Volltext: Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof

b)Das «liechtensteinische Modell» der Verfassungsgerichtsbarkeit: umfassender Grundrechtsschutz als Kernstück Besondere Hervorhebung verdient in einer Grobskizze der dogmenge- schichtlichen Entwicklung wie der vorstehenden das «liechtensteinische Modell»34mit seinem Kernstück eines umfassenden Individualrechts - schutzes. Die liechtensteinische Verfassung von 1921 hat praktisch alle damals vorhandenen Hauptströme und Zentralkompetenzen von Verfassungsgerichtsbarkeit übernommen: aus dem deutschen Konstitu - tio nalis mus die oberste Erledigung von Organstreitigkeiten, die in den USA entwickelte und von Österreich ausgeweitete Normenkontrolle am Massstab der Verfassung und die in der Schweiz entfaltete Individual - grund rechtsbeschwerde.35Als wesentliche liechtensteinische Weiterent - wick lung muss in diesem Zusammenhang das Institut der Individual be - schwerde gegen alle höchstinstanzlichen Entscheide angesehen werden, da es – der Sache nach – dann erst wesentlich später Eingang ins deut- sche Grundgesetz und noch einmal drei Jahrzehnte später in die neue spanische Verfassung gefunden hat.36Und in der Tat: Die durch Art. 104 Abs. 1 LV eröffnete Möglichkeit, auch letztinstanzliche Gerichtsent - schei dungen im Wege der Verfassungsbeschwerde der Kontrolle durch den Staatsgerichtshof zu unterziehen, erwies sich als eminent bedeutsa- me und zugleich wegweisende Neukonzeption.37Die besondere Be - tonung und Stärkung des individuellen Rechtsschutzes ist wesentlich das Verdienst von 
Wilhelm Beck,der in seinem Verfassungsentwurf deutlich gemacht hatte, dass der «Geist des Rechtsstaates» die Respektierung des Einzelnen als eines Rechtssubjekts mit subjektiven Rechten gegenüber dem Staat erforderte. Deshalb bedürfe der Einzelne auch des individuel- len Rechtsschutzes in Form der «staatsrechtlichen Beschwerde». Diese 24Das 
Institut der Verfassungsbeschwerde im deutschsprachigen Raum 34Formulierung bei Gerard Batliner, Die liechtensteinische Rechtsordnung und die Europäische Menschenrechtskonvention, in: Peter Geiger/Arno Waschkuhn (Hrsg.), Liechtenstein: Kleinstaat und Interdependenz, LPS 14, 1990, S. 91 (113). 35Siehe dazu Gerard Batliner, Schichten der liechtensteinischen Verfassung von 1921, in: Arno Waschkuhn (Hrsg.), Kleinstaat: Grundsätzliche und aktuelle Probleme, LPS 16, 1993, S. 281 (297) unter Bezugnahme auf eine Typologie von Ernst Frie - senhahn, Wesen und Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit, ZSR NF 73 (1954), 130 ff. 36Darauf verweist zu Recht Gerard Batliner, Schichten der liechtensteinischen Verfassung, aaO, S. 297; ders., Die liechtensteinische Rechtsordnung und die Euro - päische Menschenrechtskonvention, aaO, S. 113. 37Dazu noch unten, S. 129 ff.
	        

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