Volltext: Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof

(1)Systeme, in denen der Schutz der Grundrechte umfassend, das heisst gegenüber jedem Akt der Ausübung von Staatsgewalt durch ein spezifisches Kontrollinstrument gewährleistet werden soll, (2)und Systeme, in denen relevante Einschränkungen dieses Grund - rechts schutzes normativ vorgegeben sind. Zur ersten Gruppe zählt danach das deutsche Bundesverfassungs ge richt. Der umfassenden Bindung aller Staatsgewalten an die Grund rechte als unmittelbar geltendes Recht (Art. 1 III GG) entspricht die umfassende Deutung des Beschwerdegegenstandes der Verfassungs be schwerde.48 Der zweiten Gruppe gehören der österreichische Verfassungs ge - richtshof und das schweizerische Bundesgericht an. In der Schweiz be- grenzt Art. 191 der neuen Bundesverfassung die bundesgesetzliche Zuständigkeit auf kantonale Akte. Bei der Beurteilung von Beschwerden betreffend die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 189 I lit a BV) sind «Bundesgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht mass- gebend». Die Bundesverfassung verbietet somit dem Bundesgericht, bei der Behandlung von Verfassungsbeschwerden Bundesgesetzen die Anwendung mit dem Argument zu versagen, sie seien verfassungswid- rig.49Somit schliesst Art. 191 BV «die Verfassungsgerichtsbarkeit ge- genüber Erlassen des Bundes aus».50Allerdings hat das Bundesgericht seine frühere Auffassung, Art. 191 BV enthalte auch ein verfassungsge- richtliches Prüfungsverbot, aufgegeben. Heute anerkennt das Bundes ge - richt in Übereinstimmung auch mit der neueren Lehre51ausdrücklich, ihm sei durch die Verfassungsvorschrift nicht verwehrt, «eine Norm dar- aufhin zu überprüfen, ob sie der Verfassung ...widerspricht, wie es auch den Gesetzgeber einladen» könne, ein verfassungswidriges Bundes ge - setz zu ändern.52 28Das 
Institut der Verfassungsbeschwerde im deutschsprachigen Raum 48Siehe hierzu nur Theodor Maunz/Bruno Schmidt-Bleibtreu/Franz Klein/Gerhard Ulsamer, Bundesverfassungsgerichtsgesetzkommentar, § 90 BVerfGG, Rn. 104; sie- he auch noch unten, S. 126. 49Zur diesbezüglichen Reformdiskussion siehe schon Werner Schreiber, Die Reform der Verfassungsgerichtsbarkeit in Österreich, 1976, S. 83 ff. 50So Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. 1994, S. 9, zur Rechtslage nach der Parallelvorschrift des Art. 113 III BV a.F. 51Siehe beispielsweise Andreas Auer, Die schweizerische Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 71. 52Siehe beispielsweise BGE 117 I b 373 E f.; ferner 118 I a 353 E zur vergleichbaren Rechtslage nach Art. 113 III BV a. F.
	        

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