11. KAPITEL: RECHTSKRAFT DES VÖLKERVER-
TRAGS- IM LANDESRECHT
Ausgangslage
Teil IV ist auf das Verhältnis zwischen dem Völkervertrags- und dem
Landesrecht in einem technischen Sinne eingegangen: Nach dem auf
dem Monismus beruhenden System der automatischen Adoption gilt
das Völkervertragsrecht nach dem Abschluss des Verfahrens zu sei-
ner Inkraftsetzung, d.h. mit dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens, im
Landesrecht ohne weiteres (ipso iure) so, wie es abgeschlossen wor-
den ist, und zwar als solches, d.h. als Vôlkervertragsrecht. Das Vôlker-
vertrags- bewahrt im Landesrecht seine Rechtsnatur und bedarf zu
seiner Ein- und Durchführung keiner Transformation oder eines
Vollzugsbefehls.
Dieses Kapitel befasst sich mit der Rechtskraft, d.h. mit der
Qualität der ,rechtsverbindende(n) Kraft“1039 des Välkervertrags- im
Landesrecht. Um sein Ergebnis vorwegzunehmen: So wie es ein ,re-
guláres' und ein jirreguláres' Verfahren zur Inkraftsetzung des Vôl-
kervertrags- im Landesrecht gibt!040, so ist es zu unterschiedlichen
,Rechtskrafttypen' des Vólkervertrags- im Landesrecht gekommen;
wáhrend sich die Regel aus dem KmG ergibt, ergeben sich die Aus-
nahmen aus der Praxis des Staatsgerichtshofes in StGH 1985/1 und in
StGH 1993/4.
In diesen beiden Fällen (Erkenntnissen) sind Rechtsvorschrif-
ten des Wirtschaftsvertragsrechts in einen anderen Geltungs- und An-
wendungszustand versetzt worden als sie ihn aufgrund des KmG be-
sitzen. Dieser Zustand wird in diesem Kapitel als ,Rechtskrafttypus'
oder als ,Wirksamkeitsform' bezeichnet. Seine Referenzgrósse ist die
Rechtskraft nach Massgabe des KmG.
Die Wirksamkeitsformen, auf die in diesem Kapitel eingegan-
gen wird, stehen an der Schwelle zu einem erheblichen Prominenzge-
winn. Unter der Verfassung vom 16. Márz 2003 kann es ohne weiteres
1039 StGH 1978/8, LES 1981 S. 6.
1040 Siehe hierzu das 7. Kapitel Pkt. 2.1 (reguláres' Verfahren) einerseits und das 8. Kapitel Pkt. 3
(irreguláres' Verfahren) andererseits.
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