worden sind?9^?: Im Geltungsbereich von Art. 28 Abs. 2 StGHG
kommt den Anderen Gerichten in der Frage der Verfassungsmässig-
keit kein , Entschliessungsermessen"?9^3 zu, Kommt es — in den Fällen
eines echten oder eines verdeckten Konflikts?9^^ — zu einer Anwendung
von Art. 28 Abs. 2 StGHG, wandelt sich das Vorlagerecht dieser
,Kann-Bestimmung/?9^5 mit dem Ergebnis in eine Vorlagepflicht um,
dass die Frage der Verfassungsmiássigkeit des betreffenden formellen
Gesetzes oder der betreffenden Verordnung dem Staatsgerichtshof
dann zur Prüfung zu unterbreiten ist, wenn entsprechende Bedenken
bestehen, d.h. wenn sich solche aus der in Frage stehenden Normen-
kollision ergeben oder - was der Regel entsprechen dürfte — von den
Prozessparteien geltend gemacht worden sind: Der Staatsgerichtshof
hat das ,, kann’ von ... Art. 28 Abs. 2 StGHG in ein ,muss’“2646 um-
gedeutet.
Entscheidend ist, dass diese Rechtslage in allen Fallen besteht,
in denen es zu einer Normenkontrolle durch den Staatsgerichtshof
kommen kann, d.h. nicht nur im Normalfall einer Uberpriifung der
materiellen Verfassungsmássigkeit des Landesrechts. In allen diesen
Fällen verhält es sich gleich; in allen diesen Fällen ist nicht nur von
einem Vorlagerecht, sondern von einer Vorlagepflicht der Anderen
Gerichte auszugehen, sobald Bedenken an der (formellen oder mate-
cherweise) mit keinem Wort eingegangen ist. Stattdessen wird StGH 1995/20, LES 1/1997 S.
39 in StGH 1998/3 in Form und Inhalt wiederholt.
2642 In StGH 1968/2, ELG 1966-1972 S. 238 hatte der Staatsgerichtshof unter Verweis auf Art. 3
Abs. 2 LVG erklàrt, das ,Prüfungsrecht" der VBI aufgrund von Art. 28 Abs. 2 StGHG er-
schópfe sich „in der Prüfung der formellen Gültigkeit von Gesetzen und Verordnungen". Damit
ist der VBI (ebenso wie den anderen Anderen Gerichten auch) die Befugnis zuerkannt wor-
den, die Erfüllung der drei Gültigkeitsvoraussetzungen eines formellen Gesetzes (Sanktion,
Gegenzeichnung und Kundmachung) selbständig, d.h. ohne Anrufung des Staatsgerichtsho-
fes zu überprüfen. In StGH 1978/8, LES 1981 S. 7 hatte der Staatsgerichtshof erklärt, die
„zuständigen Gerichte“ könnten sich „im Streitfall ... auf die in gehöriger Form genehmigten
und veröffentlichten Staatsverträge stützen“. Diese Erklärung suggeriert eine Befugnis der
Anderen Gerichte, die ‚gehörige’ Genehmigung und Kundmachung eines völkerrechtlichen
Vertrages im Sinne einer Gültigkeitsvoraussetzung in gleicher Art und Weise (d.h. selbstän-
dig) zu überprüfen wie in Bezug auf formelle Gesetze. Diesem Verständnis ist der Staatsge-
richtshof in seiner Praxis zu Art. 28 Abs. 2 StGHG, und zwar vor allem in StGH 1993/18 und
1993/19, LES 2/1994 S. 58 jedoch entgegengetreten. Zu diesem Ergebnis führt e contrario
aber auch das obiter dietum in StGH 1978/8, LES 1981 S. 7 insofern, als aus diesem zu
schliessen ist, dass sich die Anderen Gerichte auf nicht gehörig genehmigte und/oder veröf-
fentlichte völkerrechtliche Verträge eben gerade nicht ‚stützen’ können. In so einem Falle liegt
es auf der Hand, dass das betreffende Andere Gericht die Frage der formellen Verfassungs-
mässigkeit dem Staatsgerichtshof deshalb zur Prüfung unterbreitet, weil es nach Schurti
(Verordnungsrecht) S. 385 nur eine (wenn auch nur eingeschránkte) ,Prüfungsbefugnis", un-
ter keinen Umstànden jedoch eine , Verwerfungskompetenz" besitzt.
2643 Kley (Landesbericht) S. 18.
2644 Siehe hierzu das 17. Kapitel Pkt. 2.2.
2645 StGH 1998/3, LES 3/1999 S. 172.
2646 Kley (Landesbericht) S. 18.
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