werden muss!7°6), während sich die Genehmigung eines völ-
kerrechtlichen Vertrages naturgemiáss ín einem einzigen bzw. in
einem. einmaligen (Zustimmungs-)Akt (des Landtages) erfüllt.
Auch aus diesem Grunde liegt der Tatbestand einer Nicht-
Vergleichbarkeit zwischen Art. 8 Abs. 2 LV einerseits und Art.
112 Abs. 2 LV andererseits in jenem Umfang vor, in dem aus
einer Gegenüberstellung dieser beiden Bestimmungen darauf
geschlossen werden soll, dass vólkerrechtlichen Vertrágen
grundsätzlich kein Verfassungsrang zuerkannt werden kann.
e Schliesslich kann Verfassungsrecht in der liechtensteinischen
Verfassungsordnung auch ausserhalb von Art. 112 Abs. 2 LV ent-
stehen, d.h. auch ohne eine Durchführung des in dieser Be-
stimmung vorgesehenen Verfahrens!’ Ein Beispiel hierfür
bildet die Praxis des Staatsgerichtshofes zum Bestand und In-
halt ungeschriebener Grundrechte wie z.B. des Willkürverbo-
tes1708.
Vor diesem Hintergrund lässt sich eine Argumentation, die
sich einzig und allein auf einen Hinweis auf die unterschiedlichen
Quoren von Art. 112 Abs. 2 LV einerseits und von Art. 8 Abs. 2 LV
andererseits stützt, nicht rechtfertigen. Stattdessen ist von der Leh-
re!7°9 sowie — vor allem - von der Praxis des Staatsgerichtshofes aus-
zugehen, die der EMRK einen ,faktischen' Verfassungsrang!710 und
dem EWRA einen verfassungsändernden bzw. —ergänzenden Cha-
rakter!711 zugebilligt hat und in der die Móglichkeit eines Verfas-
sungsrangs vólkerrechtlicher Vertráge in einem obiter dictum aus dem
Jahre 1991 wenn auch nicht explizit, so doch implizit zur Sprache ge-
kommen ist!/!2, Dieser Ansatz ist vor allem dort, wo er zu einer
Überprüfung von Gesetzgebungs- und Vollzugsakten auf ihre Vól-
kervertragsrechtsmássigkeit geführt hat!713, zu einem Bestandteil der
1706 Art. 30 Abs. 5 und 6 GOLT.
1707 Siehe hierzu Kley (Verwaltungsrecht) S. 67ff.
1708 Siehe hierzu StGH 1998/45, Jus&News S. 243ff sowie LES 1/2000 S. 1ff.
1709 Wille (Integration) S. 393 sowie ders. (Staatliche Ordnung) S. 88: "Halten wir fest, dass es
Vertráge gibt, die von der Verfassung abweichen".
1710 StGH 1995/21, LES 1/1997 S. 28.
1711 StGH 1996/34, LES 2/1998 S. 80.
1712 SIGH 1990/6, LES 4/1991 S. 136: ,Abschliessend ist festzuhalten, dass sich der Staatsge-
richtshof in diesem konkreten Fall nur mit sich aus der Verfassung ergebenden Verfahrens-
fragen zur Abstimmung über eine Volksabstimmung zu befinden hatte, jedoch nicht, ob und in
welchem Falle ein Staatsvertrag nach der geltenden Verfassung dem Referendum zu unter-
stellen sei, insbesondere dann, wenn es sich um einen verfassungsändernden Staatsvertrag
handeit" (Kursivstellung durch den Verfasser).
1713 Siehe hierzu das 18. Kapitel Pkte. 4 und 5.2.
327