legte Einweisung des Staatsgerichtshofs in die Rolle eines «Hüters der Grundrechte»60Auswirkungen auf das Selbstverständnis des Staatsge - richts hofs und zugleich Implikationen für die Auslegung und Hand ha - bung des Verfassungsprozessrechts zeitigt, liegt auf der
Hand. III.Zum «Eigengeartetsein» der Verfassungsrecht - sprechung und des Verfassungsprozessrechts Dieses Selbstverständnis der jeweiligen Verfassungsgerichte von ihrer Rolle und Funktion als «Hüter der Verfassung»61ist durchaus von mit- prägender Bedeutung für die Frage, mit welcher Intensität die Ver fas - sungs gerichtsbarkeit vom Vorrang der Verfassung und speziell der Grund rechte her organisiert und mit Leben erfüllt wird.62Art und Weise des Rollenverständnisses haben wiederum kompetenzkonkretisierende – gelegentlich gar: kompetenzbegründende – Implikationen für die Ausle - gung des Verfassungsprozessrechts. Derartige Auswirkungen lassen sich mehr als erahnen, wenn der Staatsgerichtshof die Substanz der Verfas - sung auch in Form positiver Vorgaben für den Gesetzgeber zur Geltung bringt63und ganz allgemein für sich eine «verfassungsrechtliche Leit - funk tion» reklamiert.64 Auf diesem Problemhintergrund erscheint es deshalb angebracht, die «Eigengeartetheit» der Verfassungsrechtsprechung und des Verfas - sungs prozess rechts explizit zu thematisieren, bevor das Recht des Ver - fassungsbeschwerdeverfahrens in seinen Einzelheiten65analysiert wird. 30Verfassungsrechtsprechung
und Verfassungsprozessrecht 60Dazu siehe Wolfram Höfling, Die liechtensteinische Grundrechtsordnung, S. 32 ff. 61Zu dieser Selbstcharakterisierung des Staatsgerichtshofs siehe StGH 1982/65/V – Urteil vom 15. September 1983, LES 1984, 3 ff. (3); für die Schweiz s. etwa Andreas Auer, Die schweizerische Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 39 f. 62Vgl. hierzu aus neuerer Zeit Ernst-Wolfgang Böckenförde, Verfassungsgerichts - barkeit: Strukturfragen, Organisation, Legitimation, NJW 1999, 9 (14). 63Dazu Herbert Wille, Normenkontrolle, S. 65 unter Bezugnahme auf eine Formu lie - rung von Alexander von Brünneck, die Folgewirkungen seiner Rechtsprechung mit re flektiert; siehe etwa StGH 1994/19 – Urteil vom 11. Dezember 1995, LES 1997, 73 (76). 64So ausdrücklich in StGH 1997/40 – Urteil vom 2. April 1998, LES 1999, 87 (89) un- ter Bezugnahme auf StGH 1995/20, LES 1997, 30 (38). 65Dazu unten der Hauptteil B, S. 38 ff.