Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

Gerichten als einen Gegenstand der Normenkontrolle. Im Ver- 
hältnis zu den Sonstigen Vollzugsorganen gilt das Vorrangprinzip 
als ein Grundprinzip der liechtensteinischen Verfassungsordnung. 
e Prüfungsmasstab der Normenkontrolle können — je nach der 
Rechtsquellenstufe des Prüfungsgegenstandes und unabhän- 
gig von ihrem Inhalt - nicht nur die von der EMRK?/9? und 
vom UNO-Pakt 11°73! garantierten Grundrechte, sondern auch 
andere völkerrechtliche Verträge wie z.B. das EWRA sein, die 
auf der Rechtsquellenstufe der LV oder eines formellen Geset- 
zes stehen. Irrelevant ist aber auch, ob es sich beim Prüfungs- 
masstab um einen unmittelbar anwendbaren oder nur um ei- 
nen mittelbar anwendbaren völkerrechtlichen Vertrag handelt. 
* Den Prüfungsgegenstand kónnen sowohl individuell-konkrete 
Vollzugsakte?/?? als auch generell-abstrakte Gesetzgebungs- 
akte bilden?/33, 
* Es ist den Anderen Gerichten untersagt, die Vólkervertrags- 
rechtsmássigkeit des Landesrechts in Form einer wie auch 
immer gearteten (Vorfrage-)Entscheidung zu überprüfen, die 
sich auf die Frage der inhaltlichen (, materiellen") Vereinbarkeit 
oder auf eine Geltungsprüfung ,in Hinsicht auf Gültigkeit, In- 
halt und Umfang"?7*^ des als Prüfungsmasstab dienenden 
vólkerrechtlichen Vertrages unter Einschluss einer Feststel- 
lung seiner Rechtsquellenstufe bezieht?/35, Dies zu tun bildet 
eine Prürogative des Staatsgerichtshofes, die ausnahms- und vor- 
2730 Art. 23 Bst. b SIGHG. 
2731 Art. 23 Bst. c StGHG. 
2732 Erwähnenswert ist, dass der Staatsgerichtshof in seiner Praxis in StGH 1999/6, n. publ., Pkt. 
2 der Entscheidungsgründe, S. 21 des Entscheidungstextes, dazu übergegangen ist, in den 
Fállen einer Verfassungsbeschwerde (Grundrechtsrüge) den Prüfungsmasstab auf eine Ver- 
háltnismássigkeitsprüfung auszudehnen, die den Tatbestand einer ,verfassungs- oder kon- 
ventionswidrigen Interessensabwágung" umfasst (Kursivstellung durch den Verfasser). 
2733 Keinen Gegenstand der Normenkontrolle bilden nach wie vor individuell-konkrete Akte des 
Landtages oder des Landesfürsten, und zwar auch dann nicht, wenn nicht ihre Verfassungs-, 
sondern ihre Vólkervertragsrechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Siehe hierzu die deutsche 
Übersetzung des Urteils des EGMR in der Rs Dr. Herbert Wille vs. Fürstentum Liechtenstein 
Nr. 28396/95, vom 28. Oktober 1999; in: EUGRZ 17-20/2001 S. 482f. Ob eine Notverordnung 
i.S.v. Art. 10 LV ,einer Normenkontrolle unterliegt", ist nach Batliner (Schichten) S. 295 ,nicht 
geklärt“. 
2734 Wille (Normenkontrolle) S. 264 nach einer „Formulierung“ von Batliner (Schichten) S. 296. 
2735 Siehe als Beispiel für einen solchen Fall, in dem ein Anderes Gericht nicht nur über einen 
echten Konflikt zwischen dem Völkervertrags- und dem Landesrecht befunden, sondern auch 
die ,Aufhebung' bzw. ,Ausserkraftsetzung' einer dem Vólkervertragsrecht widersprechenden 
Bestimmung des Landesrechts ausgesprochen hat, den Beschluss des OGH vom 10. Januar 
1979, Rs 172/78-24, LES 1981 S. 135f. 
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