesrechtliche Haftbarkeit Liechtensteins (des be-
treffenden óffentlichen Rechtstrágers) nach sich ziehen?89,
Kommentar
Zusammenfassung und Kritik
Obwohl nicht alle Bestimmungen des Vólkervertragsrechts in die
Rechtsposition der Einzelnen eingreifen oder auch nur dazu geeignet
sind2860; betreffen (und regeln) sie in einem zunehmenden Masse die
gleichen Sachbereiche wie das Landesrecht. Dass sich immer wieder
Bestimmungen unterschiedlicher Natur und Herkunft gegenüberste-
hen, die sich in ihrem Inhalt widersprechen, liegt vor diesem Hinter-
grund auf der Hand*?86!; gerade in der international ausgerichteten
und verflochtenen Volkswirtschaft Liechtensteins sind grenzüber-
2857 Siehe z.B. für die Rechtsmittel unter dem EWRA Bruha (ESA und EFTA-Gerichtshof) und für
die Rechtsmittel unter dem ZV die Art. 27 bis 32 ZV. Unter dem ZV, dem WV und dem PSV
ist ein „Instanzenzug an das schweizerische Bundesgericht vorgesehen“, wobei dieser In-
stanzenzug, wie es von Kley (Verwaltungsrecht) S. 291 hervorgehoben worden ist, „auf die
von diesen Verträgen erfassten Materien beschränkt (ist)“. Diese Abgrenzung (‚auf die ... er-
fassten Materien beschränkt’) ist nur in der Theorie eine einfache; in der Praxis stellen sich je
nach den Charakteristiken des Einzelfalles zahlreiche (Abgrenzungs-)Probleme; siehe als
Musterbeispiel das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 4C.38/2001 vom 30. Mai
2001, BGE 127 III 461ff.
2858 Siehe hierzu das Urteil des EGMR vom 28. Oktober 1999 in der Rs Dr. Herbert Wille vs.
Fürstentum Liechtenstein vom 28. Oktober 1999 (deutsche Urteilsübersetzung in der EuGRZ,
Heft 17-20, 28. Jg. S. 475ff sowie Bearbeitung dieses Urteils bei Wolf Okresek, in: ÓJZ 2000
S. 6471f) und für die Lehre Kley (Landesbericht) S. 10.
2859 Siehe hierzu das 22. Kapitel Pkt. 2.
2860 Nur schon bei den von Art. XI StrAG vorbehaltenen Strafbestimmungen insbesondere des
Zollvertrags-, aber auch des übrigen Wirtschaftsvertragsrechts, die in der Vergangenheit wie-
derholt Anlass zu Normenkontrollverfahren vor dem Staatsgerichtshof gegeben haben, ist
dies jedoch nicht der Fall.
2861 Siehe die Situationsbeschreibung bei Waschkuhn (Justizrechtsordnung) S. 45: ,Gerade
Liechtenstein mit seinen lebensnotwendigen externen Verflechtungen wirtschaftlicher, sozio-
politischer und rechtlicher Art ist aufgrund seiner lagebedingten Umweltverwobenheit in viel-
fáltige grenzüberschreitende Koordinationsmechanismen ... eingebunden. Insofern hat sich
die liechtensteinische Gerichtsbarkeit mit Rechtsproblemen von ausgeprágter Vielfalt zu be-
scháftigen".
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