Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

20. KAPITEL: BEHEBUNG VON NORMENKOLLISIONEN 
AUF DER EBENE DER GESETZGEBUNG 
Ausgangslage 
Zur Änderung, Ergänzung oder Aufhebung bestehenden und zum 
Erlass neuen Landesrechts in Form von Rechtsvorschriften auf Ver- 
fassungs- und auf Gesetzesstufe kann es sowohl aufgrund von Regie- 
rungsvorlagen als auch aufgrund von Initiativen des Landesfürsten, 
des Landtages oder eines oder mehrerer Landtagsabgeordneten, des 
Volkes oder von Gemeinden kommen?/43, Die Regel ist eine Initiie- 
rung des Gesetzgebungsverfahrens durch die Regierung, die Aus- 
nahme eine solche auf dem Initiativweg. Die Verordnungsgebung folgt 
anderen Grundsätzen. 
Für die Durchführung eines Gesetzgebungsverfahrens beste- 
hen in Liechtenstein so gut wie keine Regelungen (z.B. über Abläufe, 
Fristen etc.). Trotzdem steht fest, dass das Vorrangprinzip alle Staats- 
organe bindet, d.h. nicht nur die Vollzugsorgane (die Judikative und 
die Exekutive, also die Gerichte und Verwaltungsbehörden), sondern 
auch die Legislative, d.h. die an einem Verfahren zur Änderung, Er- 
gänzung oder Aufhebung bestehenden oder zum Erlass neuen Lan- 
desrechts beteiligten Staatsorgane Landesfürst, Landtag und Regie- 
rung2744, 
Dieser Umstand ist eine Folge der Universalität des Vorrang- 
prinzips: Auch wenn das Vôlker(vertrags-)recht weit davon entfernt 
ist, die ,Nichtigkeit' ihm widersprechenden Landesrechts zu fordern, 
setzt es doch voraus, dass es von allen Staatsorganen nicht nur theo- 
retisch anerkannt, sondern auch praktisch umgesetzt wird?/^5, Für 
die Tätigkeit der Legislative bedeutet dies, dass von allen Schritten 
abzusehen ist, die (schon) auf dieser Ebene zu einer Verletzung des 
Vólkervertragsrechts führen — unabhángig davon, ob es um die Än- 
derung, Ergänzung oder Aufhebung bestehenden oder um den Er- 
lass neuen Landesrechts geht?/46, 
2743 Siehe hierzu das 17. Kapitel Pkt. 2.1. 
2744 Siehe hierzu das 14. Kapitel Pkt. 4.1.1. 
2745 Siehe hierzu das 14. Kapitel Pkt. 2.1 sowie für die schweizerische Lehre unter der alten BV 
Hangartner (Vólkerrecht) S. 661f. 
2746 Gleichlautend Saladin S. 87 für die Verfassungsgebung und anderslautend Hangartner 
(Völkerrecht) S. 663f, wonach „der Staat“ als Ausdruck seiner „faktische(n) Hoheitsgewalt“ 
unter Umständen auch „völkerrechtswidriges Landesrecht erlassen und durchsetzen kann“. 
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