Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

wendungsgebots (dem Vólkervertragsrecht gegenüber) ist?5?0, 
Unter beiden Prámissen bestehen klare und eindeutige Vorga- 
ben - die Anweisung námlich, das vom Volkervertragsrecht und 
nicht das vom Landesrecht angestrebte Ziel zu verwirklichen. Im 
Einklang mit der Regelung von Art. XI StRAG als einem Aus- 
druck des Vorrangprinzips?*?! handelt sich bei der Rechtsfolge 
der Unanwendbarkeit um das Modell eines , Anwendungs- 
vorranges^?9?? nach dem Vorbild der Simmenthal-Rechtspre- 
chung des EuGH?9?3, Dem Vëlkervertragsrecht widerspre- 
chendes Landesrecht ist ,nicht etwa nichtig, sondern bloss im 
konkreten Fall nicht anwendbar^?9»?^, Das dem Vólkerver- 
tragsrecht widersprechende Landesrecht kann diesem ,nicht 
im Wege stehen"?5?5; es wird von diesem ohne weiteres ,ver- 
drángt'2526, 
Von diesem Grundsatz bestehen die folgenden beiden Aus- 
nahmen: 
* Die erste Ausnahme bildet das ius cogens i.S.v. Art. 53 WVRK. 
Landesrecht, das ius cogens verletzt, ist — in Übereinstimmung 
mit Art. 53 erster Satz WVRK und in Abweichung von der in 
2520 Der Staatsgerichtshof ist auf eine solche Differenzierung in seiner Praxis nicht eingetreten. In 
StGH 2001/1, n.. publ., Pkt. 3.4 der Entscheidungsbegründung, S. 16 des Entscheidungstex- 
tes, spricht er davon, dass die Regelungen des Vólkervertragsrechts den entgegenstehenden 
des Landesrechts in den Fállen eines Vorranges ,vorgehen" bzw. dass sie diese ,verdran- 
gen“. Für die schweizerische Lehre unter der alten BV hat Hangartner (Völkerrecht) S. 663 
festgestellt, dass „im Prinzip die völkerrechtsfreundliche Regelung (gilt), dass in der Rechts- 
anwendung das Völkerrecht dem völkerrechtswidrigen Landesrecht ohne weiteres vorgezo- 
gen wird". 
2521 Siehe hierzu StGH 1993/21, LES 1/1995 S. 15. 
2522 Nuener S. 178 oder Hier S. 131 in Bezug auf das EWR-Hecht. Siehe zum Grundsatz des 
Anwendungsvorranges die Regelungen in anderen Bestimmungen als Art. XI StRAG, wie z.B. 
in Art. 56 EO, wo es heisst, dass diese ebenso wie ,die vorstehenden Bestimmungen" (die 
Art. 52 bis 55 EO) dann ,nicht zur Anwendung kommen", wenn in vólkerrechtlichen Vertrágen 
oder in Gegenrechtserklárungen der Regierung ,abweichende Anordnungen enthalten sind" 
(Kursivstellung durch den Verfasser). 
2523 Urteil des EuGH in der Rs 196/77 vom 9. Márz 1978, Simmenthal, Slg. 1978 S. 645 mit der 
vielzitierten Formel in der Rdzff. 24, wonach ,das nationale Gericht, das im Rahmen seiner 
Zustàndigkeit die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts anzuwenden hat, gehalten ist, für 
die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede — 
auch spátere — entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entschei- 
dungsbefugnis unangewendet lásst, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestim- 
mung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches 
Verfahren beantragen oder abwarten müsste" (Kursivstellung durch den Verfasser). 
2524 Thürer (Vólkerrechtsordnung) S. 112. Siehe zur Rechtslage in der Schweiz das Bundesamt 
für Justiz und Generaldirektion für Vólkerrecht (Gemeinsames Gutachten) S. 434. 
2525 StGH 2000/50, n. publ., Pkt. 3.4 der Entscheidungsgründe, S. 23 des Entscheidungstextes. 
2526 StGH 2001/1, n. publ., Pkt. 3.4 der Entscheidungsgründe, S. 16 des Entscheidungstextes. 
461
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.