3.3.2
3.3.2.1
Diese Revision hatte eine Reflexion über das (Selbst-)Verstánd-
nis eines der beiden Partner dieser Beziehung, wie sie sowohl vom
Staatsgerichtshof (in StGH 1981/18) als auch vom Verfassungs- und
Gesetzgeber (im Zuge der beiden Reformen des Kundmachungs-
rechts) angestellt worden ist835, zwar zur Voraussetzung. Zu einer
Revolution ist es jedoch nicht gekommen: Die Entscheidung zunáchst
des Staatsgerichtshofes und spáter auch des Verfassungs- und des
Gesetzgebers, die Rechtskraft der in Liechtenstein aufgrund der
Wirtschaftsvertráge geltenden Schweizerischen Rechtsvorschriften
von ihrer Kundmachung im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt abhängig
zu machen, ist kein spaltender, sondern ein einender Akt gewesen, der
die ,gemeinsame Verantwortung 936 für den Bestand des Wirt-
schaftsvertragsrechts nicht nur jenseits, sondern auch diesseits des
Rheins zum Inhalt hatte — unabhängig davon, dass ein unterschiedli-
cher Zeitpunkt für das Inkrafttreten des Wirtschaftsvertragsrechts
auf dem Staatsgebiet der beiden Vertragsparteien nach wie vor nicht
vermieden werden kann. Ofme Rechtsklarheit kann es im gemeinsa-
men Rechts- und Wirtschaftsraum keine Rechtssicherheit und damit
auch keinen Rechtsschutz geben. Von einer diesem Ziel dienenden
Neuordnung der Anwendbarkeitsverfahren abzusehen, konnte den
Interessen keiner der beiden Vertragsparteien entsprechen.
Alein, die Einsicht in die Notwendigkeit einer Neuordnung der
Anwendbarkeitsverfahren entbindet nicht davon, die Entwicklung unter
den Wirtschaftsverträgen seit dem 1. September 1996 sowohl recht-
lich als auch politisch zu bewerten. Dabei stehen die Funktionen der
an der Einführung des Wirtschaftsvertragsrechts beteiligten Organe,
d.h. der Regierung, des Landtages und des Schweizerischen Bundes-
rates, im Vordergrund.
Bewertung der Funktion der Verfahrensbeteiligten
Regierung
Im Rahmen einer solchen Bewertung fällt vor allem auf, dass mit der
auf den 1. September 1996 hin in Kraft getretenen Neuordnung der
Anwendbarkeitsverfahren eine Machtverschiebung zu Gunsten der Re-
gierung einhergegangen ist. So besitzt die Regierung heute die Mög-
lichkeit, über den Radius des Wirtschaftsvertragsrechts in einem er-
635 Siehe hierzu das 24. Kapitel sowie Becker (Nachtrag) S. 72f.
636 Becker (2. Teil) S. 88.
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