Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

Ausländer” — wie vor allem im Geltungsbereich der Art. 28 und 36 
LV — „bestimmt“ 1942, 
Nach StGH 1985/1 hätte dies zur Folge, dass das EWRA in 
diesem Sachbereich an die Stelle eines formellen Gesetzes tritt. Ein so 
weit gehendes völkervertragsrechtliches Verordnungsrecht kann das 
Ergebnis von StGH 1985/1 jedoch unter keinen Umständen sein; der 
Inhalt dieses Rechtsinstituts ergibt sich vielmehr aus den gleichen 
Grundsätzen, wie sie auch für sein Gegenstück, d.h. für das landes- 
rechtliche Verordnungsrecht gelten. 
Steht die Durchführung eines völkerrechtlichen Vertrages in 
Frage, ist in jedem Fall zu überprüfen, ob der betreffende völker- 
rechtliche Vertrag einer Durchführung durch ein formelles Gesetz 
oder durch eine Verordnung bedarf. Erst und nur dann, wenn diese 
Überprüfung zum Ergebnis führt, dass eine an die Regierung ge- 
richtete ,Vollmacht' zur Vertragserfüllung im Sinne der Praxis des 
Staatsgerichtshofes in StGH 1972/1 und in StGH 1978/8 besteht, ist — 
in diesem Einzelfall — von einem vólkervertragsrechtlichen Verord- 
nungsrecht auszugehen. Kommt die Überprüfung zu einem anderen 
Schluss, ist nach Art. 2 LV zu verfahren und festzustellen, ob und in 
welchem Ausmass der Landtag dazu aufgerufen ist, den in Frage 
stehenden vólkerrechtlichen Vertrag durch den Erlass eines formel- 
len Gesetzes durchzuführen. Das Gewaltenteilungsprinzip darf nicht 
durchbrochen werden; dieser Grundsatz bildet die Referenzgrósse, an 
der sich die Zustándigkeit zur Durchführung eines vólkerrechtlichen 
Vertrages durch den Erlass eines formellen Gesetzes oder durch eine 
oder mehrere Verordnungen entscheidet. 
Vor diesem Hintergrund ist StGH 1985/1 vor allem deshalb 
von Interesse, weil dieses Erkenntnis den Bestand eines vólkerver- 
tragsrechtlichen Verordnungsrechts nach StGH 1972/1 ein weiteres 
Mal und unter einem weiteren Gesichtspunkt anerkannt und legiti- 
miert hat. Für eine Bestimmung des Inhalts dieses Rechtsinstituts ist 
StGH 1985/1 sehr viel weniger massgebend. Trotzdem steht — was 
entscheidend ist — aufgrund von StGH 1985/1 ,in sinngemásser An- 
wendung von Art. 92 der Verfassung" 19^? fest, dass es sich dann, 
wenn die Regelung eines bestimmten Sachbereiches nach dem Willen 
der LV nicht einem formellen Gesetz, sondern dem Staatsvertrags- 
oder dem Gegenrecht vorbehalten ist, bei diesen Rechtsquellen ohne 
1342 Art. 31 Abs. 3 LV. Anders StGH 2000/33, n. publ., Pkt. 3.2 der Entscheidungsgründe, S. 28 
des Entscheidungstextes, wonach das EWRA ,das in Art 28 Abs 2 LV erwáhnte Gegenrecht 
(bildet)" (Kursivstellung durch den Verfasser). 
1343 StGH 1985/1, LES 4/1986 S. 111. 
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