Volltext: Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht nach Massgabe der Praxis des Staatsgerichtshofes des Fürstentums Liechtenstein

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zwischen dem Völkervertrags- und dem Landesrecht freizulegen 
und den Vollzugsorganen zugänglich zu machen, hat der Staatsge- 
richtshof bis heute versäumt. Dies nachzuholen entspricht einer 
Schuldigkeit, der so bald wie möglich nachzukommen ist. 
Bis es soweit ist, kann ohne weiteres von einer Zusserst völker- 
rechtsfreundlichen Haltung der liechtensteinischen Verfassungsord- 
nung als einem Grundprinzip ausgegangen werden, das sich mit an- 
deren Verfassungsgrundsátzen ,als Ganzes und harmonisierend “441 
verbindet. Liechtenstein gehört zu jenen Staaten, die der Ein- und 
Durchführung des Völkervertrags- im Landesrecht ein Mindestmass 
an Hindernissen entgegenstellen — und zwar nicht nur in einem allge- 
meinen, sondern auch in einem besonderen Sinne: Bestimmungen 
wie Art. 8 Abs. 2 LV (der den Inhabern der Auswártigen Gewalt eine 
umfassende Verhandlungsvollmacht erteilt^*?) oder Art. 28 Abs. 2 
LV und Art. 31 Abs. 3 LV (die eine Regelung der Rechte der Auslán- 
der den von Liechtenstein abgeschlossenen vólkerrechtlichen Vertrà- 
gen bzw. dem Gegenrecht vorbehalten) unterstützen ein Verstándnis, 
unter dem Liechtenstein als ein Vólkerrechtssubjekt in Erscheinung 
tritt, das sein Landes- dem Vólkervertragsrecht in einer sehr weit ge- 
henden Art und Weise öffnet. 
Wird der Verfassungsgrundsatz der „Einheit der Rechtsord- 
nung"^? in diese Bilanz aufgenommen, ergibt sich ein Bild, in dem 
sich das Vólkervertrags- und das Landesrecht als zwei gleichberech- 
tigte Grundelemente der liechtensteinischen Verfassungsordnung 
nicht nur in einem abstrakten, sondern auch in einem konkreten Sin- 
ne gegenüberstehen. Das Vólkervertrags- bildet ebenso wie das Lan- 
desrecht einen Bestandteil des objektiven Rechts und damit nichts an- 
deres als eine Massgabe für staatliches Handeln an sich. Zwischen der 
Geltung und Anwendbarkeit der beiden Rechtsordnungen besteht — 
grundsátzlich — kein Unterschied^^^; es entspricht dem Ansatz der 
liechtensteinischen Verfassungsordnung, sie ineinander aufgehen zu 
lassen. 
Ist dem aber so, ist es z.B. geboten, in den Art. 2 oder 7 Abs. 1 
LV unter dem Begriff der ‚Verfassung‘ ebenso wie in Art. 78 Abs. 1 
LV oder in Art. 92 Abs. 1 und 2 LV i.d.F.d. Verfassung vom 5. Okto- 
StGH 1986/10, LES 4/1987 S. 152. Siehe zu allem StGH 1982/39, LES 4/1983 S. 118, 
wonach ,die verschiedenen Bestimmungen der Verfassung ... so zu deuten (sind), dass sie 
móglichst miteinander zu harmonisieren sind". 
Siehe hierzu das 7. Kapitel Pkt. 2.1 sowie das 9. Kapitel Pkt. 4.1. 
StGH 1979/3, LES 1981 S. 110. 
Siehe hierzu das 11. Kapitel Pkt. 2. 
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