Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

sich seiner völkerrechtlichen Bindungen durch den Akt eines seiner 
Staatsorgane (nachträglich) zu entziehen? 
Für Liechtenstein ist diese Frage zu verneinen. Zum einen kann 
(tatsächliches oder vermeintliches) Unrecht Dritter keine Legitimati- 
on für eigenes bilden. Zum anderen zwingt die Beschwörung Walchs, 
dass „die Einhaltung und Durchsetzung von internationalem Recht 
... der einzige Schutz (ist), der dem Kleinen im Konzert der Grossen 
zur Verfügung steht"!97^ zu Konsequenz. Konsequenz ist die Grund- 
lage nicht nur für die beiden Hauptgrundsátze und —maximen der 
Aussenpolitik Liechtensteins, sondern für dessen internationale 
Stellung überhaupt1975, 
Allein, Verlüsslichkeit und Glaubwiürdigkeit!'?78 beginnen nicht 
erst beim Eingehen vólkerrechtlicher Bindungen, sondern sehr viel 
früher: Bei den Strukturen eines Respekts vor dem Vólker(vertrags-)recht, 
dessen Ausdruck die nicht nur relative, sondern absolute Anerken- 
nung eines Vorrangprinzips ist, das - und zwar von Verfassungs wegen 
- weder heute noch morgen zur Disposition einzelner Staatsorgane 
steht noch gestellt werden darf. Auch und gerade Liechtenstein hat 
sich bewusst zu werden, dass das Vólkervertragsrecht seine Staat- 
lichkeit nicht nur garantiert, sondern einen wesentlichen Teil derselben 
bildet. So kann die vor allem aus volkswirtschaftlicher Sicht existenzsi- 
chernde Rolle und Funktion des Zoll- und der anderen Wirtschaftsver- 
tráge, durch die Liechtenstein in den Wirtschaftraum der Schweiz 
miteingeschlossen worden ist, nicht oft genug hervorgehoben wer- 
den. Das Vólkervertragsrecht konstituiert Liechtenstein, als Staatswe- 
sen verstanden, ebenso sehr wie das (geschriebene oder ungeschrie- 
bene) Verfassungsrecht; unter dem EWRA haben Bruha/Büchel diesen 
Umstand ebenso scharfsinnig wie subtil hervorgehoben!9?77, Wer sich 
gegen diese Wirklichkeit stellt - was nur unter der Voraussetzung ei- 
ner Negation des Vorrangprinzips geschehen kann — ignoriert die die 
Staatlichkeit Liechtensteins immer intensiver gestaltende Dimension 
des Vólkervertragsrechts. 
Das auf die Stabilitát der internationalen Zusammenarbeit so- 
wohl wirtschaftlich als auch politisch mehr denn je angewiesene 
Liechtenstein hat die Autoritát jener vólkerrechtlichen Bindungen zu 
1974 Walch S. 3. 
1975 Auf diesen Gesichtspunkt scheint vor allem Thürer (Vólkerrechtsordnung) S. 112 hingewiesen 
zu haben. 
1976 Siehe hierzu das 5. Kapitel Pkt. 3. 
1977 Siehe hierzu die Unterscheidungen zwischen der ,Internationalisierung der Verfassung", dem 
„Staat Liechtenstein als ‚Markt und dem ,Staat Liechtenstein als ,Republik" bei Bru- 
ha/Büchel (Grundfragen) S. 5ff. 
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